Aufs Ganze schauen
„Auf Südtirol schauen“ ist das Losungswort, mit dem die SVP in dieser Schlussphase der Referendumskampagne ihr JA bewirbt. Eine politisch kurzsichtige Haltung, denn genau durch das Ausblenden der Wirkungen dieser Verfassungsreform auf das Gesamtsystem des Regionalismus und der Demokratie in Italien sitzt die SVP einer schwerwiegenden Fehleinschätzung auf. Sie ordnet sich den Prioritäten eines Regierungschefs unter, der die politische Macht in Rom, in einer Kammer (ohne echte Regionenkammer als Gegengewicht) und in einer Partei (ITALICUM-Wahlrecht!) konzentrieren will. Sie vertraut sich einer Partei an, die den Regionalstaat zurückschraubt und das Gesamtsystem wieder zentralisiert. Die jetzige Reform zentralisiert die Macht in einer Kammer und bei der Regierung, und das ebenfalls von der SVP mitgetragene ITALICUM die Macht in einer Partei und ihrem jeweiligen Chef:
Mehr Zentralstaat und weniger demokratische Mitbestimmung wirkt sich mittelfristig auch auf die autonomen Regionen aus. Sie dürfen zwar aufs Einvernehmen mit der Regierung in der Anpassung ihrer Statuten hoffen, doch ist unsicher, ob Südtirol den heutigen Bestand an Autonomie halten kann. Eindeutig verschlechtert wird der rechtlich-politische Gesamtkontext für den Ausbau der Autonomie. Dabei sind wir längst auf einen solchen Ausbau, nicht auf bloßen status quo eingestimmt. Das Statut ist überholungsbedürftig, die SVP hat klare Vorstellungen zur Vollautonomie vorgelegt, der Autonomiekonvent arbeitet seit fast einem Jahr: dort hat Luis Durnwalder 33 Reformpunkte vorgelegt, die nie und nimmer im Rahmen der neuen Verfassung durchgesetzt werden können. Wo bleibt seine Stimme gegen diese Reform? Es gibt keine Klausel, die es den autonomen Regionen erlaubt, ihre Rechte wesentlich zu erweitern. Im Gegenteil: genau besehen ist die famose Schutzklausel eine Autonomie-Beschränkungsklausel.
Heute sind die Südtiroler quer durch die Sprachgruppen nicht auf bloßen status quo eingestimmt, sondern auf Ausbau und Abrundung der politischen Eigenständigkeit. Das Statut ist längst überholungsbedürftig, die SVP hat klare Vorstellungen zur Vollautonomie vorgelegt, der Autonomiekonvent kann sich kaum in kleinen Justierungen erschöpfen. Dieser verbreitete Wunsch nach einer vollständigeren Autonomie findet aber in der neuen Verfassung keine Entsprechung: es gibt keine Klausel, die es den autonomen Regionen erlaubt, ihre Rechte wesentlich zu erweitern. Im Gegenteil: genau besehen ist die famose Schutzklausel auch eine Autonomie-Beschränkungsklausel.
Dabei hätte es durchaus Alternativen gegeben. Etwa das Beharren auf einem echten Vetorecht der Landtage bei Statutsänderungen; eine explizite Ausnahme für die Regionen mit Sonderstatut vom Suprematieprinzip; die sofortige Umwandlung aller konkurrierenden Zuständigkeiten in primäre in der Hand der Autonomen Provinzen und Regionen. Mit anderen Worten: die Zustimmung zu dieser Reform ist nicht von einem klaren Recht auf Erweiterung der Autonomie abhängig gemacht worden. Politiker kommen und gehen, Verfassungen überdauern sie meist. Wer für mehr Autonomie und Regionenrechte eintritt, kann diesem Rückbau des Regionalstaats Italien nicht zustimmen. Man kann nicht „Vollautonomie“ als Ziel vorgeben, doch in der Verfassung nicht dafür vorsorgen. Bei einem NEIN am 4.12.2016 erhält das Parlament automatisch den Auftrag, eine bessere Reform mit weniger Zentralismus und Machtkonzentration zu erstellen.
Ich finde auch, dass Südtirol
Ich finde auch, dass Südtirol gut daran tut, sich an der Entwicklung ganz Italiens positiv einzusetzen und nicht nur sich auf Südtirol zu beschränken- solange Südtirol bei Italien ist. Wenn es den anderen Regionen gut geht, ist es auch für Südtirol ein Vorteil, siehe auch den Beitrag von Petra Reski > Zeit online "Italien: Renzi will alleine bestimmen" http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-12/italien-referendum-verfassun…