Was darf Benko?
Wie Bozen zu seiner künftigen Regierung kommt, ist weiterhin offen – zumindest vor einem weiteren Treffen der Ökosozialen Fraktion mit ihren bisherigen Koalitionspartnern heute Mittag. Genau definiert wurde in den vergangenen Tagen zumindest das weitere Vorgehen mit dem Plan für eine städtebauliche Umstrukturierung (PSU) des Busbahnhofareals, kurz Benko-Projekt. Innerhalb 25. Juni muss Bürgermeister Luigi Spagnolli die programmatische Vereinbarung, die zwischen der Signa Holding und der Dienststellenkonferenz ausgearbeitet wurde, unterschreiben. Und, wie der umstrittenen Art. 55 quinquies des Raumordnungsgesetzes vorschreibt: Davor muss das Projekt noch einmal in einer öffentlichen Bürgerversammlung vorgestellt werden. Die wurde nun von der Gemeinde für kommenden Montag, den 22. Juni, um 18 Uhr im Auditorium der Eurac einberufen. Ein Monat nach der Unterschrift des Bürgermeisters kommt das Projekt dann schließlich in den Gemeinderat – also sofern Spagnolli das Ende seiner Frist abwartet, am 25. Juli.
Vorerst sollen aber am kommenden Montag die technischen Inhalte der programmatischen Vereinbarung und ihrer Anlagen vorgestellt werden und zu eventuellen inhaltlichen Fragen Stellung bezogen werden, wie es in der offiziellen Einladung der Gemeinde Bozen heißt. Allerdings müssen Interessierte nicht bis Montag warten, um sich in das umstrittene Projekt zu vertiefen. Auf ihrer Homepage stellt die Gemeinde sowohl die Vereinbarung als auch sämtliche Anlagen zur Verfügung.
Mogelei bei den Kriterien?
Vertiefen werden sich darin wohl noch einige Bozner Gemeinderäte müssen. Denn trotz der Weigerung vorab ein Veto des Projekts im Gemeinderat zuzusichern, scheint es zumindest innerhalb der Volkspartei noch einige Zweifel zu geben, dass in der Vereinbarung „bei den Kriterien gemogelt worden sei“, wie der bisherige Vize-Bürgermeister Klaus Ladinser im RAI Morgentelefon von entsprechenden Zweifeln im gestrigen Koordinierungsausschuss sprach. Konkret ging es dabei um die Gesamtheit der Kubatur, die von der Gemeinde zur Verfügung gestellt würde, die Verkaufsfläche sowie die Baudichte bzw. -höhe.
Zumindest Ladinser müsste aber eigentlich längst wissen, ob die vom SVP-Koordinierungsausschuss und später vom Stadtrat festgelegten Grenzwerte tatsächlich eingehalten wurden. Wie Gemeinderat Luis Walcher gegenüber salto.bz erklärt, sei damit bisher nur der Stadtrat befasst gewesen. „Wir müssen nun noch einmal überprüfen, inwiefern die Eckdaten, die wir als Bedingung vorgegeben haben, auch tatsächlich eingehalten wurden“, sagt der Bauernvertreter. Sofern dies der Fall ist, sieht die Nummer Zwei in der Bozner SVP wenig Rechtfertigung, nach den Verhandlungen der vergangenen zwei Jahre nun noch mit Nein zu stimmen
Mehr als ein Ja oder Nein bleibt den Gemeinderäten im Juli auch nicht mehr – selbst wenn sie, wie beispielsweise Walcher einräumt, noch Bauchweh mit dem vereinbarten Preis von 99 Millionen Euro haben sollten. Denn nun wird nicht mehr verhandelt, sondern nur mehr ratifiziert. Zumindest sofern sich die Parteispitzen innerhalb 25. Juni hinsichtlich Mehrheit auf ein Ja oder Nein einigen können.
Man muss nicht gegen
Man muss nicht gegen Einkaufszentren per se sein, um zu fordern, dass die Signa zumindest einen Teil der Kosten von 30 Mio Euro für den Zugangstunnel in die Tiefgarage des Einkaufszentrums und die Versetzung des Busbahnhofs in die Peripherie selbst übernimmt. Laut der Vereinbarung zahlt alles die Gemeinde. Das kann man nun nicht mehr verhandeln.
Man könnte außerdem verlangen, dass man einen Kostenschätzung einholt über alle Renovierungs- Reparations und Umbau- und Erhaltungskosten, die die Gemeinde für diese Strukturen in den nächsten Jahrzehnten jährlich selbst bezahlen muss.
Wie soll ein Gemeinderat nun wissen, dass von den 99 Mio Übergabepreis, von denen 30 Mio sofort für Tunnel u. co. zurückgezahlt werden, nach 20 Jahren nicht eine dicke 0 übrig bleibt?
All das wurde nicht verhandelt. Schlimmer noch, alles, was im Vertrag offen geblieben ist, kann später zum Nachteil der Gemeinde neu verhandelt werden. Und sobald dort die riesige Baugrube erst einmal ausgehoben ist, wird es noch einfacher für Benko/Hager und die Signa, die Gemeinde an der kurzen Leine zu halten.
Selbst wer die Idee des Einkaufszentrums befürwortet, kann unmöglich dafür sein, sich auf diese Weise erpressen zu lassen. Liebe Gemeinderäte, ihr habt eine politischen Auftrag - wenn ihr diesen Vertrag ratifiziert, zerstört ihr eure politische Handlungsbasis. Nichts steht im Weg, die Aufwertung der Zone des Busbahnhofes mit oder ohne Einkaufszentrum in einem neuen Verfahren im Sinne des öffentlichen Interesses neu zu verhandeln - mit eurem Mitspracherecht. Die Ablehnung der Ratifizierung dieser Vereinbarung, ganz ohne Schadensersatzpflichten, ist eure letzte Chance dazu.
Antwort auf Man muss nicht gegen von Michael Schlauch
Apropos riesige Baugrube: was
Apropos riesige Baugrube: was wenn dort archeologisch wertvolle Artefakte gefunden werden? Ein Friedhof dort ist mir bekannt, aber auch sonstige mittelalterliche Funde sind wohl möglich, wenn die Grube so tief werden soll.