Politik | Volkstumspolitik

Wiener Doppelschaas*

Am Freitag wollte die Südtiroler patriotische Szene mit einer Aktion und einer Pressekonferenz in Wien aufhorchen lassen. Doch niemand interessiert sich dafür.

Seit Jahren ist es eines der vordringlichsten, politischen Anliegen der Süd Tiroler Freiheit, der Freiheitlichen und auch des Südtiroler Schützenbundes: die doppelte Staatsbürgerschaft.
In Österreich lockt das Thema mit Ausnahme der FPÖ und ihres Südtirol-Sprechers Werner Neubauer kaum jemanden hinter dem Ofen hervor. Ganz im Gegenteil. Obwohl man sich diplomatisch zurückhält, herrscht über die Parteien hinweg ein politischer Konsens. Die doppelte Staatsbürgerschaft für Südtiroler ist weder machbar noch erstrebenswert.
Ausgerechnet Andreas Khol, ÖVP-Kandidat für die anstehende Wahl der Bundespräsidenten mit Südtiroler Wurzeln, der sonst patriotischen Tönen kaum abgeneigt ist, hat vorvergangene Woche den Mandern aus Südtirol eine herbe Absage erteilt. „Nicht sinnvoll, gefährlich und undurchsetzbar“, kommentierte Khol die doppelte Staatsbürgerschaft für die Südtiroler.

Historischer Tag

Die Südtiroler patriotische Szene reagiert entrüstet auf die Aussagen Khols. Gleichzeitig will man aber auf die Worte auch Taten folgen lassen. Am vergangenen Freitag fahren deshalb die vier Landtagsabgeordneten Myriam Atz Tammerle, Sven Knoll, Bernhard Zimmerhofer (Süd Tiroler Freiheit) und Pius Leitner (Freiheitliche) nach Wien, um dort offiziell um die östereichische Staatsbürgerschaft anzusuchen. Flankiert vom Pressesprecher der Süd Tiroler Freiheit Christian Kollmann und vom ehemaligen Landeskommandanten des Südtiroler Schützenbundes Paul Bacher, reicht das Sextett bei der Magistratsabteilung 35 in Wien einen Antrag auf die Erteilung der österreichischen Staatsbürgerschaft ein. Die Aktion sollte publikumswirksam verkauft werden. Zusammen mit FPÖ-Südtirol-Sprecher Werner Neubauer lädt man in Wien am Freitag auch zu einer Pressekonferenz.
"Wir werden das politische Ziel, den Südtirolern die österreichische Staatsbürgerschaft im Parlament zu ermöglichen, nicht aus dem Auge verlieren. Wir haben aber mit dem heutigen Schritt eine zweite Ebene, die Verwaltungsebene, ebenfalls aufgetan. Das ist ein historischer Tag. Nun wird man sehen, wie die österreichische Position zu dieser Frage tatsächlich ist, nachdem man über 400 Anträge vorher nicht behandelt hatte", erklärt Neubauer auf der Pressekonferenz.

Südtiroler Landtagsabgeordnete in der Wiener MA 35: Ansuchen um österreichische Staatsbürgerschaft.

Keine Presse

Das große Pech aber. Der angeblich historische Tag wird für die Südtiroler Patrioten zum Rohrkrepierer. Die ganze Aktion findet fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Denn auf der Pressekonferenz erscheint keine Presse. Außer FPÖ-TV, ein freiheitliches Parteiunternehmen, interessiert sich niemand für den anscheinend historischen Schritt der Südtiroler Politiker.
Auch in den Presseagenturen erscheint nichts. Der Freiheitliche Parlamentsclub verbreitet über den OTS Originaltext-Service der APA zwar eine lange Presseaussendung, doch fast kein Medium nimmt davon Notiz. Weder in den österreichischen Zeitungen, noch in Rundfunk oder gar Fernsehen kommt die Pressekonferenz vor.
Selbst in Südtirol ist die Resonanz äußerst gering. Mit Ausnahme einer Kurzmeldung in „RAI-Südtirol“ bringt nur das Schützen-Online-Portal „Unsertirol24“ einen Bericht über die Wiener Aktion.
Was mit dem Aufmarsch von vier Landtagsabgeordneten als großer Wurf angedacht war, endet so als Rohrkrepierer. Aber auch als Gradmesser wie wichtig die Frage des Doppelpasses für die österreichische Öffentlichkeit in Wirklichkeit ist.
Das Ganze scheint nicht einmal eine Zeitungsmeldung wert.

* der Schaasösterreichisch für Flatulenz vulgo Furz.