Politik | Es reicht jetzt

Süd-Tirol ist nicht Südtirol!

Ein sehr doofes Plakat derer von minus-Tirol und/oder vom Südtiroler Heimatbund hat gestern meinen Ärgerinstinkt angefacht.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Tanke
Foto: Armin Mutschlechner

Dieses Plakat hängt, wie den Seiten der Südminustiroler entnommen werden kann, tatsächlich in der Hauptstadt ihres Vaterlandes, und dankt diesem für die Möglichkeit (! bauernschlau ausgedrückt, übrigens, denn woher wollen die das wissen?) – „bald schon wieder den Pass unseres Vaterlandes zu bekommen.“

Allein dieses „unser“ wäre ja schon der unerlaubten und unzulässigen Vereinnahmung mehr als genug, denn: Deren „unser“ ist nicht mein „unser“; Österreich ist mein Vaterland nicht (wer braucht schon ein Vaterland?), und ich will – brauche! – auch keinen weiteren Pass. Einer reicht völlig. So viel reisen können in einem Leben wohl nur wenige mehr als eine Handvoll Südtirolerinnen, als dass der Türöffner eines einzigen Staates nicht mehr als ausreichend wäre (in welchem Sinne ja sowieso der italienische Pass um ein paar Schattierungen wertvoller ist als der österreichische). Und ja, ich weiß, dass ich nicht die einzige bin, die diese Forderung nach einem zweiten Pass derer von minusTirol samt Gefolge und Umfeld wahrnimmt wie das lästige Summen und Stören einer fetten Stubenfliege im Hochsommer: Sehr irritierend. Und völlig sinnlos.

An welcher Stelle zwingend die Frage gestellt zu werden hat: Wer gibt denen von Süd-Tirol und oder deren Heimatbund überhaupt das Recht, so zu tun, als spreche man dort für ganz Südtirol? Mich hat man nie gefragt, ob ich damit einverstanden bin, möglicherweise mitgemeint zu werden; ob ich Zeit und Lust habe, von ebenso uninformierten wie uninteressierten Fremden - die nicht nur den Unterschied zwischen Südtirol und Südminustirol nicht einmal ansatzweise kennen! -, gefragt zu werden, ob ich denn jetzt auch einen österreichischen Pass wolle: Ob ich mich als Österreicherin fühle oder als Bayerin oder vielleicht auch „nur“ als Deutsche, im großdeutschen Sinne. Oder, je nach Seite, als Italienerin, im grenznationalen Sinne.

Nein will ich nicht. Nein tue ich nicht. Wer überhaupt will solche dämlichen Fragen gestellt bekommen? Und sie beantworten müssen? Und sei es „nur“, um das individuelle Recht zu verteidigen, eine individuelle Person zu sein, die im Rahmen der großen, gemeinsamen Geschichte (die sich ja, und auch das hat endlich an-erkannt zu werden, keineswegs auf alle von ihr Betroffenen gleichermaßen ausgewirkt hat und weiterhin auswirkt!) auch eine individuelle Geschichte hat, und sowieso eine individuelle Meinung.

Nein, diese freche Vereinnahmung, auf Plakatwänden in Österreich und in Rom, in Fernsehsendungen, hüben wie drüben, auf Bannern in Katalonien, und in Schottland, kurz: in und auf der politischen Werbung und Agenda derer von minusTirol samt Gefolge ist schlicht und ergreifend nicht zulässig. Man hat dort kein Recht, überhaupt gar keins, die eigene kleine Sache, also die Sache von ein paar Versprengten aus ein paar Südtiroler Tälern und Ortschaften, zu einer Sache des ganzen Landes zu machen.

Doch damit nicht genug, der Unerhörtheiten.

Wer nämlich (hoffentlich sind’s wenige!) sich die Mühe macht, auf besagtem Plakat sich bis zu dessen unteren Rand durchzuarbeiten (mühevoll! des innerlichen Brodelns wegen! Am liebsten würde man sich ja nämlich einfach nur von diesem Plakat und seinen Hintergründen ab- und etwas Vernünftigem zuwenden), die liest dort wahrlich Ungeheuerliches, nämlich eine Adresse zu einer Webseite derer von minusTirol samt Heimatbund im Gefolge, die da geht: suedtiroler-freiheitskampf. Hier übrigens, man beachte: Südtirol ohne Minus.

Das nun schlägt dem Fass den Boden aus. Das ist eine Verhöhnung, eine grenzwertige Verächtlichmachung aller Menschen, Volksgruppen und Völker, die einen wirklichen, einen echten Freiheitskampf führen, gegen Unterdrückung und Not, bis hin zum Tod. Das geht gar nicht, und hat aufzuhören. Mögen sie ihre „Politik“ betreiben, mögen sie für ihre Sache kämpfen, aber: Mögen sie dabei korrekt bleiben. Mögen sie sich auf sich beschränken. Und mögen sie, nicht zuletzt, den echten Freiheitskämpfer_innen den ihnen - und nur ihnen! - zustehenden Respekt zollen, statt deren Kampf zu entehren, indem sie sich zu Freiheitskämpfer_Innen (!) erhöhen, bzw. jene zu Zündlern erniedrigen.

Und ja, ich würde mir wünschen, dass endlich das offizielle/öffentliche Südtirol diesem unzulässigen bis schändlichen Treiben der paar Versprengten ein Ende bereitet, indem klipp und klargestellt wird, öffentlich und nachhaltig:

Süd-Tirol ist nicht Südtirol!

Notabene: Das Titelbild ist eine Arbeit von Armin Mutschlechner: seine Reaktion auf besagte Plakataktion. Ich verwende es hier mit der freundlichen Genehmigung des Autors.