Umwelt | Hüttenwirte erzählen:

"Wo die Adria schimmert und die Gondolieri singen"

Das Becherhaus, auf exponierten 3.000 Höhenmetern gelegen, wird im Sommer Erich Pichlers Lebensmittelpunkt. Der Hüttenwirt erzählt über die Arbeit, die Aufgaben und die Sparsamkeit, die die Höhe mit sich bringen.
flash mob cortina bosco ronco olimpiadi pista da bob
Foto: Globalproject.info

Seit zwölf Jahren hat Erich Pichler das Becherhaus im Ridnauntal gepachtet, gemeinsam mit seiner Frau Elisabeth. Auf 3.195 Höhenmetern gelegen ist die Schutzhütte die höchste im ganzen Land. Heuer ist es mit dem Wetter nicht ganz einfach, wegen den Schneefällen im Mai und Juni hat sich alles verzögert. Erich erinnert sich: „Wir haben soviel Schnee wie 2001, als ich im ersten Jahr heroben war. Es geht grad ums Überleben...wir warten darauf, dass endlich die ersten Leute kommen. Auf dem Hubschrauberlandeplatz liegen drei Meter – seit zwei Wochen schöpfe ich Schnee.“ Beschönigen will er nichts. Der Weg zur Becherhütte sei kein einfacher, gut ausgerüstet mit Stock und einigermaßen Kondition, dann sei alles machbar. „Ich versteh's ja auch. Über 2.000 Metern liegt einfach immer noch viel Schnee, da überlegt sich der Gast, wohin er geht. Bei uns fällt niemand einfach so rein.“ Drei bis vier gute Wochenenden im Sommer braucht Erich, damit die hochalpine Hütte läuft, „damit, wir leben können“; 100 Schlafplätze gilt es zu füllen.

Die Kaiserin – die Gondolieri

Als "Kaiserin Elisabeth Haus" getauft, wurde das Becherhaus im Jahr 1894 zum Geburtstag des Kaisers von diesem höchstpersönlich eingeweiht. „Mit Samtteppichen haben sie die Hütte ausgelegt, es gab eine modere Schankanlage und der Bau war keineswegs einfach. Wenn man sich da heute die Diskussion um die Schutzhütten anschaut, kann man sich nur wundern", meint der Wirt. Auf der Südtiroler Seite der Stubaier Alpen gelegen, ist das Panorama einzigartig, Professor Pott schrieb im fernen 19. Jahrhundert „Diese herrliche Sicht vom Becher, man sieht die Adria schimmern.“ Diese Anekdote mag der aus dem Passeiertal stammende Erich besonders gern, seine persönliche Note verleiht er dem historischen Ausspruch mit einer akkustischen Komponente: „Ich füg dann dazu: Und wenn man ganz leise ist, hört man die Gondolieri singen.“

„Es geht um die Existenz“

Das Bergherz schlägt bei Erich am richtigen Fleck, wie es sich für einen passionierten und bodenständigen Bergführer und Hüttenwirt wohl gehört. Auf die Frage, was er denn so denke, über uns im Tal, über die Politik und über bestimmte Verstrickungen, antwortet er: „Das Land hat mir fest geholfen, dass ich die Hütte wieder hab öffnen können. Aber ich weiß auch, dass ich immer mehr bei den Stromrechnungen zahle.“ Das Leben hier heroben sei ein anderes, es gibt Probleme, „die im Tal nicht da sind, es geht wirklich um die Existenz hier heroben“, sagt der Becherwirt ernst. Dreimal fällt die Linie, während wir telefonieren: „Das ist ein Funktelefon“, entschuldigt er sich, „und wenn Nebel ist, dann geht die Batterie aus.“ Außerdem war er gerade Wasser pumpen: „Heute Nacht zieht eine Kaltfront durch, da bin ich noch schnell runter zur Wasserleitung. Damit die Leute auch Zähneputzen können, wenn sie kommen“, lacht er.

Spezialitäten in der Höhe

Zimperlichkeit hat hier heroben kein Platz, Humor ist wichtig. Es heißt anpacken, wo's nur geht. „Kochen tun wir beide, ich und meine Frau, da gibt’s keine Aufteilung. Jeder macht alles, Klo putzen, Betten machen, Holz hacken...Ja, sparsam wirst du hier heroben, das passiert automatisch." Das beste Mittel, um abzuspecken, sei übrigens ein Aufenthalt in dieser Höhe, sagt der Erich, "das geht von allein, da braucht man nicht viel zu tun.“ Respekt hat er vor der Aufgabe hier heroben, Respekt auch vor dem Höhenunterschied, der sei nicht zu unterschätzen. „Unsre Kinder, die sind jetzt sechs und acht Jahre alt, bleiben drei Wochen im Tal unten und dann kommen sie rauf. Aber das muss man auch langsam machen, sie rauf bringen in die Höhe. Du hast ja nur mehr 70 Prozent Sauerstoff.“

Höhe hin oder her - der Gast ist bei den Pichlers König. Auf die Frage, was denn eine besondere Spezialität sei, überlegt Erich: „Die Bechernudln oder der Kaiserschmarrn" - entscheidet sich dann aber für die Hüttenspezialität " Spaghetti sind's mit schwarzen Oliven, Knoblauchöl und etwas scharf – die Oliven deshalb, weil ich die selbst so gern mag.“

 

Bild
Profil für Benutzer konrad laimer
konrad laimer Di., 16.07.2013 - 19:00

respekt fam. pichler, wenn der hüttenwirt sagt wenn man leise ist, hört man die gondolieri singen , dann ist das so........
alleine das ist ein guter Grund zum Becherhaus aufzusteigen.
toller bericht!

Di., 16.07.2013 - 19:00 Permalink