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Die Tabakreform im Vaterland

Wie ein Land des Fortschritts derart antiquiert agieren kann und sich dem Hausverstand widersetzt.

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Foto: apothekenwissen.de

Immer wieder gern kehrt man ein in die Wiener Gaststuben, deren betörende Rauchschwaden täglich tausende Besucher anlocken, welche im Schein des Nebels der vermeintlichen Raucherräume ihre Stummel zählen und sich fröhlich mit giftigen Substanzen vollpumpen.  Dazu ein kühles Bierchen, vielleicht auch zwei. Als Nachtisch noch ein paar Klare. Wie wär‘s mit einem Kaffee? Es könnt‘ so leiwand sein, so reichhaltig, das Leben in Österreich.

Und doch trübt eine äußerst dumme Verordnung die Stimmung. Ein Verbot, das sich von Irland aus wie ein Geschwür über ganz Europa ausbreitet und nun nach langem Kampf auch Österreich zu bedrohen scheint. Überall gibt man sich der Wissenschaft geschlagen, glaubt dubiosen Studien schier blind. Nur Österreich, ein tapferes, bald von Blauen mitregiertes Land widersetzt sich lange vehement. Ohne Erfolg, wie es schien. Doch das im Frühjahr 2018 in krafttretende Unheil soll nun doch wieder abgewendet werden. Von eben dieser baldigen blau-in-all-ihren-Farbtönen-Regierung. Heinz Christian Strache, Chef der FPÖ und bekennender Anhänger der „Tschick“, ist sich (noch) keiner Gefahr bewusst, unterschätzt vielleicht das mögliche Rauchverbot. Er gibt sich siegessicher: „Das Bild der Zigarette als gesundheitsschädliche Droge ist ein Produkt der öffentlich-rechtlichen Lügenpresse. Sie ist in ihrer Reichhaltigkeit an Inhaltstoffen fast als Nahrungsergänzungsmittel zu empfehlen. Außerdem hat das Rauchen in Österreich Tradition, ein Brauch für Jung und Alt. Nun liegt es an uns, diese als solchen zu wahren und unsere Heimat lebenswert zu erhalten.“ Außerdem sei er ein Gegner der neumodischen E-Zigarette, welche nun seit geraumer Zeit auf den österreichischen Markt drängt. Die „Immigration“ der elektronischen Zigarette müsse gestoppt werden, sie bedrohe unsere Traditionen, so Strache. 

Dass ein Rauchverbot in anderen Ländern mittlerweile zur Normalität gehört und sogar von treuesten Anhängern der Kettenraucher-Szene toleriert wird, stößt in Österreich auf taube Ohren. Weder die Gastbetriebe tragen finanzielle Einbußen davon, noch werde das oft genannte Rentensystem davon in Mitleidenschaft gezogen (für dessen Scheitern gibt es wohl andere Gründe), welches angeblich von Rauchern und deren frühem Tod profitiere. Nicht zu vergessen die vielen Passivraucher, die sich am Qualm anderer erfreuen dürfen. Wie geht es ihnen wohl außerhalb Österreichs, wo ihnen kein Rauchgenuss mehr zum Nulltarif geboten wird? Wie schmeckt wohl so ein Wiener Schnitzel ohne die kräftigen Noten von Blei, Nickel und Teer?

Es ist wahrlich ein Horrorszenario, ganz gleich ob für Raucher oder Nichtraucher, Gastwirt und Politiker. Doch es ist noch nicht zu spät, wie sich zeigt. Im Vertrauen darauf, dass man sich auf höchster, politischer Ebene noch auf einen Kompromiss einigt und endlich nervtötende Nichtraucher und Gegner der Kippe aus sämtlichen Lokalen verbannt, darf man gespannt auf die weiteren Entwicklungen in der Causa Rauchverbot warten.

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gorgias Di., 12.12.2017 - 03:43

Es gibt einen viel ärgerlichen Punkt. Die FPÖ hat sich bis vor kurzem sehr kritisch gegenüber CETA/TTIP geäußert. Ein Bundespräsident Hofer, so wurde versprochen, hätte ohne Volksbefragung für die Ratifizierung eines EU-Freihandelsabkommen kategorisch mit Veto gedroht.
Jetzt ist die FPÖ diesen bescheuerten Kuhhandel eingegangen, wo man für eine am Ende unbedeutende Fristverlängerung für eine nachhaltige Änderung der Rechtskultur getauscht hat.
Das ist für mich der größere Skandal.

Di., 12.12.2017 - 03:43 Permalink