Politik | Energie

Cavagnas Rechnung

Die ehemaligen Verwaltungsräte der „AEW Net“ klagen gegen ihre Absetzung. Sie verlangen jetzt 120.000 Euro Schadenersatz von der Alperia AG.

Vor dreieinhalb Monaten hatte er es auf salto.bz angekündigt. „Ich gehe davon aus, dass ich klagen werde“, sagte Diego Cavagna Anfang März. Und dann fügt er noch hinzu: „Und ich werde nicht der Einzige sein“.
Diego Cavagna war lange Meraner Vizebürgermeister. Er ist politisch immer noch ein großer Fisch über die Passerstadt hinaus. Vor allem weiß Cavagna aber, wie man sich im Haifischbecken der Politik bewegt. Ohne Rücksicht auf Verluste.
Cavagna hat in diesen Tagen dem Verwaltungsrat der Südtiroler Energiegesellschaft Alperia eine saftige Rechnung zukommen lassen. Und er hat Recht gehabt. Er ist nicht der Einzige. Mehrere ehemalige Verwaltungsräte der früheren AEW Net AG wollen jetzt vor Gericht Schadenersatz einklagen. Insgesamt belaufen sich die Forderungen auf rund 120.000 Euro.

Die Fusion

Der Streit ist ein Rattenschwanz der Fusion zwischen der SEL AG und der Etschwerke AG.
Offizieller Auslöser des Zwistes ist ein Formalie. Ein unscheinbarer Punkt im Fusionsabkommen. In diesem Rahmenabkommen, das auch das Land und die beiden Gemeinden Bozen und Meran abgesegnet haben, steht unter Artikel 10, Paragraph 2, Komma 1, dass die Verwaltungsräte der Tochtergesellschaften der beiden Energieunternehmen innerhalb von 10 Tagen nach der erfolgten Fusion zurücktreten müssen.
Über 100 Verwaltungsräte in den über 30 Tochtergesellschaften der beiden Energieversorger sind dieser Vorgabe anstandslos nachgekommen. Sie traten im Jänner 2016 aus ihren Ämtern zurück.

Diego Cavagna: Fordert 56.000 Euro

Nur in zwei Tochtergesellschaften der Etschwerke sträubten sich die von den Gemeinden Bozen und Meran öffentlich ernannten Verwalter das Feld zu räumen. Die Verwaltungsräte der Aew Trading und der Aew Net weigerten sich monatelang ihren Rücktritt einzureichen. Als offizieller Grund des Widerstandes wurde die Art und Weise herausgestrichen, wie man die Etschwerkeverwalter in den Ruhestand versetzt hat. „Es hat sich nie jemand die Mühe gemacht, mit uns vorab zu reden“, sagte Diego Cavagna damals, „das ist doch keine Art, uns zum Teufel zu schicken“.

Das Geld

Der eigentliche Hintergrund der Aktion dürfte aber finanzieller Natur gewesen sein. Denn die Verwaltungsräte der Tochtergesellschaften der Etschwerke waren jahrzehntelang äußerst gut dotierte Versorgungsposten der politischen Parteien.
So erhielt AEW Net-Präsident Diego Cavagna (PD/Lista Civca) 45.000 Euro im Jahr, Vizepräsident Markus Erb (SVP) 27.000 Euro und Verwaltungsrätin Claudia Chistè (SEL) 18.000 Euro.
Diese drei Verwaltungsräte wurden am 14. Juli 2014 auf drei Jahre ernannt. Durch die Fusion und die Ablöse endete ihr Engagement aber überraschend früher. Mit Genehmigung der Bilanz 2015 im Frühjahr 2016.
Die Folge: Es fehlt dem Meraner Terzett über ein Jahr an finanzieller Entschädigung, die man anscheinend mit der politischen Ernennung für selbstverständlich hält.

Die Klage

Nur so ist die Klage zu verstehen, die in den vergangenen Tagen ins Alperia-Haus flatterte. Die Kläger sind die drei ehemaligen Verwaltungsräte der AEW Net Diego Cavagna, Markus Erb und Claudia Chisté. Der Vorwurf: Die vorzeitige Ablösung sei so nichts rechtens. Deshalb fordert man jetzt Schadenersatz. Diego Cavagna verlangt 56.000 Euro, Markus Erb 36.000 Euro und Claudia Chisté 27.000 Euro.


Claudia Chisté: Fordert 27.000 Euro.

Innerhalb der Alperia AG ist man über den Schritt verwundert. Sorgen macht man sich aber kaum. Allein durch die Auflösung dutzender früherer Tochtergesellschaften und die Zusammenfassung in vier Business-Units erspart man sich bei den Entschädigungen für die Verwaltungsräte zwischen 800.000 und 900.000 Euro im Jahr. „Wir werden ganz sicher nicht klein beigeben“, gibt man sich beim Südtiroler Energieriesen aber kämpferisch.
Auffallend ist aber vor allem eines. Die absolute Stille in den beiden Gemeinden Bozen und Meran. Es waren die beiden Gemeinderäte und vor allem Meran, die das Trio als Verwaltungsräte nominiert haben. Jetzt tut man aber so, als habe man mit der Sache nichts mehr zu tun.

Bild
Profil für Benutzer kurt duschek
kurt duschek Do., 14.07.2016 - 07:49

Verwaltungsratsposten u.ä. sind politische Versorgungsposten! Kassieren wo immer es geht, sollte aber etwas schief laufen, wie z.B. bei der Sparkasse, dann ist man absolut schuldlos, die Finanzkrise ist schuld und ein Schadenersatz ist undenkbar ! So etwas könnte man auch als "parteipolitisches Gewinnstreben mit automatischem Versicherschutz " nennen. Lieber Diego, du hast doch schon so viel an und mit Meran verdient, alles ist mit Genehmigung und vollkommen rechtens geschehen, schau mit Wohlwollen zurück auf Deine politische Arbeit, lass es nun genug sein!

Do., 14.07.2016 - 07:49 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Alexander Schiebel
Alexander Schiebel Sa., 16.07.2016 - 20:27

Ein schönes Beispiel für das Politikverständnis der #civicapermerano. Um Pfründe geht es. Und diese gelten als rechtmäßig erobert, sobald sie nach den Wahlen zugeteilt wurden. Dies ganz unabhängig davon, ob dafür eine Arbeit geleistet wurde (woran ohnehin nie ernstlich gedacht wurde).

Dass sich jedoch am öffentlichen Futtertrog nicht mehr jeder nach Belieben laben kann, ist ein kleiner Erfolg der Wähler und Wählerinnen in Meran.

Sa., 16.07.2016 - 20:27 Permalink