Politik | Autonomie-Konvent

Registrierung von Geisterhand

Gerichtliche Eingabe der Süd-Tiroler Freiheit wirft SVP Unterwanderung des Forums der Hundert vor.

Hat die SVP das Forum der Hundert im Autonomie-Konvent „systematisch und vielleicht sogar illegal unterwandert“, wie es die Süd-Tiroler Freiheit ausdrückt? Mit dieser Frage wird sich demnächst wohl die Staatsanwaltschaft Bozen zu befassen haben. Die Landtagsabgeordnete Myriam Atz-Tammerle hat heute (4. April) Vormittag am Landesgericht eine Eingabe mit konkreten Vorwürfen an die Volkspartei hinterlegt.

Hunderte Ahnungslose

Der Hauptverdacht, den Atz-Tammerle formuliert: Die SVP habe hunderte Mandatare und Funktionäre ohne deren Mitwissen online für das Forum der Hundert registriert. Die STF-Landtagsabgeordnete gibt an, acht SVP-Mitglieder hätten ihr persönlich bestätigt, von ihrer Registrierung erst in dem Moment erfahren zu haben, als das Konvent-Büro ihnen mitteilte, sie seien für das Forum der Hundert ausgelost worden. Unter diesen acht Personen gebe es auch eine oder einen Landtagsabgeordnete(n) der Volkspartei, den oder die sie nicht namentlich nennen dürfe, sagte Tammerle, außerdem weitere SVP-Mandatare und SVP-Ortsobleute. Diese Leute seien aus allen Wolken gefallen, als sie von ihrer Registrierung erfuhren.

Reine Hilfestellung?

Zur Tageszeitung Dolomiten sagte SVP-Obmann Philipp Achammer letzte Woche, man habe die Ortsobleute aufgerufen, die Ortsausschüsse zu mobilisieren. „Dabei haben wir angeboten, ihnen bei der Einschreibung behilflich zu sein, und manche Ortsobleute haben dann eben gesgt: Schreibt gleich alle von uns ein.“ Das Ergebnis: rund 40 von den nun feststehenden 100 Forumsmitgliedern sind in der einen oder anderen Form (als Mandatare oder Funktionäre) der SVP zuzuordnen, also etwa zwei Drittel der deutschsprachigen Forumsmitglieder.

Zahlenspiele

Insgesamt hatten sich in der Zeit vom 16. Jänner zum 6. März mehr als 1.800 Menschen für das Forum der Hundert registriert. Die Registrierung konnte man entweder anlässlich der Open Spaces oder online über die Konvent-Webseite erledigen. Bei der Auslosung der Hundert unter den 1.829 Anwärtern musste die EURAC zweimal auf Ersatz-Gruppen zurückgreifen, weil die Zahl der Absagen so groß war. Die STF schätzt, dass die Absprungrate insgesamt bei „mindestens 25 Prozent“ liegt. Eine Zahl, die die EURAC nicht bestätigt. „Meines Wissens haben nach der ersten Ziehung 84 Personen sofort zugesagt“, sagt Marc Röggla, der bei der EURAC für die Konvent-Webseite zuständig ist.

„Grobe Systemlücke“

Möglich wurde die Online-Registrierung von Geisterhand dank einem Loch, das im IT-System klaffte. „Eine grobe Systemlücke“, sagt die STF. Registrierungsprozesse sind heutzutage üblicherweise mit einem Double-opt-in-Verfahren verbunden, das heißt, an die bei der Registrierung angegebene E-Mail-Adresse wird eine Nachricht mit einem Bestätigungslink beschickt. Erst wenn der Empfänger auf diesen Link klickt, gilt die Registierung als abgeschlossen. „Das ist mittlerweile absolut Standard“, bestätigt Alexander Wallnöfer, Vizedirektor des Bozner Internet-Dienstleisters Raiffeisen OnLine. Nur: das Online-Formular der EURAC, über das die Registrierung zum Forum der Hundert abgewickelt wurde, sieht kein Bestätigungsverfahren vor. Ohne den Gegencheck per E-Mail wird es möglich, Menschen, deren E-Mail-Adresse man kennt, ohne ihr Mitwissen online zu registrieren. „Unsere Überlegung war: gestalten wir den Registrierungsprozess so einfach wie möglich“, gibt Röggla an. „Absagen können die Leute auch noch nachträglich.“ Dass der Prozess damit technisch gesehen heutige Standards nicht erfüllt, blieb unbeachtet.

Verdächtige En-bloc-Registrierungen

Besonders ab Februar seien zu bestimmten Bürozeiten innerhalb sehr kurzer Zeit jeweils hintereinander im Block mehrere Personen aus derselben Gemeinde für das Forum der Hundert registriert wurden, sagt die STF. „Gegen Ende der Registrierungsphase nehmen diese auffälligen Registrierungen stark zu“, sagt Atz-Tammerle, die als Landtagsabgeordnete Zugang zu den Unterlagen zum Konvent hat. Allein in der letzten Woche seien knapp 1.000 Registrierungen eingegangen, also mehr als die Hälfte aller Anmeldungen. Die STF-Politikerin hat „34 auffällige Block-Registrierungen“ gezählt. Damit meint sie Einträge von sechs oder mehr Personen aus derselben Gemeinde in winzigen zeitlichen Abständen. Für den STF-Sekretär Stefan Zelger sind diese Zahlen „ungeheuerlich“. Die SVP, so meint er, hat die Bestellung des Forums der 100 „systematisch und vielleicht sogar illegal unterwandert“.