Politik | Landwirtschaft

Scheiß Einladung

Die Imagekampagne des Südtiroler Bauernbundes in Sachen Gülle wird immer bizarrer. Für die Pustertaler Jahresversammlung hat man jetzt eine besondere Einladung entworfen.

Die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Und ein bisschen Provokation kann nicht schaden. Das dürfte man sich beim Südtiroler Bauernbund gedacht haben.
Am Nachmittag des Samstag 5. Dezember geht im Michael Pacher Haus in Bruneck die Jahreshauptversammlung des Bauernbund Bezirk Pustertal über die Bühne.
Unter dem Motto „Land – Wirtschaft ist unser Leben“ wird Bezirksobmann Anton Tschurtschenthaler seinen Tätigkeitsbericht vorstellen. Der Titel: „Die Leistungen unserer Bauern können sich sehen lassen“. Der Pusterer Bezirksleiter Walter Hintner wird dann darüber sinnieren, wie man die Landwirtschaft mit den neuen Freizeitsportarten in Einklang bringen kann. Das Hauptreferat hält an diesem Nachmittag der Vizedirektor des Schweizer Bauernverbandes, Urs Schneider. Der Titel: „Land-Wirtschaften – Wie sag’ ich‘s der Öffentlichkeit?
Dazwischen wird Landesrat Arnold Schuler die Erbhofurkunden verteilen, das „Sigmayr’s Kaiserquartett“ aus Olang aufspielen und am Ende kredenzen die Bezirksbäuerinnen ein Buffet.
Von besonderer Güte aber ist die offizielle Einladung zur Pusterer SBB-Jahreshauptversammlung. Auf dem Titelblatt ist das wohl kaum alltägliche Foto eines Bauern zu sehen. Über und über mit Gülle besudelt, in der Hand einen Schlauch, aus dem der Gülleschwall spritzt, stechen vor allem die weißen Zähne des lachenden Landwirts heraus. Der Mann ist glücklich, das merkt man ihm an. Und das dürfte auch die Botschaft sein: Gülle macht glücklich

Gülle macht glücklich

Dass man die Einladung mit diesem - im wahrsten Sinne des Wortes - Scheiß-Foto bestückt, dürfte alles andere als Zufall sein. Denn die Provokation hat einen handfesten Hintergrund.


Einladung für Pusterer SBB-Versammlung: Bewusste Provokation

Seit Jahren machen nicht nur Umweltschützer gegen die immer intensiver werdende Gülleausbringung in der Südtiroler Landwirtschaft mobil. Vor allem in den Natura-2000-Gebieten wird die Überdüngungsproblematik unter Fachleuten seit Jahren kontrovers diskutiert. Die Vereinigung Südtiroler Biologen hat in mehreren Aussendungen und Dossiers auf die Gefahren der Gülle auf den Almen hingewiesen.
Im Mai 2014 beschloss die Landesregierung, dass rund 80 Betriebe in den Südtiroler Natura-2000-Gebieten innerhalb von 18 Monaten mit Hilfe des Beratungsrings für Berglandwirtschaft (Bring) Düngungspläne erstellen müssen. Damit soll vermieden werden, dass die Vielfalt der heimischen Bergwiesen durch eine unangemessene Güllewirtschaft verarmt.
In der vom Land eingesetzten Arbeitsgruppe kam es zu mehreren harten Konfrontationen. Das Ergebnis waren am Ende aber nicht Düngungspläne, sondern genau das Gegenteil. Der Bauernbund und Bring starten im Herbst 2015 eine Kampagne, die zeigen soll, dass Gülle gesund, ungefährlich und cool ist.
Ende Oktober lud der Bauernbund zum Lokalaugenschein auf den Haughof in Vöran. Mit dabei war SBB-Obmann Leo Tiefenthaler, der prominent die Gülle-Kampagne anführt.
Der glückliche Gülle verspritzende Bauer auf der Einladung ist jetzt der nächste Streich. Es ist ein bewusste Provokation. Deutlicher kann man wohl kaum demonstrieren, was man von den Bedenken der Kritiker und der Südtiroler Biologen hält.
Dabei ist das Ganze durchaus noch ausbaufähig. So könnten die einfallsreichen Bauernbund-Vertreter das nächste Mal mit dem lachenden Güllespritzer auf der Einladung auch gleich eine Geruchsprobe mitliefern.
Dann schmeckt das Buffet noch besser.