Politik | Polemik

Schwarz-Blaue Botschaft

Ihr Foto mit Andrea Bonazza sorgt weiter für Aufregung über Ulli Mair, der “simpaticissima capogruppo dei Freiheitlichen”. Antifa: “Sie macht CasaPound salonfähig”
Andrea Bonazza und Ulli Mair
Foto: salto.bz/Die Freiheitlichen

Schwarz und Blau – zwei Farben, die viele als Farben des Mailänder Fußballclubs Inter Mailand kennen. Schwarz-Blau ist jedoch auch die politischen Couleur eines Fotos, das seit Kurzem im Internet kursiert und die Gemüter im Land erhitzt. Es zeigt Ulli Mair und Andrea Bonazza bei einem Bikertreffen in Bozen. Lachend haben sich die Freiheitliche Landtagsabgeordnete und der Gemeinderat von CasaPound am vorvergangenen Wochenende ablichten lassen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt? Die nicht abreißen wollenden Reaktionen beweisen jedenfalls: Hinter dem Foto steckt mehr als ein harmloser Schnappschuss von zwei Politikern, die sich in ihrer Freizeit über den Weg gelaufen sind und sich dabei haben fotografieren lassen.  

Kein Grund zur Aufregung?

Ulli Mair und Andrea Bonazza selbst finden jedenfalls nichts Anstößiges an ihrem gemeinsamen Schnappschuss, wie sie offen gestehen. So schreibt Bonazza auf Facebook: “Ho bevuto, parlato e sono stato fotografato assieme alla simpaticissima capogruppo dei Freiheitlichen Ulli Mair, persona che nonostante le divergenze ideologiche, stimo, rispetto e che, a differenza di molti altri politicanti, si è sempre comportata in maniera corretta con la popolazione altoatesina.” Ebenfalls auf Facebook meldet sich Mair zu Wort: “Als gewählte Volksvertreterin rede ich mit allen, die das Gespräch mit mir suchen. In einer Demokratie darf es keine Ausgrenzung geben. Ganz im Sinne von Voltaire.” Von einem politischen blau-schwarzen Techtelmechtel wollen beide nichts wissen. Aber die Frage, die sich viele Menschen stellten, als sie das Foto in den vergangenen Tagen zu Gesicht bekamen, war: Warum lässt sich Ulli Mair mit einem Neofaschisten, verurteilten Straftäter und Vertreter einer fremdenfeindlichen und autoritären Bewegung, die aus ihrer Gewaltbereitschaft keinen Hehl macht, ablichten?

Einer dieser Menschen ist Roland Lang. Der Obmann des Südtiroler Heimatbundes zeigt keinerlei Verständnis für Mair. “Tut mir Leid, aber ich kann Fotos mit Neufaschisten wie Bonazza nicht mit ‘Gefällt mir’ markieren”, kommentiert Lang auf Facebook. Doch auch innerhalb der Freiheitlichen Partei hat die Episode inzwischen die Wogen hochgehen lassen. So hat Obmann Walter Blaas nach Protesten aus den Blauen Anhängerreihen eine interne Klärung verlangt und den Ehrenobmann Pius Leitner dazu aufgefordert, öffentlich zu dem Foto Stellung zu nehmen. Zur Tageszeitung sagt Leitner, der übrigens gemeinsam mit Mair und dem Freiheitlichen Landtagsabgeordneten Sigmar Stocker beim Bikertreffen dabei war: “Sie weiß schon, was sie tut. Ulli Mair ist volljährig, getauft und geimpft – und sie ist vernünftig genug, zu wissen, was sie tut. Der Ehrenobmann braucht hierzu bestimmt keine Stellungnahme abzugeben.” Und weiter: “Sie kann reden und sich fotografieren lassen, mit wem sie will.”

Klare Worte aus Meran

Während für Pius Leitner die Diskussion damit beendet zu sein scheint, ist man anderswo überzeugt: So einfach ist das Ganze nicht. In einem Kommentar, der am 1. April erscheint, nimmt die Antifaschistische Aktion Meran zu dem Foto und der Botschaft dahinter Stellung: “Wenn Politikerinnen und Politiker unterwegs sind, so sind sie das in den seltensten Fällen privat – ‘unters Volk kommen’, sich sehen lassen, gehört nunmal zum Job. Fotos machen lassen auch. Als Politikerin, die seit 14 Jahren im Landtag sitzt, weiß Ulli Mair, welche Bedeutung solche Fotos haben. Wie man sie inszeniert. Wie man damit Botschaften vermittelt. (…) Wenn Mair sich also im Arm von Bonazza fotografieren lässt, lächelnd, kumpelhaft, dann ‘passiert’ das nicht einfach. Dann hat das einen Grund.”

Dass die Freiheitliche ihr Verhalten damit rechtfertigt, dass in einer Demokratie niemand ausgegrenzt werden dürfe, sorgt bei der Antifa für Kopfschütteln. Weil Faschismus nun einmal “eine antidemokratische Ideologie ist, die den Führerstaat propagiert, die Abschaffung von Meinungsfreiheit und Opposition beinhaltet, ebenso wie Mord und Verfolgung”, fragt man sich in Meran: “Ernsthaft, Ulli? Keine Ausgrenzung von Faschisten?” Und erinnert daran, dass es “in jeder Demokratie Ausgrenzung von denen, die sie untergraben oder abschaffen wollen” gebe. Und wenn Vertreter faschistischer Ideologien bei Wahlen gewählt würden, bedeute “nur, dass sie Anhänger haben”, hält die Antifa fest: “Legitimer oder weniger menschenverachtend wird ihre Einstellung dadurch nicht. Faschismus ist eben keine Meinung, die geschützt werden muss, sondern eine verbrecherische Ideologie.”

Die bisher getrennt marschierenden Rechten im Lande haben - endlich - die Interethnizität entdeckt! Ihre politische Heimat war auch bisher schon +/- dieselbe; sie haben es nur wegen der getrennt lebenden Sprachgruppen nicht gewusst.....

Mo., 03.04.2017 - 11:50 Permalink

Selbstverständlich kann und soll man mit allen Menschen reden. Mit extremen Rechten wie den Faschisten von Casa Pound kann es jedoch höchstens ein Streitgespräch sein, nicht aber ein freundschaftliches Beisammensein, wie dieses Bild signalisiert. Wenn sich die Freiheitlichen von dieser Entgleisung nicht deutlicher distanzieren, dann sind sie wohl für jeden demokratisch denkenden Menschen unwählbar geworden.

Mo., 03.04.2017 - 13:29 Permalink

In der Not frisst der Teufel fliegen - Ganz einfach erklärt, die Freiheitlichen verlieren an Wähler, weil die Südtiroler Freiheit ihnen ihr Revier "erfolgreich" streitig gemacht hat. Dies ist der wenig elegante Versuch, sich als Sprachgruppenübergreifende Rechte in Südtirol zu etablieren und dabei auf Stimmenfang bei italienischen RechtswählerInnen zu gehen. Man merkt es, der Wahltermin rückt näher ... ;)

Mo., 03.04.2017 - 14:23 Permalink

Ach das glaube ich ist nicht der Fall. Ich glaube Ulli Mair fehlt es an politischen Instinkt. Sie glaubt sie kann ihren Fehltritt besser handhaben, wenn sie noch eins draufsetzt. Das ist dumm. Wahrscheinlich das dümmste was sie gesagt hat seit ihrem Bombensager zum Pensiondskandal.

An eine sprachgruppenübergrrifende Rechte kann man nicht glauben, wenn man ein bisschen die politische Lage in Südtirol kennt.

Mo., 03.04.2017 - 15:11 Permalink

Naja wenn man sich an die "Drehungen" der Freiheitlichen erinnert, die sie in Fragen der Volkstumspolitik gemacht haben liegt das nahe, die "neue" Ausrichtung ist jedenfalls nicht zu verkennen, wenn man die Sache über den Zeitraum der letzten Legislativperiode betrachtet. Aber klar haben Sie recht, wenn Sie schreiben, dass dies nicht unbedingt zu den Glanzstücken politischer Taktiererei gehört (aus einer Vielzahl von Gründen)... aber das erwarte ich offen gesagt auch nicht von den Freiheitlichen ;)

Mo., 03.04.2017 - 15:41 Permalink

@GORGIAS: Zitat aus Ulli Mairs fb-Seite: von"Patrik e Claudia Barbieri: Bravo Ulli Mair von mir aus wäret ihr 2 die besten uns zu vertreten !!! Klar dass ihr nicht auf alles einverstanden seits, aber die grundpunkte sind ja nicht soooo weit ausseinander!! Also ich sag nur Bravo "

Die Grundpunkte sind ja nicht soooo weit auseinander... Nein, die sind GANZ NAHE BEINANDER! Nur unsere sprachlich getrennte Welt in Südtirol hat die "walschen" Rechten immer als Faschisten dastehen lassen. Die deutschen Rechten waren immer brave Tarroller...

Mo., 03.04.2017 - 20:20 Permalink

Dass Mair und Bonazza ausloten möchten in wie weit es möglich sei eine Kooperation einzugehen halte ich für ausgeschlossen. Sie mögen sich sympatisch finden und vieles gemeinsam haben aber das ethnische Vorzeichen macht diese beiden grundsätzlich Inkompatibel. Es würden einfach zuviele Konfliktpunkte entstehen.
Auch wenn ein paar auf facebook das gut finden, würde so was nicht funktionieren können, weil den Freiheitlichen die Kernklientel wegbrechen würde.

Ich sehe die Freiheitlichen durchaus kritisch, denn in ihrem Dunstkreis (wie auch bei STF und BU) tummeln sich Braungesinnte, doch würde ich die Freiheitlichen/FPÖ und Casa Pound nichtgleichsetzen.
Die einen sind eine rechtpopulistische Partei mit Überlapungen zum rechtsextremen Milleu, die andern bezeichnen sich selbst als Faschisten. Casa Pound würde besser zur NPD passen als zu den Freiheitlichen. Das bedeutet natürlich nicht, dass man viele Gemeinsamkeiten findet, doch gleichsetzen möchte ich diese beiden Gruppierungen nicht.

Di., 04.04.2017 - 04:44 Permalink
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gorgias

In einer Demokratie darf es keine Ausgrenzung geben.

Das sehe ich genauso. Doch wer keine Scheu hat mit Faschisten Brüderschaft zu trinken und zu fraternisieren, der hat sich bereits ein Stück weit vom demokratischen System entfernt.

Mo., 03.04.2017 - 15:15 Permalink

Mair kann niemanden mehr fähig machen, weder im salo(o)n noch sonst irgendwo....diese zeiten sind vorbei, der zenit überschritten und wohl auch der rubicon

von daher passt sie perfekt ins bild - nach egger, stocker, demanega eben mair

Mo., 03.04.2017 - 18:49 Permalink

Das T-Shirt dieses Herrn erinnert mich an ein Lied von Bad Religion. White Trash (2nd Generation). Irgendjemand muss da was falsch verstanden haben.

Mo., 03.04.2017 - 20:24 Permalink

Endlich mal was positives an der rechten Front. Die Ueberwindung des ethnischen Krampf ist ein langersehnter Wunsch auch vieler Gutbuerger. Es ist nur der erste Schritt. Es erinnert an Mc Guiness und Jan Paisley in Nordirland.
Schade das die leidtragenden dieser Revolution die Auslaender sind. Aber die sind aus Suedtirol nicht mehr wegzudenken und auch Bonazza und Ulli Mair werden mit immer mehr Sari und Kopfftuecher vorlieb nehmen muessen. So ist die Welt.

Di., 04.04.2017 - 09:40 Permalink
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Martin B.

Reden bzw. diskutieren/streiten ist eine Sache, miteinand feiern und kumpelhaft sein eine andere. Es ist erschreckend wie Ausländerhass solche Figuren kungeln lässt. Es wird interessant sein zu sehen wie der FH-Stammwähler diese und die weiteren zurückliegenden Ereignisse quittieren wird, bzw. ob wirklich wie in einem Kommentar angedeutet einige zur SF wechseln. Hoffentlich bleibt das Kapitel CP im Landtag geschlossen.

Di., 04.04.2017 - 23:41 Permalink