Politik | Rassismus

„Oschlogn und vergasen“

In Sachen Ausländerhass sind in Südtirol alle Grenzen gefallen. Das zeigt ein Blick ins Internet. Menschenverachtende Hasspostings gehören längst zum Alltag.

Es sind bekannte Namen und Gesichter, die das Thema in den vergangenen Wochen in die Öffentlichkeit gebracht haben: ARD-Kommentatorin Anja Reschke, Filmschönling Til Schweiger oder der ORF-Anchorman Armin Wolf. Alle drei haben mit drastischen Worten auf den Fremdenhass, die Ausländerfeindlichkeit und die Hasspostings in den sozialen Netzwerken hingewiesen. Ihre Botschaft: Es sei an der Zeit gegen diese Online-Hetze etwas zu tun.
Und in Südtirol. Dort herrscht offiziell natürlich immer noch heile Welt. Dabei würde ein Blick in die sozialen Foren und ins Internet genügen, um zu merken, wie scheinheilig das Ganze in Wirklichkeit ist. Längst hat die Online-Hetze auch bei uns alle Grenzen der Vernunft, des Verstandes und auch des Rechtsstaates gesprengt. Nur schaut man hier einfach weg.

Armins Blog

Der Mühlbacher Jugendarbeiter und Künstler Armin Mutschlechner hat in den letzten Monaten vor allem auf Facebook Beispiele gesammelt und sie jetzt in seinem Blog veröffentlicht. Das Ergebnis ist erschreckend.


Armin Mutschlechner: "So als wäre man dort in einem rechtsfreien Raum".

Das zeigt eine Auswahl von Sätzen, Diskussionen und Statements, die in Inhalt und Terminologie an die schlimmsten Zeiten des nationalsozialistischen Rassenwahns erinnern. Nur, dass die Damen und Herren nicht SS- oder SD-Uniformen tragen, sondern sich meistens mit Kind auf dem Arm auf Facebook ablichten lassen.
Rassismus in Südtiroler Alltagskleid.
Man hat die Grenzen schon längst überschritten“, sagt Armin Mutschlechner, „zudem finden die Leute nichts daran, diese menschenverachtenden Sätze unter ihrem Namen ins Internet zu stellen. So als wäre man dort in einem rechtsfreien Raum“.

„De fokn kearatn zi vogasn“

Einer der übelsten Sammelplätze der Südtiroler Rassisten ist die geschlossene Facebook-Gruppe „Iats reichts“. Unter dem Banner „Einbrüche, Diebstähle, Straftaten“ liest man im Kleingedruckten: „Diese Gruppe soll niemanden zu Gewalt, Hetze oder gar zur Selbstjustiz bewegen“.
Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Das zeigen einige ausgewählte Postings aus dieser Facebook-Gruppe.

scheiß auslendr ..drschlogn und oi untran wossr kearat des gsindl
Thomas Tappeiner ‪
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7. August 2015

scheis niger olle vogasn voprennen und weckschmeisn
Elmar Nock‪ 
Gefällt mir · 3‬
7. August 2015‬

De neger ollleee verbrennnen des hurenvolk  
Andreas Pfitscher 
1. August 2015

Gutmenschen" sind jene, die eine gutbezahlte Arbeitsstelle haben die mit der Not anderer Geschäfte machen
Christian Waschgler‪ ‪
31. Juli 2015

Unschiern olle Grattn
Magdalena Holzhammer 
18. Juli 2015 

Oschlogn in an Karton eini
und in mittlmehr vorsenkn
Otto Pernstich
31. Mai 2015

De fokn kearatn zi vogasn!!
Verena Kostner
16. März 2015

Zug nach Auschwitz

Ins Visier der selbsternannten Rassenwächter gerät jeder, der anders ist. So etwa auch die ehemalige italienische Ministerin für Integration Cécile Kyenge.

Aber auch jede Zeitungsmeldung ist ein willkommener Anlass, um die ungestüme Hetze loszulassen.

 

Auf in den Kampf

Der Großteil der Hasspostings kommt von jungen Südtirolern, denen man diese gefährlichen Einstellungen kaum anmerken würde: von Familienvätern, Müttern oder braven Töchtern und Söhnen. Der eine ist zufällig Freiwild-Fan, dem anderen gefällt Techno.
Daneben gibt es aber auch die fanatischen, ideologischen Rassisten. Ein Exerzierplatz dieser Ewiggestrigen ist die Plattform „Etschlichter - Widerstandsbewegung in Südtirol“.
Dort wird der Rassenwahn durch abstruse Theorien untermauert.

Zwar sind die Sizilianer, Sarden, Römer, Venetianer, Lombarden und Kalabresen nach wie vor weder ein einiges Volk, noch echte Tiroler, doch zumindest europäischer Herkunft. Und, im Gegensatz zu den Albanern, Negern und Pakistaner, weniger kriminell. 

etschlichter
8. August 2015

Längst gibt es aber auch junge Menschen, die sich zum Kampf gegen die Anderen und zur Verteidigung des eigenen Volkes rüsten. Zumindest verbal:

Aber auch auf den Facebookseiten renommierter Medien kann man sich anscheinend offen die Rückkehr Adolf Hitlers wünschen:

Mir brauchn wieder an "führer" in den von (kriminellen) ausländer bsetztn lond!!!

Franz Gufler
21. September 2014
Facebook stol.it

Die rechtliche Lage

In Deutschland oder Österreich werden solche Hasspostings inzwischen strafrechtlich verfolgt. So berichtet spiegel- online von einem 34jährigen Berliner, der auf Facebook mehrfach zu Hass und Gewalt gegen ethnische Minderheiten aufgerufen hat. Etwa mit dem Satz: „Ich bin dafür, dass wir die Gaskammern wieder öffnen und die ganze Brut da reinstecken.“. Das Amtsgericht Berlin hat ihn dafür zu einer Strafzahlung von 4800 Euro oder 120 Tage Haft verurteilt.
Auch in Österreich ist die Hetze über Facebook längst ins Visier der Ermittler gerückt. So werden Verfasser von solchen Hasspostings inzwischen von vielen öffentlichen Stellen aber auch privaten Unternehmen umgehend entlassen. Diese Nulltoleranz-Politik wird allgemein begrüßt.

Nur in Südtirol schaut man anscheinend weg. Trotz eindeutiger und klarer gesetzlicher Bestimmungen (Legge Mancino) kann man in diesem Land alles sagen und schreiben, was man will.
Vielleicht sollte man vor diesem Hintergrund das Tiroler Patriotenlied doch umbenennen. Der Vorschlag: „Dem Land Tirol die Säue“.