Wirtschaft | Konsequenzen

“Das ist ein Horror”

Josef Unterholzner gibt die Geschäftsführung seiner Firma Autotest ab. Aus Protest gegen das italienische Rechtssystem – ein Zeichen gegen “dieses Affentheater”.

Ein bemerkenswerter Unternehmer, der einen bemerkenswerten Schritt gemacht hat. Das ist Josef Unterholzner. Heute (14. April) hat der erfolgreiche Unternehmer aus Lana bekannt gegeben, dass er die Geschäftsführung seines Betriebs Autotest abgeben wird. Aus Protest gegen den italienischen Staat und seine Gesetzgebung. “Ich kann es fast nicht glauben, das, was mir passiert ist, ist ein Horror”, sagt Unterholzner zu salto.bz. Sein Abgang tut ihm weh, gesteht er, “aber ich will ein klares Zeichen setzen”. Damit gehen dreieinhalb Jahrzehnte vorzeigbaren Unternehmertums zu Ende.


“Verurteilt wegen etwas, wofür ich nichts kann”

Es ist das Jahr 1983 als der gelernte Kfz-Mechaniker Josef Unterholzner die Firma Autotest gründet. Schon bald stellen sich die ersten Erfolge ein. 2004 schreibt das Autozulieferer-Unternehmen einen Jahresumsatz von 4 Millionen Euro. Der Kundenkreis wird größer, bald kaufen Audi, Lamborghini und Rolls Royce bei Unterholzner ein. Er expandiert, die Autotest-Gruppe eröffnet Standorte in Deutschland und der Slowakei. 2013 wird er von der Tageszeitung Dolomiten zum “Manager des Jahres”. 2015 macht Autotest einen Umsatz von 90 Millionen Euro, im Jahr darauf verkauft Untehrolzner die Mehrheitsanteile an der Firma. “Eigentlich müsste ich in Pension gehen, denn ich habe schon mehr erreicht als ich mir je erträumt hätte”, verriet Unterholzner 2012 in einem Interview mit der Südtiroler Wirtschaftszeitung.

Gehen, das tut er jetzt. Freiwillig, aber doch nicht ganz unbelastet. Denn die Entscheidung, die Geschäftsführung abzugeben hat Unterholzner aus Protest gegen das italienische Rechtssystem getroffen. Ihm stehen 179 Tagen Sozialdienst bevor. Dazu wurde er gerichtlich verurteilt – infolge eines Arbeitsunfalls, den einer seiner Mitarbeiter in Lana 2012 erleidet, weil er die vorgeschriebenen Sicherheitsmaßnahmen nicht beachtet habe, so Unterholzner. “Der Mitarbeiter hat zugegeben, die Vorschriften missachtet zu haben”, berichtet der nunmehr Ex-Autotest-Chef. Der Unfall sei also aus reiner Unachtsamkeit passiert. Mehrere Knochenbrüche in der rechten Hand trägt der junge Mann davon, gegen Firmeninhaber Unterholzner wird ein Strafverfahren wegen erschwerter fahrlässiger Körperverletzung eröffnet. Das Gericht gibt schließlich seinem Antrag auf Sozialdienst statt, ansonsten hätte Unterholzner eine Haftstrafe von einem Jahr drohen können. Kommende Woche wird er den Sozialdienst antreten. Konsequenzen, die ihn seinerseits dazu gebracht haben, ebensolche zu ziehen. “Ich habe drei Jahre Zivil- und Strafverfahren hinter mir, wegen etwas, für das ich nichts kann. Das kann doch so nicht sein”, empört sich Unterholzner, der sich “als Unternehmer dieses Affentheater nicht bieten” lassen will.


Unerträgliches Risiko

Rückendeckung bekommt Unterholzner von lvh-Präsident Gert Lanz. “Es ist schade, wenn erfolgreiche Unternehmer aus einem solchen Grund das Handtuch werfen und somit wertvolle Arbeitsplätze und den Standort Südtirol in Gefahr bringen.” Die Sicherheit und die Gesundheit der Mitarbeiter stehe ohne Frage an erster Stelle. “Gesetze sollten uns dabei unterstützen, diese auch zu gewährleisten und uns nicht Sorge bereiten, ob wir nicht morgen für etwas verurteilt werden, für das wir gar nichts können”, so die klaren Worte des lvh-Präsidenten. Er erklärt: “In Italien gilt jede Verletzung der Arbeitsschutzbestimmungen als Straftat und immer wieder erreichen uns Meldungen, bei denen Unternehmer sich für Arbeitsunfälle vor Gericht verantworten müssen, die durch ein Fehlverhalten eines Mitarbeiters oder durch einen unglücklichen Zufall passiert sind.” Vor allem Jungunternehmer würden von den “drakonischen Strafen in puncto Arbeitssicherheit” abgeschreckt, Verantwortung zu übernehmen, warnt Lanz.

Mit seinem Rückzug von der Autotest-Geschäftsführung will Josef Unterholzner, so sagt er, seinen Unternehmerkollegen bewusst machen, “welches Risiko sie jeden Tag laufen”. Ihm selbst sei es nicht bewusst gewesen – “erst nachdem ich unmittelbar betroffen war”. Als Firmenchef habe er “alles mögliche” getan, um Arbeitsunfälle zu verhindern, “denn jeder ist einer zu viel”, stellt Unterholzner klar. Dass trotzdem etwas geschehen kann, weist er nicht von der Hand. In diesem Fall sei es allerdings aus Unachtsamkeit passiert – “und ich bin nicht mehr bereit, dieses Risiko und diese Verantwortung für 600 Mitarbeiter zu tragen”, präzisiert Unterholzner: “Ich will nämlich nicht ins Gefängnis.” Das Urteil nehme er zur Kenntnis und geht “mit keinem weinenden Auge”. Doch er erwartet sich, dass die Regierung “mit diesem italienischen Schlamassel aufräumt”. “Ich habe einiges für die Südtiroler Wirtschaft geleistet, und nun werde ich wie ein Verbrecher behandelt”, sagt er mit hörbarer Verbitterung.