Politik | Männersachen

Über die Prioritäten...

... im wenig heiligen Land Südtirol
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Foto: LPA, Paolo Febre

Eines der Themen im heutigen Mittagsmagazin bei RAI Südtirol war das von der letzten Regierung eingeführte - sehr gescheite - Gesetz der fahrlässigen Tötung im Straßenverkehr. Im Beitrag sollte herausgefunden werden, ob die neue Norm Wirkung zeigte, oder sich, grundsätzlich, in einem veränderten Fahrverhalten der Verkehrsteilnehmer Ausdruck verschafft hätte. Dem scheint nicht so zu sein, was ja schon schlimm genug ist. Vermutlich sind die Strafen zu gering, oder hat sich die Information (noch) nicht ins Verkehrsgewissen derer, für die sie gemacht wurde, einprägen können. Zwei Jahre sind auch wirklich eine sehr kurze Zeit.

Aber es sollte noch schlimmer kommen.

Der zum Thema befragte leitende Oberstaatsanwalt, Giancarlo Bramante, erteilte bereitwillig und in schönstem Deutsch Auskunft, über die etwa 80 – in Buchstaben: achtzig! - Toten, die in den letzten drei Jahren fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr zum Opfer gefallen waren, mithin, so Bramante, ca. 30 „Tötungen“ pro Jahr.

Man stelle sich das einmal vor: bis zu 30 Menschen, die in einem Jahr ihr Leben lassen (müssen), wegen (noch einmal Bramante) „überhöhter Geschwindigkeit, Trunkenheit, Unaufmerksamkeit“. Ein Viertel dieser Straßenunfälle - welch freundliche Umschreibung! – passiert, wenig überraschend, im Zusammenhang mit Alkohol. (In Wahrheit passieren diese Unfälle natürlich nicht. Sie werden verursacht.)

Bramante schlägt mehr Kontrollen, aber auch mehr „Erziehung in diesem Bereich“ vor – für beides ist vermutlich weder das Geld noch der politische Wille vorhanden. Es geht hier schließlich, man verzeihe mir ein kurzes Auskeilen, um erstklassige Männerdomänen: Auto, Alkohol. Auf die Vernunft oder Fähigkeit zur Selbstkontrolle der autofahrenden Individuen scheint Bramante übrigens nicht viel zu geben - er weiß wohl, warum (mit schönen Grüßen an die „Liberalen“ „Libertären“ & Co.).

An dieser Stelle hätte ich jetzt gut und gerne (m)einen großen Schlusspunkt setzen können. Der Schrecklichkeiten wären’s ja schon genug gewesen, in diesen paar Zeilen, und wäre die Hoffnung vielleicht nicht ganz verwegen, dass doch der eine oder andere zu der nötigen Vernunft sich durchringen könnte - wenn da nicht, ja wenn da nicht diese kleine Stimme sich durch die Windungen meines Gehirns nach vorne gebohrt, und gefragt hätte,

wie es denn möglich sei, dass diese schrecklichen Tatsachen, die Zahlen, deren Urheber, und die Gründe für das alles, kein großes Thema seien, hier bei uns, im kleinen reichen Lande Südtirol?

Ich konnte diese lästige Stimme recht schnell zum Schweigen bringen. Das, sagte ich zu ihr, ist ganz einfach. Wir haben doch den Wolf, den wir verjagen müssen, und die Schafe, die beweint, und die Kälber, die bemitleidet sein wollen;

Und, sagte ich weiter zu ihr, wir haben auch noch die Flüchtlinge, die wir uns nicht leisten können, und ihre Frauen, mit den düsteren Gewändern, und der falschen Religion, 

denn siehst du, sagte ich zu der Stimme, sie alle könnten uns gefährlich werden, wenn sie in alkoholisiertem Zustand durch unser Land rasen, und unsere Einheimischen töten.

(Nachtrag, 18.8.2018): Der User (oder die Userin), der (die) hier auf Salto als "Tom Kofler" unterwegs ist, hatte "beanstandet", dass die im Mittagsmagazin genannten Zahlen die Wirklichkeit nicht korrekt wiedergäben, und auf den ASTAT-Bericht Nr. 37/2018 "verwiesen". Eine Überprüfung genannten Berichts ergab - wie es zu erwarten stand -, dass alle genannten Zahlen - aber nicht nur sie! - völlig korrekt sind:

ASTATinfo Nr. 37/2018 (Auszug): "Die Zahl der getöteten Personen belief sich auf 30". AdV: Einzig ist dieser Zahl m. E. nicht ohne weiteres zu entnehmen, wie viele von den 30 Toten durch Fremd- und wie viele durch Eigenverschulden auf Südtirols Straßen zu Tode kamen (bliebe der Zweifel, ob eine solche "Unterscheidung", wie der angebliche "Tom Kofler" sie fordert, überhaupt geboten und/oder sinnvoll wäre...)

ASTATinfo Nr. 37/2018 (Auszug): "Von allen wegen Trunkenheit eingezogenen Führerscheinen wurden 562 (90,1%) Männern abgenommen und nur 62 (9,9%) Frauen.