Gesellschaft | Skandal

Die Negersklaven

Eine Lehrerin verteilt in einer Mittelschule an ihre Schüler ein Skriptum voller rassistischer Ausdrücke. Bozen, im Februar 2018.
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Foto: upi
Es ist eine Geschichte, die unglaublich klingt. Man glaubt sich fünfzig Jahre zurück in die Vergangenheit versetzt.
Doch spielt sich das Ganze nicht in den düsteren sechziger Jahren, sondern im Februar 2018 ab. Mitten in Bozen. An einer deutschsprachigen Mittelschule.
In der dritten Klasse macht man im Unterricht in Geographie und Geschichte gerade die Vereinigten Staaten von Amerika durch. Die Lehrerin verteilt dazu an alle Schüler und Schülerinnen ein mehrseitiges Skriptum. Die Schüler sollen daraus für den Test lernen. Schaut man sich dieses hektographierte Skriptum allerdings genauer an, so stehen einem die Haare zu Berg.
So heißt es auf Seite 3:
 
“Die Negerbevölkerung: Die ersten Neger kamen 1619 als Sklaven auf die Tabak- und Zuckerrohrplantagen der Südstaaten. Als die Nachfrage nach Baumwolle ständig stieg, führte man aus Afrika mehr und mehr Negersklaven ein.“
 
Neger? Negerbevölkerung? Negersklaven?
Eine rassistischere Wortwahl ist wohl kaum mehr möglich. Und das ausgerechnet in einem Lehrbehelf, der Schülern von einer Lehrkraft in der dritten Mittelschule ausgehändigt wird.
Der langgedienten Lehrperson, die diese Zeilen recht ungeniert fotokopiert und verteilt - mit größter Wahrscheinlichkeit seit Jahren - scheinen wenigstens ein paar kleine Zweifel gekommen zu sein. Denn die Akademikerin hat - ohne den Text zu verändern - dort wo “Neger” steht, das Wort durchgestrichen und handschriftlich “Schwarze” darüber geschrieben.
 
 
Damit dürfte sich am handfesten Skandal aber kaum etwas ändern.
Denn der Vorfall wirft auch ein bezeichnendes Licht auf die Südtiroler Schulwelt. Wie kann eine Mittelschulprofessorin in ihrem Unterricht eine solche Wortwahl gebrauchen und niemandem an der Schule fällt es auf? Schauen Kollegen, Direktoren, Inspektoren und Schulamt hier weg?
Auch die Eltern scheinen entweder zerstreut zu sein oder sich der Autorität der Lehrpersonen zu beugen. Nur so ist erklärbar, dass dieser Text ohne Beanstandungen kursieren kann.
Denn das Skriptum der Lehrerin ist nicht nur in der Wortwahl ein Wahnsinn. Auch inhaltlich ist er mehr als nur disgustös.
So wird in dem Text auch das Ende der Sklaverei in den Südstaaten beschrieben. Es heißt wörtlich: 
 
“Bis zur Aufhebung der Sklaverei wurden rund Dreiviertel Millionen Schwarze aus Afrika in die USA eingeführt (1863). Ihre Befreiung, nach dem für die Südstaaten verlorenen Bürgerkrieg (1861 - 65), schaffte für die Plantagenbesitzer große Probleme.”
 
Schwarze werden “eingeführt” und das Einzige was zum Ende der Sklaverei in den Südstaaten steht, sind die “Probleme der Plantagenbesitzer”. Und das von einer Lehrperson.
Entschuldbar dürfte das wohl kaum sein.
Außer man hat in den Mittelschulen der Landeshauptstadt ein neues Fach eingeführt: Grundlagen des Rassismus.