Politik | Schützen

Andreas Pegida Feier

Der Freiheitliche Sigmar Stocker nutzt die Andreas-Hofer-Rede in Eppan, um mit der Lügenpresse abzurechnen. Es kommt zum offenen Protest und zum Eklat.

Der Mann ist alles andere als ein Linker. Er ist 40 Jahre lang Mitglied der Südtiroler Volkspartei und war fast ein Jahrzehnt lang Assessor in der Gemeinde Eppan. Heute ist er Mitglied des SVP-Ortsausschusses St. Michael. „Das Ganze ist ein Skandal und zum Schämen“, sagt er mit Nachdruck. Mit dieser Einschätzung steht er nicht allein da.
Die SVP-Ortsgruppe St. Michael gehört zu den offiziellen Veranstaltern der traditionellen Andreas Hofer Feier am 20. Februar. In Eppan wird die Gedenkfeier zuerst mit einer Messe in der Pfarrkirche und dann mit der Festrede vor der Kirche begangen. Umrahmt wird das Ganze von der Musikkapelle.
Seit langem ist festgelegt, dass alternierend einmal die Eppaner Schützenkompanie und einmal die SVP-St. Michael Eppan den Festredner auswählt. Es gibt dabei seit Jahren ein Gentleman Agreement: An diesem Tag soll keine Parteipolitik gemacht werden.
Heuer war die Schützenkompanie an der Reihe den Festredner zu stellen. Und es ist kein Zufall, dass Kommandant Reinhard Gaiser, Freiheitlicher Gemeinderat und Funktionär, ausgerechnet seinen Parteikollegen Sigmar Stocker ans Rednerpult geladen hat.
Der freiheitliche Landtagsabgeordnete, durchaus für markige Sprüche bekannt, dürfte an diesem Sonntag aber Eppan mit Dresden verwechselt haben. Denn er nutzte die Festansprache, um in bester Pegida-Manier mit der „Lügenpresse“ abzurechnen.

Das Schweigekartell

Sigmar Stocker stellte seine Rede unter den Titel „Medien heute: Berichterstattung oder Volkserziehung? Andreas Hofer kämpfte auch für das freie Wort!“.
Danach folgte ein wirre Vermischung von Andreas Hofer, Sepp Kerschbaumer und Islamophobie.
Sigmar Stocker im Originalton:

„In den vergangenen Monaten erlebten wir jedoch auch, wie fragil diese Freiheit im Europa des 21. Jahrhunderts ist. Wir erleben, wie durch unkontrollierte und illegale Einwanderung Freiheit - unsere erreichten Freiheiten - beeinträchtigt und auch mit Füßen getreten werden. Was mich aber in diesen Wochen sehr überrascht und beunruhigt, ist die Tatsache, dass Medien über Probleme der Einwanderung bewusst nicht berichten oder nicht berichten sollen. Die Pressefreiheit - ein weiteres hohes Gut der Demokratie - wird ausgehebelt und schlägt um in bewusste Medienmanipulation. Man will den Bürgern nicht sagen, was los ist. Man will nicht über Probleme sprechen oder man verharmlost.
Man versucht nicht zu berichten, bis man berichten muss - Stichwort Köln. Man will uns bewusst Informationen - ernste Informationen - vertuschen, verbergen, nicht sagen! Die erwartete, neutrale Presse kommt immer mehr ins Wanken, die Bevölkerung wird misstrauisch und benutzt immer öfter den Begriff „Lügenpresse“, „Systempresse“ oder seit neuestem „Schweigekartell“. Eine sehr gefährliche Entwicklung, wie ich meine.“

Festredner Sigmar Stocker: „Die Pressefreiheit wird ausgehebelt und schlägt um in bewusste Medienmanipulation“.

Der freiheitliche Landtagsabgeordnete meinte dann weiter:

„Man darf die Bevölkerung in ihrer Meinung und ihren Ängsten nicht unterdrücken. Die Menschen müssen frei sein, Fragen zu stellen und kritische Äußerungen zu tätigen - ich betone kritisch, nicht beleidigend oder hetzerisch! Es muss und ist erlaubt, zu sagen, ich bin z.B. gegen illegale Einwanderung, ich bin für strenge Gesetze in der Einwanderung, ich bin für Abschiebungen, ich bin gegen eine Islamisierung Europas, ich bin gegen einen EU-Beitritt der Türkei usw. Es kann nicht sein, dass, wer dies sagt, niedergeschrieben und als Pack betitelt wird. Und es darf in einer Demokratie nicht sein, dass die Medien dem Volk vorschreiben wollen, was sie zu denken haben! Das ist dann nicht mehr ehrenhafte und seriöse Berichterstattung, sondern bewusste und undemokratische Meinungsmanipulation!“

Bergiselschlacht gegen Journalisten

Doch was hat Andreas Hofer mit der Lügenpresse zu tun? Medienkritiker Sigmar Stocker hat auch da seine eigene Theorie:

„Der Freiheitskampf Andreas Hofers war auch ein Kampf für das freie Wort und gegen Denk- und Meinungsverbote!
Der Freiheitskampf von Sepp Kerschbaumer - einem ehrenvollen und großen Sohn dieser Gemeinde und Namensgeber der Eppaner Schützenkompanie - war auch ein Kampf für das freie Wort und gegen Denk- und Meinungsverbote! Und heute geht es auch wieder vermehrt um den Kampf für das freie Wort und gegen Denk- und Meinungsverbote durch linke Politik und linke Medien-Redaktionen in Europa und teilweise auch in Südtirol.

„Heute geht es auch wieder vermehrt um den Kampf für das freie Wort und gegen Denk- und Meinungsverbote durch linke Politik und linke Medien-Redaktionen in Europa und teilweise auch in Südtirol.“

Lassen wir uns also unser Europa der Freiheiten nicht kaputt machen und nehmen wir die Geradlinigkeit Andreas Hofers auch als Vorbild her, um das Recht auf neutrale Berichterstattung von den Medien einzufordern. Sagen wir ganz klar Nein zum Schweigekartell und Ja zur freien Meinungsäußerung bei allen Themen. Unsere Demokratie lebt von freier Meinungsäußerung und nicht von der Gleichschaltung von Meinungen. Und nur dort, wo man frei denken und frei reden darf, herrscht auch Demokratie! Und dafür müssen wir wieder vermehrt kämpfen!“

Mutiger Musikant

Dass Stockers Brandrede aber vielen Zuhören bitter aufgestoßen ist, macht die Reaktion eines Eppaner Musikanten deutlich. Das junge Mitglied der Musikkapelle St. Michael, die den Festakt musikalisch umrahmten sollte, protestierte offen gegen die Äußerungen. Der junge Mann stand auf, sagte zum Redner, er könne „sich diesen Scheiß für sich behalten“ und verließ demonstrativ samt Instrument die Feier.
Der mutige Schritt ist seit Tagen Gesprächsthema in der Überetscher Großgemeinde. Gleichzeitig wird anhand dieses individuellen Aktes von Zivilcourage aber auch deutlich, wie jene „freie Presse und Meinungsmache“ ausschauen wird, die Sigmar Stocker und Kameraden verbal herbei kämpfen wollen.
Noch am Sonntag erscheint auf dem Patrioten-Portal „unsertirol24.com“ ein Interview mit dem blauen Redner. Unter dem Titel „Habe noch nie so etwas erlebt“ wird Ursache und Wirkung kurzerhand umgekehrt. Bereits im Vorspann heißt es:

„Heute Vormittag kam es bei der Andreas-Hofer-Feier in St.Michael/Eppan zu einem Zwischenfall (UT24 berichtete). Ein junger Musikant störte die Gedenkrede des L.-Abg. Sigmar Stocker.“

Im Interview meint Sigmar Stocker dann:

„Dieser Bürger hat ja leider nicht meine gesamte Rede gehört und ist nach wenigen Sätzen bereits verschwunden. Aber wenn man mit bestimmten Vorurteilen eine Veranstaltung besucht, die Worte „Flüchtling“ und „illegale Einwanderung“ nicht aushält, und mich insgesamt als Freiheitlichen sowieso nicht mag, dann greift man eben auf linke Störereien zurück.“

Ein Linker in der Tracht, versteckt in der Eppaner Musikkapelle? Und wahrscheinlich ist auch die SVP-Ortsgruppe St. Michael eine linke Kadergruppe.
Denn die SVP Eppan will am kommenden Freitag im Überetscher Gemeindeblatt einen kurzen Artikel veröffentlichen, mit dem man sich von der offiziellen Festrede auf der Andreas Hofer Feier vom vergangenen Samstag energisch distanziert.
Spätestens damit aber dürfte auch das Gemeindeblatt zum Schweigekartell der Lügenpresse gehören.