Gesellschaft | Meinung

“Wir sind nichts Besseres”

Die Botschaft des Eppaner Bürgermeisters an seine Mitbürger: “Wir sollten den Menschen als Menschen sehen”, sagt Wilfried Trettl über den Umgang miteinander.

“Liebe Eppanerinnen und Eppaner.” So beginnt der Bürgermeister der Überetscher Gemeinde für gewöhnlich seine Rubrik, in der er sich im Gemeindeblatt und online an seine Mitbürger wendet. Doch die jüngsten Worte, die Wilfried Trettl Anfang dieses Monats an die Einwohner seiner Gemeinde richtet, können sich auch die Menschen über Eppan hinaus zu Herzen nehmen. Dieser Meinung ist nicht nur Caritas-Direktor Paolo Valente. Unter dem Titel “Schöne Welt, gute Leut” und versehen mit den Worten: “In un mondo di sceriffi, il messaggio di inizio Quaresima del sindaco di Appiano, Wilfried Trettl, rivolto ai suoi concittadini e a noi tutti, teilt Valente die Botschaft von Wilfried Trettl zum Beginn der Fastenzeit auf seiner Facebook-Seite:

Der Umgang miteinander

Liebe Eppanerinnen und Eppaner,

zum Beginn der Fastenzeit möchte ich über die Begegnung mit den Menschen, über den Umgang miteinander sprechen. Menschen aus fernen Ländern sind zu uns gekommen. Wir kennen ihre Namen nicht, ihre Geschichte, ihr Schicksal, aber das Leben meint es wohl nicht allzu gut mit ihnen. Sie sprechen uns an, bitten um Geld oder wollen uns etwas verkaufen. Ich höre von Mitbürgern, dass sie sich von diesen Menschen gestört fühlen. „Ciao mamma!“, sagt einer zu einer Mitbürgerin. Sie findet das unmöglich. Wo wohl seine eigene Mutter ist? Ob sie noch lebt? Ob er überhaupt weiß, ob sie noch lebt? Ich stelle mir eher solche Fragen. Wir sollten den Menschen als Menschen sehen, nicht als Bettler, Eindringling, Asylant, als eine Kategorie, die mit uns nichts zu tun hat. Und als Mensch hat er die gleichen Bedürfnisse, Gefühle, Wünsche wie wir. Wir stehen nicht über ihm und wir sind auch nichts Besseres. Das Schicksal hat es mit uns nur ganz einfach besser gemeint.

Den respektvollen Umgang miteinander lernt man im Kindesalter. Wenn ich Kindern auf dem Schulweg begegne, grüße ich sie. Sie grüßen dann gerne zurück, man merkt, dass sie sich ernst genommen fühlen, auf gleicher Augenhöhe mit einem Erwachsenen, und das schätzen sie. Es dauert nicht lange und dann grüßen sie von sich aus. Wir Erwachsene empfinden es ja auch als wohltuend, wenn uns jemand grüßt, auch wenn wir ihn nicht kennen.

Respektvoll sollten wir auch mit unserer Umwelt umgehen und dies den Kindern beibringen, indem wir Vorbild sind. Man sollte sich nicht zu schade sein, auch einmal einen Abfall aufzuheben und in den nächsten Papierkorb zu werfen, den ein beschränkter Zeitgenosse fallengelassen hat. Eine saubere Landschaft gefällt uns doch allen! Wenn wir uns für unsere Heimatgemeinde alle verantwortlich fühlen, dann achten wir auch auf sie.
 
Euer Bürgermeister
Wilfried Trettl