Umwelt | Pestizide

Gerichtsurteil mit Werbeeffekt

Was bedeutet das Gerichtsurteil in Sachen Mals für Alexander Schiebel, der einen Film zum Kampf gegen Pestizide dreht? Kostenlose Werbung für sein Projekt, sagt er.

Nicht nur dreht Alexander Schiebel gerade einen Film mit dem Titel “Das Wunder von Mals”. Der österreichische Marketing-Experte und Wahlkampfhelfer von Bürgermeister Paul Rösch ist sogar mit Kind und Kegel von Meran in den Obervinschgau gezogen, um die Stimmung in dem Ort besser einfangen zu können, der dem Einsatz von Pestiziden den Kampf angesagt hat. Bereut Schiebel angesichts des Gerichtsurteils, das die Volksbefragung vom Sommer 2014 nachträglich für unzulässig erklärt hat, sein starkes Engagement für Mals? Keineswegs, sagt er. “Mals ist ein ganz besonderes Fleckerl, in dem es sich noch viel besser leben lässt, als ich gedacht hatte.”

salto.bz: Herr Schiebel, das Landesgericht hat die Malser Volksbefragung zum Pestizid-Einsatz für unzulässig erklärt. Ist das ein persönlicher Rückschlag für Sie? Das Nein der Bevölkerung zu Pestiziden und die daraufhin von der Gemeinde erlassene Verordnung waren doch ein Grund für Sie, nach Mals zu ziehen.

Alexander Schiebel: Für mich ist es offensichtlich, dass die Zeit der industriellen Landwirtschaft abgelaufen ist. Dass die aus der Nachkriegszeit her rührende Vorstellung von einer Ausbeutung der Natur sich nicht mehr halten lässt, verursacht Leuten, die mit dieser Idee sozialisiert wurden, großen Schmerz. Sie reagieren darauf mit Aggressivität und Weinerlichkeit, anstatt in einen konstruktiven Dialog einzuschwenken. Das habe ich kürzlich auch auf einer Informationsveranstaltung in Schlanders erlebt, auf der der Malser Weg vorgestellt wurde. Der Bauernbund hatte seine Leute mobilisiert, das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Pestizid-Gegnern und und Vertretern der konventionellen Landwirtschaft betrug in etwa 1 zu 100. Eine Frau ist aufgestanden und hat erklärt, ihr Mann, ein traditioneller Obstbauer, traue sich schon fast nicht mehr aufs Feld hinaus wegen der Hetze der Pestizid-Gegner. Dieses kleine Mals, das ohne Mittel dasteht und unendlich weniger mächtig ist als seine Gegner, wird als Ungeheuer hingestellt. Aber selbst wenn man Mals niedertrampelt und mich ins Exil schickt: die Entwicklung lässt sich nicht aufhalten.

Wie gedeiht denn Ihr Filmprojekt “Das Wunder von Mals”?

Man kann sagen, wir sind in der Zielgeraden. Im Herbst wird der Film bei einer Vorpremiere im Rahmen der Langen Nacht der Umwelt in München vorgestellt. Wir werden dazu 200.000 Menschen einladen. Danach wird das “Wunder von Mals” landauf, landab in ganz Deutschland und Österreich gezeigt. Natürlich leben Filmprojekte auch von Konflikten. So gesehen rühren die Leute, die gegen das Malser Pestizid-Verbot Sturm laufen, permanent die Werbetrommel für mich.

Was zeigen Sie in Ihrem Film?

Im Laufe meiner Recherche hat sich das Thema immer wieder geändert. Mich interessiert ds Schöne, das Besondere. Mein Film hat natürlich nicht die Wahrheit gepachtet, er ist meine subjektive Geschichte.

Auch die Geschichte von Ihrem Leben in Mals?

Das hier ist ein ganz besonderes Fleckerl, in dem es sich noch viel besser leben lässt, als ich gedacht hatte. Die Malser lassen sich von niemandem das Denken verbieten, und sie lassen sich auch nicht verbieten, ihre Gedanken auszusprechen.

Sind denn die Malser in Ihren Augen ein besonderer Menschenschlag?

Das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass in Südtirol viele Leute mir hinter vorgehaltener Hand anvertrauen, wie satt sie die konventionelle Landwirtschaft haben, diese Position aber nicht öffentlich vertreten wollen. Ein derartiges Phänomen gibt es in Mals nicht. Möglicherweise liegt das an der Geschichte des Ortes oder an der Landschaft. Lokale Kulturen haben ihre Eigenheiten, und ich finde diese Unterschiede sehr interessant.