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Defekter Detektor

Gerhard Brandstätters “Lügendetektor” musste nachjustiert werden, damit es überhaupt in den Buchhandel kommen konnte.

Gut Ding braucht Weile. Das dürfte auch Gerhard Brandstätter wissen. Der namhafte Rechtsanwalt und Präsident der Südtiroler Sparkasse gilt als sehr penibler Mann, der seine Pflichten bei der Arbeit sehr genau nimmt. Aber Brandstätter ist nicht nur Anwalt und Bankpräsident. Mit der Veröffentlichung seines ersten Buches darf er sich seit wenigen Tagen auch Autor und Herausgeber nennen. Doch so ganz vertraut dürfte Brandstätter das Metier (noch) nicht sein. Ob aus Unerfahrenheit, Überstürzung oder Nachlässigkeit – fest steht, dass bei der Herstellung seines Buchs auf einen grundlegenden Bestandteil eines jeden Druckwerks, das zur Veröffentlichung bestimmt ist, vergessen wurde. So zumindest der erste Eindruck jener, die am Tag der Präsentation am Dienstag das knapp 100-seitige Werk in den Händen halten durften.

“Der Lügendetektor” lautet der bezeichnende Titel von Brandstätters Werk, in dem er mit “Unwahrheiten”, “infamen Unterstellungen” und “falschen Behauptungen” aufräumen will, die vom Journalisten und salto-Autor Christoph Franceschini in seinem Buch “Bankomat” über die Südtiroler Sparkasse in die Welt gesetzt worden seien. “Anstatt meine Leistung (für Stiftung und Bank, Anm.d.Red.) zu würdigen und anzuerkennen, ziehen sich die Anschuldigungen mir gegenüber wie ein roter Faden durch das Buch”, meinte ein hörbar gekränkter Brandstätter am Dienstag Vormittag und sprach von einer “schwerstens unkorrekten” Vorgehensweise des “Bankomat”-Autors, dem er zum Teil Unprofessionalität vorwirft. Wenig professionell mutet allerdings auch die Tatsache an, dass das Buch, das am Dienstag für die anwesenden Medienvertretern aufliegt, einige gewichtige Mängel aufweist.

Es fehlt jede Spur vom Impressum, den Informationen – zu Erscheinungsort und -jahr sowie Name und Sitz des Herausgebers (in diesem Fall Gerhard Brandstätter selbst) beziehungsweise der Druckerei. Allesamt Angaben, die für Druckwerke, die zur Veröffentlichung bestimmt sind, gesetzlich vorgesehen sind. Auch ISBN-Nummer und Verkaufspreis, wie von der italienischen Verlagsvereinigung für jedes im Handel erhältliche Buch vorgeschrieben, sucht man vergeblich. Dass Brandstätters Buch ohne diese obligatorischen Angaben in den Handel kommen und für die vom Autor angekündigten 5 Euro (die zur Gänze an die Stiftung Sparkasse fließen sollen) verkauft werden dürfte, ist also mehr als fraglich. Zumal das italienische Recht eine Strafbestimmung vorsieht, wonach Veröffentlichungen ohne die vorgesehenen Angaben eine Übertretung darstellen.

Und tatsächlich: Wer noch am selben Tag des Sparkassen-Präsidenten Erstlingswerk in den Händen halten und wissen wollte, was – Zitat Brandstätter – “richtig” beziehungsweise “die effektive Situation” ist, wurde enttäuscht. Auch am Tag danach, am Mittwoch, war das Buch im Handel nicht auffindbar. Es gebe ein “technisches Problem”, so die Auskunft in der größten Buchhandlung der Bozner Innenstadt, der Athesia-Filiale unter den Lauben. Auf Nachfrage in einer anderen Buchhandlung hieß es: “Das Buch wurde mir noch gar nicht angeboten, aber vielleicht wird es in den Sparkasse-Filialen verkauft.” Doch auch dort: keine Spur von dem “Lügendetektor”. Auch am Donnerstag nicht. “Wir haben heute Probleme mit der Stromverbindung”, gesteht eine Verkäuferin der Athesia-Lauben-Buchhandlung am späten Vormittag. Aber das Buch sei im Haus, in Kürze müsse es auch am Ladentisch sein. Und tatsächlich, wenige Stunden später, selber Schauplatz: “Der Lügendetektor” ist da.

Wer das Buch durchblättert, dem fällt ein Aufkleber auf der Innenseite des hinteren Buchdeckels auf. Wenig sorgfältig wurde dort eine Etikette angebracht, auf der Erscheinungsort, -jahr, Herausgeber und Druckerei angegeben sind.


oben: eine Ausgabe des Buches, die am Dienstag bei der offiziellen Präsentation verteilt wurde; unten: das Buch, wie es am Donnerstag im Handel zu erhalten war

Auf dem Buchdeckel selbst: ein zweiter Aufkleber mit ISBN-Nummer und Verkaufspreis. All jenen Angaben, die vom Gesetz vorgeschrieben sind und normalerweise bereits beim Druck im und am Buch angebracht werden. Aus welchem Grund das bei Brandstätters Werk, das schließlich aus der traditionsreichen Athesia-Druckanstalt stammt, verabsäumt wurde, ist eine Frage, die man sich durchaus stellen darf. Könnte beim Druck etwas schief gelaufen sein? Könnte es Gerhard Brandstätter mit der Veröffentlichung derart eilig gehabt haben, dass die gesetzlichen Vorgaben schlicht und einfach übersehen wurden? Wie dem auch sei, seit Donnerstag gibt es seinen Debüt-Roman im Handel. Als solchen kann man “Der Lügendetektor” allemal bezeichnen. Ist er doch in der Athesia-Filiale unter den Bozner Lauben auf dem Büchertisch zwischen den Südtirol-Krimis gelandet.