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Streit um Perathoner

Die Bozner Freiheitlichen haben ihre Ortsgruppe nach dem ehemaligen Bozner Bürgermeister Julius Perathoner benannt. Perathoners Nachfahren wehren sich dagegen.
Perathoner, Julius
Foto: Gemeinde Bozen
Astrid Perathoner ist zäh. Die Bozner Physiotherapeutin war Profi-Triathletin und startete jahrelang im Welt- und Europacup. Diese Frau hat keine Angst.
So marschierte sie am Mittwoch, den 28. Februar ins Bozner Batzenhäusl. Dort stand die „Die Blaue Nacht in Bozen“ auf dem Programm. Es war der Titel für die Gründungsversammlung der Bozner Ortsgruppe der Südtiroler Freiheitlichen.
Astrid Perathoner kam an diesem Abend aber nicht aus politischer Sympathie. Ganz im Gegenteil. „Ich finde es eine Frechheit, dass diese Leute sich über eine Toten profilieren wollen“, ärgert sie sich noch heute. Ende Februar im Batzenhäusl wurde Perathoner noch deutlicher. Vor allem gegenüber Otto Mahlknecht. Der Gründer und Obmann der Bozner Freiheitlichen versteht die Welt nicht mehr. „Die junge Frau scheint die Geschichte nicht richtig zu kennen“, entgegnet der Bozner Anwalt leicht spöttisch.
Doch so einfach dürfte es nicht sein.


Unlautere Namensgebung

 
Otto Mahlknecht bediente sich bei der Gründung der blauen Ortsgruppe einer bekannten historischen Persönlichkeit. Der blaue Anwalt benannte die Ortsgruppe nach dem letzten deutschen Bürgermeister von Bozen Julius Perathoner (1849-1926). Der Namen und das Konterfei Perathoners schmücken seitdem fast alle Aussendungen und Einladungen der blauen Bozner Truppe.
Kurz nach der Gründung erklärte der Freiheitliche Generalsekretär Florian von Ach: „Bozen als Landeshauptstadt hat immer schon eine über ihre Grenzen hinausstrahlende Bedeutung gehabt, deshalb freuen wir uns, dass nun junge Freiheitliche in die Fußstapfen des Julius Perathoner treten, des letzten deutschen Bürgermeisters von Bozen, der bekanntermaßen ein Freiheitlicher war.“
 
Es war genau der Punkt, den Astrid Perathoner Ende Februar im Bozner Batzenhäusl, Otto Mahlknecht verbal um die Ohren schlug. Perathoner ist die Urenkelin von Julius Perathoner. „Diese Herren verwechseln liberal mit freiheitlich“, sagt Astrid Perathoner und fügt hinzu: „Ich bin politisch nicht aktiv, aber ich bin absolut gegen diese unrechtmäßige Verwendung des Namens meines Urgroßvaters“.
Perathoner steht damit nicht allein da. „Unsere ganze Familie ist dagegen“, sagt sie. Ihr Vater, Michl Ivo Perathoner, ein Enkel des ehemaligen Bozner Bürgermeister sieht es ähnlich. Auch der Unternehmer und Urenkel Thomas Perathoner. „Mir gefällt es gar nicht, dass diese braune Truppe einfach den Namen meines Urgroßvaters hernimmt“, ärgert auch er sich. Thomas Perathoner hat das Otto Mahlknecht, den er seit Kindheitstagen kennt, auch klar gemacht.
 

Ein Freiheitlicher?

 
Otto Mahlknecht kann die ganze Aufregung nicht verstehen. Der blauen Fixstarter bei den Landtagswahlen im Herbst versucht einen gewagten Vergleich: „Das ist fast so, als käme eine Enkelin von Alexander Langer daher und würde behaupten er war nie ein Grüner“.
Mahlknecht, der sich seit langem mit der Bozner Geschichte beschäftigt, ist sich seiner Sache sicher. „Julius Perathoner war ein Freiheitlicher“, sagt er und legt salto.bz eine historische Abhandlung aus seiner eigenen Feder vor.
In dem Aufsatz heißt es:
 
„Die Freiheitlichen haben in Bozen eine große Tradition. Nach der Revolution von 1848 galt der Kampf auf staatlicher Ebene einem Gemeinwesen auf der Grundlage einer geschriebenen Verfassung und bürgerlicher Freiheitsrechte, später setzten sich die Freiheitlichen in der Stadt vor allem für eine Modernisierung und einen Ausbau der Infrastrukturen ein.
 
Sammelten sich die Bozner Freiheitlichen zuerst in der Deutschliberalen Partei, so war dies zum Ende des 19. Jahrhunderts die Deutschfreiheitliche Partei. Der Zusatz „Deutsch“ war deshalb notwendig, weil sich innerhalb Österreichs auch Nichtdeutsche in freiheitlichen Parteien organisierten, so etwa die Italiener in Welschtirol. Die wichtigsten Exponenten der Deutschfreiheitlichen waren Julius Perathoner und Wilhelm Greil (von 1896 bis 1922 Bürgermeister von Innsbruck).“
 
Julius Perathoner war von 1895 bis 1922 Bürgermeister von Bozen. Nach dem Ersten Weltkrieg schlossen sich die Deutschfreiheitliche Partei und die Tiroler Volkspartei im Oktober 1919 zum „Deutschen Verband“ zusammen. Julius Perathoner wurde so zum Vertreter des „Deutschen Verbandes“. Am 3. Oktober 1922 wurde Perathoner infolge des Marsches der Faschisten auf Bozen von der italienischen Regierung abgesetzt und durch einen kommissarischen Verwalter ersetzt.
 

Der Streit

 
Mein Urgroßvater war liberal, antiklerikal und ein Freund der Italiener“, sagt hingegen Astrid Perathoner. Die Urenkelin und ihre Familie gehen davon aus, dass Julius Perathoner nichts mit dem politischen Programm von Otto Mahlknecht & Co zu tun haben.
Sicher ist: Der politische Begriff „freiheitlich“ hat sich in den vergangenen 200 Jahren deutlich gewandelt. Spätestens mit dem Auftritt von Jörg Haider hat sich der liberale Flügel aus der FPÖ verabschiedet. Auch in Südtirol war es ähnlich. Mit dem Tod von Christian Waldner kam den Freiheitlichen auch hier jene bürgerlich-libertäre Gruppe abhanden, die sich am ehesten auf die Tradition der Liberal-Freiheitlichen à la Julius Perathoner berufen konnten.
 
Ob aber die Burschenschafter-Partei von Otto Mahlknecht und Florian von Ach weltanschaulich und politisch viel mit Julius Perathoner gemein hat, kann man wirklich bezweifeln. „Er war ganz sicher ein Freiheitlicher“, verteidigt Otto Mahlknecht die Namensgebung. Vor möglichen rechtlichen Schritten hat der Obmann der Bozner Freiheitlichen keine Angst. „Ich habe das mit der Familie geklärt“, sagt Mahlknecht zu salto.bz.
Astrid Perathoner sieht das anders: „Die ganze Familie findet diese Instrumentalisierung absolut nicht in Ordnung.“ Und man behalte sich weitere Schritte vor.