„Das ist schlichtweg Schwachsinn“
Herr Radermacher, Sie sind Mitentwickler und Initiator des Klimaneutralitätsbündnis 2025 in Vorarlberg, das nun auch nach Südtirol weitergetragen wurde. Südtiroler Unternehmen verpflichten sich auf freiwilliger Basis, ihre CO2-Emissionen zu neutralisieren. Bringe ich die wichtigste Aufgabe des Bündnisses so richtig auf den Punkt?
Der entscheidende Punkt dabei ist noch, dass die Unternehmen ihre CO2-Emissionen überall dort, wo sie es nicht materiell vor Ort schaffen, durch eine globale Kompensation ausgleichen. Und das hat eine besondere Bedeutung.
Warum?
Weil wir das Klimaproblem vor allem in den armen Teilen der Welt lösen müssen. Und weil wir eben ganz viel CO2 aus der Atmosphäre herausholen müssen, in Form der sogenannten Negativ-Emissionen. Das kann zum Beispiel durch Wiederaufforstung geschehen. Als extrem wirkungsvoll hat sich auch die massive Bildung von Humus in der Landwirtschaft erwiesen, da Humus sehr viel CO2 bindet.
Doch ist es nicht nur der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein, wenn nun wie bei uns in Südtirol eine Handvoll Unternehmen ihre Emissionen durch ein paar Bäume mehr im Regenwald ausgleichen? Also kann das der Weg sein, um unser Klimaproblem zu lösen?
Dafür müssen natürlich viele Wege gegangen werden, doch dieser Weg hat ein enormes Gewicht. Wir haben zum Beispiel in Deutschland mittlerweile auch Unternehmen in der Mineralölwirtschaft, die freiwillig auf Klimaneutralität setzen. Konkret sind das 22 mittelständische Unternehmen der AVIA-Gruppe, die für insgesamt rund 360 Millionen Liter verkauftes Heizöl weltweit in Projekte zur entsprechenden CO2-Reduktion investieren. Das heißt, rund zwei Prozent des jährlich benötigten Heizöls in Deutschland wird ohne Aufpreis für den Verbraucher klimaneutral gestellt. Das allein bringt eine CO2 -Ersparnis von über einer Million Tonnen.
Warum aber sollen Unternehmen so etwas freiwillig machen? Haben nicht der Staat, hat nicht die internationale Gemeinschaft die Aufgabe, durch Gesetze und Abkommen wie zuletzt jenes von Paris dafür zu sorgen, den Klimawandel in den Griff zu bekommen?
Die Politik kann sich seit 20 Jahren nicht auf wirkliche wirksame Maßnahmen einigen und das zeigt sich auch beim Pariser Abkommen. Man verfolgt dabei zwar hohe Ambitionen, wie die Begrenzung der globalen Erwärmung auf unter 2 Grad. Tatsächlich reichen die materiellen Zusagen aber nur für 4 Grad. Das, was rechtlich bindend ist, hat also überhaupt nichts mit dem Ziel zu tun, das man verfolgt. Gerade deshalb müssen wir die Lücke von einigen 100 Milliarden Tonnen bis zum Jahr 2050 anders schließen.
Das Problem ist also nicht von oben zu lösen?
Nein, denn die Regierenden werden zu einem großen Teil nicht einmal die Versprechen einhalten, die sie gemacht haben. Das kostet alles eine Unmenge an Geld, und das muss erst einmal irgendjemand bezahlen. Die Lösung liegt deshalb meiner Überzeugung nach darin, dass reiche Leute freiwillig viel bezahlen ohne politisch dazu gezwungen zu werden.
Und wie bringt man reiche Leute dazu, freiwillig viel Geld ins Klima zu investieren?
Indem man ihnen vor Augen führt, dass das, was auf sie zukommt, wenn das Klimaproblem nicht gelöst wird, viel schlimmer ist. Zum Beispiel indem eine Migration aus Afrika im ganz großen Stil stattfinden wird. Und deshalb werden immer mehr Firmen und Menschen ihre Aktivitäten klimaneutral gestalten.
Weil auch sie zumindest langfristig davon profitieren?
Und wie! Beim Weltwirtschaftsforum in Davos wurden in diesem Jahr die Probleme rund um das Klima und die sich öffnende Schere als die größte Bedrohung der Freiheit und der offenen Weltmärkte bezeichnet. Wenn wir diese Bedrohung abwehren wollen, müssen wir Wohlstand nach Afrika bringen und wir müssen das Klimaproblem lösen. Beides ist letztendlich auch gut für uns selber.
Doch es gibt auch jede Menge andere Klima-Initiativen, Investitionen in Energieeffizienz, E-Mobility... Warum werten Sie solche Bemühungen in Ihren Schriften und Vorträgen als Klimaplanwirtschaft ab?
Weil wir für all diese Maßnahmen unendlich viel Geld ausgeben, aber sie fast keinen Klimaeffekt haben.
Das allseits propagierte Klimahaus hat keinen Klimaeffekt?
Ich habe in Deutschland für einen Bundesverband der Bauwirtschaft untersucht, was die energetische Sanierung von sieben Millionen Wohnungen bringt. Der Klimaeffekt besteht in 16 Millionen Tonnen Co2-Einsparung, das entspricht bei uns den Emissionen von einem halben größeren Kohlekraftwerk. Doch um sieben Millionen Wohnungen zu sanieren, zahlt man sich wirklich dumm und dämlich - und der Klimaeffekt ist weniger als ein Kohlekraftwerk.
Das heißt, wir sollten das gesamte Thema Energieeffizienz hinterfragen?
Sie können das alles aus energetischen Gründen tun so ausgiebig Sie wollen. Aber bitte nicht wegen des Klimas und schon gar nicht in Form eines politischen Zwangs. Denn all diese Vorschriften zur Energieeffizienz mögen zwar wirtschaftlich vielen Unternehmen Geld bringen. Gleichzeitig haben sie aber auch soziale Auswirkungen, weil infolge dieser Investitionen die Preise für Wohnraum hinaufgehen, Menschen aus ihren Wohnungen hinaus müssen, weil sie die Miete nicht mehr bezahlen können.... Wir lösen also mit dem Argument Klima eine ganze Kette an Konsequenzen aus – obwohl diese Maßnahmen überhaupt keinen nennenswerten Klimaeffekt haben.
Doch diese Green Economy, neue Entwicklungen in Bereichen wie Solarthermie oder E-Mobility sind eben auch ein Wirtschaftsmotor...
Ach, das sehe ich total kritisch. Die gesamte Photovoltaik-Geschichte spielt sich mittlerweile in China ab, bei uns haben wir gerade die nächste Millionen-Pleite in diesem Bereich. Ich persönlich bin froh darüber, dass die Panels nun günstig sind, das hilft in China, das hilft in Bangladesch. Aber man sieht sofort: Photovoltaik bringt uns dort weiter, wo kein Netz ist, aber immer die Sonne scheint, nicht dort, wo Netze sind und keine Sonne scheint. Und das wird mit dem Elektroauto dasselbe sein. Wir gefährden unsere Automobilindustrie und haben nicht einmal genügend Strom für diese Elektroautos. Was da im Moment alles angedacht wird, ist schlichtweg Schwachsinn.
Auch in Südtirol gibt es teilweise wöchentlich Vorstellungen von neuen E-Mobility-Initiativen. Und dann kommt ein Professor Radermacher und sagt, das ist Schwachsinn?
Ich sage, der Glaube daran, dass wir das Klimaproblem lösen, indem wir unsere Autos in Elektroautos verwandeln, ist Schwachsinn. Es wird allerdings ohnehin nicht so weit kommen, denn bei uns gibt es ja kaum Elektroautos. Die Leute selbst erkennen das Problem sofort. Die Dinger sind ganz teuer, die ganze Sache mit dem Strom ist viel zu schwierig, bei den Batterien wissen wir nicht, wie giftig die sind und wie wir ihre Entsorgung hinbekommen sollen. Ja, und auch die Arbeitsplatzproblematik hinter diesen Elektroautos hat noch keiner richtig durchdacht.
Weil Deutschland seine Autoindustrie gefährdet, wie Sie sagen?
Nicht nur Deutschland. Wir kriegen dann ganz andere Autos und bei diesem ganzen Theater im Moment geht es vor allem darum, dass andere Leute die Märkte wollen, die derzeit unsere sind. Konzerne wie Google, Amazon und Facebook würden sich eben am liebsten auch noch das Auto unter den Nagel reißen. Aber dafür brauchen sie ein anderes Auto, deshalb muss es elektrisch sein und intelligent und selber fahren. Doch was das bedeutet und wer dafür den Preis zahlt, das wird alles nicht thematisiert.
Gehen wir zurück zu Lösungen, die Sie als sinnvoll erachten. Was brauchen wir also statt E-Cars und energetischer Sanierung?
Zum Beispiel synthetische Kraftstoffe, also klimaneutrale Kraftstoffe, die wir über den Umweg Methanol herstellen könnten, wenn wir das Potential nutzen würden, in Afrika enorm billige Solarenergie herzustellen. Man spricht hier von einer Power-to-Liquid-Technologie. Solche Technologien brauchen wir, um den Wohlstandszuwachs in den armen Ländern der Welt klimaneutral zu gestalten.
Ist es nicht naiv zu glauben, dass wir nun plötzlich ärmeren Ländern teuer entwickelte Technologien zur Verfügung stellen sollen? Die Praxis bisher gibt dafür wohl wenig Hoffnung....
Es wäre einfach auch für uns von Vorteil, denn wir haben weit mehr davon, dafür zu sorgen, dass dieser Wohlstandszuwachs klimaneutral passiert als bei uns alle Häuser und Autos umzubauen. Das ist ein Weg der Geldvernichtung. Wenn wir anderen Ländern dagegen Technologien zur Verfügung stellen, die wir bereits haben oder fähig sind zu entwickeln, führt das letztenlich zu mehr Geld.
Und wir retten ganz nebenbei unseren Planeten?
Genau. Wir retten uns klimamäßig und verdienen auch noch daran.
Klingt nach
Klingt nach Verschwörungstheorien rund um das E-Auto....
Dass Amazon und Facebook sich das E-Auto unter den Nagel reißen wollen wäre neu. Sicher werden sie nach Möglichkeiten suchen, irgendwie mitverdienen zu wollen. Das ist dann aber wohl eine andere Geschichte. Übrigens sind die nicht die Amerikaner bei der Elektromobilität führend, wobei dieser Irrtrum wohl auf den Tesla-Effekt zurückzuführen ist. Vielmehr ist es hier China, das hier gehörig Gas gibt.
Herr Rademacher spricht davon, dass " andere Leute die Märkte wollen, die derzeit unsere sind". Dass nach vielen Jahren die Karten neu gemischt werden. Man nennt dies Innovation. Das Konzept der synthetischen Kraftstoffe ginge damit vor allem in die Richtung, den Status Quo der deutschen Automobilindustrie nach dem Konzept des Verbrennungsmotors zu verteidigen. Wie es aussieht hat die deutsche Automobilindustrie sich lange auf ihren Lorbeeren ausgeruht und einige Entwicklungen nicht konsequent genug verfolgt (was bei großen Konzernen nach kurzfristigem Shareholder-Value-Denken in der Natur der Dinge liegt).
Antwort auf Klingt nach von Marcus A.
Dazu wird nicht erwähnt wie
Dazu wird nicht erwähnt wie es mit der deutschen Autoindustrie vorangeht. Immer mehr Zulieferer werden von den enormen Druck aus dem Markt geworfen, immer mehr wird in den sogenannten "neuen Märkten" im Osten zu Dumpingpreisen produziert. Wenn das so weitergeht bleiben in Deutschland und den alten EU-Ländern ein Paar Designer, Werbefuzzys und natürlich die Unis übrig. Von wegen Arbeitsplätze retten, da lachen doch die Hühner.
Eine Millionenpleite im
Was Elektroautos betrifft stellt sich die Frage, woher der ganze Strom für den Antrieb überhaupt kommen soll? Es stellt sich auch die Frage, wie die Entsorgung von Elektroautos ausschaut (Stichwort Elektroschrott)? Was die Herstellung betrifft stellt sich die Frage, ob es überhaupt genügend Rohstoffe gibt (Stichwort seltene Erden). Ein paar Elektoautos und ein paar Solaranlagen sind sicher eine gute Idee, doch als Allheilmittel gegen den Klimawandel sind sie Schwachsinn.
Klimaschutz: das Binden von CO2 im landwirtschaftlichen Boden durch Humus oder im Wald ist sicher ein Ansatz, der tatsächlich nachhaltig ist und auch in der Zukunft als nachhaltig bezeichnet werden kann.
Antwort auf Eine Millionenpleite im von martin hilpold
Es wäre schlichtweg unmöglich
Es wäre schlichtweg unmöglich von heute auf morgen jedes Auto, jeden Laster und jeden Bagger mit Strom zu versorgen, aber mit der Zeit sollte das kein Problem sein mehr Strom zu produzieren und vor allem den produzierten Strom besser zu speichern. Das gleiche gilt für die Entsorgung von Elektroschrott welcher wie jeder Müll recycelt werden kann, durch technische Deflation wird das mit der zeit auch immer billiger. Was die seltenen Erden anbelangt wissen die meisten nicht, dass diese genauso in Benzin/Diesel-Fahrzeugen genutzt werden, einer Seits für die ganze Elektronik, anderer Seits für die ganzen kleinen elektrischen Motoren und Motörchen die auf Permanentmagnete angewiesen sind. Elektroautos und Solaranlagen sind kein Allheilmittel, aber für eine sauberere Luft und ein Nachhaltigen Umgang mit Ressourcen auf jeden Fall besser als Diesel und Benzin.
Aber endlich sagt mal jemand
Endlich sagt mal jemand in der Öffentlichkeit was Kritisches zum forcierten Hypertrend des Klimahauses! Wieviel Emissionen produzieren denn die energetischen Renovierungsarbeiten selbst?