Politik | Kruzifix

Das Kreuz mit dem Kreuz

Was hängt da eigentlich alles in den Klassenzimmern?
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Foto: ccc

Alle Jahre wieder grüßt die Holzfigur. Dieses mal aus Österreich. Für die einen ist es wieder an der Zeit unsere Seele vor der Verdammnis zu retten, für die anderen in einer ohnehin aussichtslosen Debatte Reiter der Apokalypse zu spielen.

Eigentlich eine Farce in zwei Akten. Wäre da nicht die grassierende Identitätskrise der Europäer.

Man muss nicht einmal Kirchgänger und schon gar nicht Politiker sein um sich auf diese Thematik einen herunter holen zu können. Wo sonst hängt alles wofür der fromme Südtiroler gemeinsam mit dem guten Patriot einsteht so plakativ an den Wänden und lässt sich in Empörung ummünzen.

Dabei sollte es eigentlich jedem Christen herzlich egal sein ob in den Klassenräumen Kreuze hängen oder eben nicht. In der Schule geht es darum was darunter auf der Tafel steht. Ich vermute außerdem dass noch nie ein Schüler seinen Glauben verloren hat weil er zu lange auf eine Wand ohne Kreuz gestarrt hat, oder dass jemand ein besserer Christ ist je mehr Kreuze er besitzt.

Was bringt uns also diese Symbolpolitik?

Bei uns Südtirolern hat dieses Thema ja Tradition. Man bringt es auf, versichert sich dass die Kreuze von den Berggipfeln bis in die Klassenzimmer noch ordentlich angebracht sind und macht weiter.

Aber da sich mittlerweile europaweit die „Retter des Abendlandes“ herumtreiben bekommt die Sache einen recht üblen Beigeschmack.

Auch wenn diese Abendlandpatrioten den meisten Politikern etwas zu schmutzig sind, selbst gemäßigte Konservative sind sich mittlerweile nicht mehr zu schade bei einer solchen Gelegenheit Aushilfsmessias zu spielen und kaum einer lässt sich gerade einen Seitenhieb auf Kopftücher entgehen.

Auf der einen Seite wütet also ein instrumentalisierter Islam der einen am zivilisatorischen Fortschritt generell zweifeln lässt, auf der anderen Seite misst man den Zustand der Kultur an der Anzahl der Kreuze die herumhängen. Es braucht nicht einmal Nazis auf einem Kirchturm um die Absurdität des ganzen zu verdeutlichen. Unsere europäischen Werte und unser Selbstverständnis gehen doch schon lange weit über Kirchtürme hinaus. Trotzdem ist man sich hier nicht zu schade eine Belanglosigkeit wie die Kreuze in Klassenzimmern dankbar zu instrumentalisieren und als scheinbaren Kampf um Identität darzustellen.

Da muss man sich doch fragen ob das wirklich alles ist was wir zu bieten haben.

Also viel Spaß jenseits aller Rationalität und Aufklärung in diesem Stellvertreterkrieg der Scheinheiligen. Die Pfarrer wird es freuen, immerhin steigt die Zahl der bekennenden Christen wohl selten so hoch wie während dieser Debatten. Selbst wenn die Kirchen dadurch wohl trotzdem gleich leer bleiben.