Politik | Impfzwang

„Wir sind keine Befehlsempfänger“

SVP-Senator Hans Berger über das Impfdekret, die Protestmails der Gegner, Beschimpfungen, harte Antworten und seine Hoffnung noch etwas zu ändern.
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Foto: Suedtirolfoto.com / Othmar Seehauser
Salto.bz: Herr Senator Berger, Sie und die Südtiroler Parlamentarier wurden und werden mit Protest-Mails von Impfgegner bombardiert und beschimpft. Sind Sie überrascht?
 
Hans Berger: So etwas passiert in Rom eigentlich sehr oft. In diesem Fall ist es so, dass die Mails und Beschimpfungen aus Südtirol stammen. Bei anderen Themen bekommen wir solche Mails von Organisationen auf Staatsebene und auf Italienisch. Zum Impfdekret erhalten wir die Zurechtweisungen oder wie man das immer nennen will, jetzt von deutschsprachigen Mitbürgern. Manchmal sind diese Botschaften wirklich nicht sehr vornehm und in angenehmer Form geschrieben.
 
Sie haben aber ebenso gesalzen zurückgeschrieben?
 
Ich habe zusammen mit den Kollegen Karl Zeller und Francesco Palermo ein Antwortschreiben verfasst, das wir gemeinsam verschickt haben, damit nicht jeder einzeln auf Dutzende von Schreiben antworten muss. Auf dieses Antwortschreiben sind dann wieder Reaktionen gekommen, die sehr polemisch waren. Unter anderem auch Aussagen, dass man uns vorschreiben möchte, was wir in Rom zu tun haben...
 
Sie haben dann einer Südtiroler Impfgegnerin zurückgeschrieben: „Die Parlamente sind nicht gerade als Befehlsempfänger der Südtiroler Impfgegner zu betrachten.“
 
Das stimmt so auch. Wir sind keine Befehlsempfänger. Ich vertrete das Interesse der Mehrheit der Südtiroler Bevölkerung und nicht die Interessen von einzelnen Menschen, die man aufgrund ihres fundamentalistischen Gedankengutes zu einer Minderheit rechnen muss.
„Ich vertrete das Interesse der Mehrheit der Südtiroler Bevölkerung und nicht die Interessen von einzelnen Menschen, die man aufgrund ihres fundamentalistischen Gedankengutes zu einer Minderheit rechnen muss.“
Auch die SVP sieht das neue Impfdekret durchaus problematisch. Wäre es nicht gescheiter gewesen, wenn sich die Südtiroler Senatoren bei Abstimmung über die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung der Stimme enthalten hätten?
 
Die Verfassungsmäßigkeit dieser Maßnahme wird sicher noch in Frage gestellt werden. Spätestens wenn dieses Dekret in ein Gesetz umgewandelt wird und es zur Anwendung kommt, wird sich jemand ans Verfassungsgericht wenden. Vorher aber hat noch der Staatspräsident die Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen. Man wird sehen was er tun wird. Wir als Gruppe haben eine Vereinbarung mit der Regierung und gehören zur Mehrheit. Deshalb hätte uns - wenn schon - die Partei vorschreiben müssen, dass wir in diesem Punkt gegen die Regierung stimmen müssen. Ansonsten vertreten wir unsere Meinung in der Gruppe.
„Wir stehen mehrheitlich für diese Maßnahme, aber auch gegen die Sanktionen und gegen die drastischen Zwangsmaßnahmen wie den Entzug des Sorgerechtes.“
Und die lautet: Für das Impfdekret?
 

Wir stehen mehrheitlich für diese Maßnahme, aber auch gegen die Sanktionen und gegen die drastischen Zwangsmaßnahmen wie den Entzug des Sorgerechtes. Aus diesem Grund haben wir auch eine ganze Reihe von Abänderungsanträgen eingebracht, die ab Dienstag in der zuständigen Kommission behandelt werden.
 
Das heißt, Sie fühlen sich dem Beschluss des Südtiroler Landtages verpflichtet?
 

Auf jeden Fall. Unsere Abänderungsanträge zielen darauf ab, diese drastischen Maßnahmen abzuschwächen und bestimmte Passagen des Dekretes ganz zu streichen. Wir richten uns damit genau nach dem Begehrensantrag, den der Landtag verabschiedet hat. Politik ist immer die Kunst des Machbaren. Wir müssen jetzt schauen, was wir durchbringen werden.
„Ich hätte mir eine Diskussion auf einem etwas anderem Niveau gewünscht“
Die Stimmung zum Impfdekret ist auch in Rom sehr aufgeheizt?
 
Am Donnerstag war ich bei der ersten Kommissionssitzung. Dort hat man breit und kontrovers diskutiert. Dabei kam heraus, dass zu den bereits eingereichten Abänderungsanträgen, auch von den Regierungsparteien selbst noch Abänderungsvorschläge kommen werden. Man will das Dekret deutlich abschwächen. Auch die Gesundheitsministerin scheint durchaus gewillt zu sein, in manchen Dingen einen Schritt zurück zu machen. Ich finde, dass das gut, richtig und notwendig ist.
 
Sie sind zuversichtlich, dass man das Dekret deutlich entschärfen kann?
 
Es gibt quer durch alle Parteien Abänderungsanträge, die in diese Richtung gehen. Es wird deshalb ganz sicher eine massive Änderung dieses Vorschlages geben. In welchem Ausmaß wird sich in der nächsten Woche in der Kommission dann zeigen.
 
Verstehen Sie, dass die Emotionen bei diesem Thema auch in Südtirol so hoch gehen?
 
Das war eigentlich zu erwarten. Auch weil das Impfthema seit langem in Südtirol ein sehr emotionales Thema ist. Lange bevor diese neue Impfpflicht zur Diskussion stand. Die Impfdiskussion bewegt Südtirol. Deshalb habe ich mir eine kontroverse Diskussion auch erwartet. Was ich mir aber gewünscht hätte: Eine Diskussion auf einem etwas anderem Niveau.