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Rote Linien im roten Flügel

Nun melden sich die SVP-Arbeitnehmer zu Wort. Im Hinblick auf die Koalitionsbildung machen sie ihrem Unmut über die Lega Luft – ohne die Partei beim Namen zu nennnen.
SVP
Foto: Salto.bz

Veto gab es schon in der Sitzung der SVP-Parteileitung vergangenen Freitag Nachmittag keines. Von keiner Seite. “Ergebnisoffen” wolle man mit allen im Landtag vertretenen Parteien das Gespräch suchen. Die SVP will sich Zeit lassen, um den Koalitions-Rebus zu lösen. “Es gibt keine optimale Lösung”, ist man sich unterm Edelweiß bewusst. Doch es gibt rote Linien.
Die zieht nun SVP-Arbeitnehmerchef Helmuth Renzler – und droht seiner Partei an, die Fraktionsdisziplin im Landtag in der kommenden Legislaturperiode aufzukündigen, falls es zu einer Koalition mit europafeindlichen Kräften komme. Es ist ein mehr oder weniger offenes Nein zur Lega als Koalitionspartner. Der europafeindliche Kurs, den die Lega in Rom momentan fahre, sei, “weder mit den ethischen Werten eines sozialdemokratischen Systems noch mit der Grundhaltung der SVP zu vereinbaren”, so Renzler wörtlich.

 

Einer nach dem anderen

Am Samstag Nachmittag eröffnet die SVP den Sondierungs-Reigen. Ab 14 Uhr werden die Vertreter der übrigen Parteien in der Parteizentrale in der Brennerstraße erwartet. Von Landeshauptmann Arno Kompatscher und SVP-Obmann Philipp Achammer. Die beiden wurden von der Parteileitung mit der Führung der Sondierungsgespräche beauftragt. Aufsteigend nach der Anzahl der Sitze im Landtag – das Wahlergebnis wurde am Dienstag von der Landeswahlbehörde amtlich bestätigt –, werden die Vertreter der jeweiligen Parteien angehört. Den Auftakt macht Alessandro Urzì (Alto Adige nel Cuore), gefolgt von Diego Nicolini (Movimento 5 Stelle). Es folgen PD, Süd-Tiroler Freiheit, Freiheitliche, Grüne, Lega und schließlich Team Köllensperger.

 

 

Kein roter Faden...

Während Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder sich schon mit einer Regierungsbeteiligung der Lega angefreundet zu haben scheint – “Ich glaube, dass es keine andere Möglichkeit gibt”, sagt Durnwalder zu salto.bz –, herrscht in gewissen Kreisen der SVP und bei vielen in der Parteibasis blankes Entsetzen beim Gedanken an eine Koalition mit der Partei von Matteo Salvini.

Vor allem der Sozialflügel steht unter Druck. Die Partei weiß um die Bauchschmerzen, die SVP-Arbeitnehmerchef Helmuth Renzler mit der Lega hat. Bereits vor den Landtagswahlen hat man Renzler des öfteren deswegen mürrisch grübeln sehen. Unter Zugzwang geraten waren die Arbeitnehmer der Volkspartei zuletzt aber auch, weil ein Teil ihres historischen Gewissens in der SVP, Hubert Frasnelli, ihnen in ebendieses redete.

“Können die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der SVP, die auch die sozialdemokratische Seele in der Partei darstellen, einer Koalition mit der rechtspopulistischen Lega, Partnerin von Le Pen, Wilders und wie diese Polit-Rabauken alle heißen, einer zutiefst antieuropäischen, Menschenrecht beugenden, ausländerfeindlichen, autoritären Bewegung ihre Zustimmung geben?”, fragte sich Frasnelli, der die SVP-Arbeitnehmer Mitte der 1970er Jahre mitbegründet hatte und für die SVP als Abgeordneter in Rom und als Fraktionssprecher im Landtag saß – bis er 1999 aus der Partei austrat.

“Die Öffentlichkeit des Landes hat ein Recht darauf, die Position der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hierzu rechtzeitig zu erfahren”, forderte Frasnelli auf salto.bz Ende vergangener Woche.

“Herr Frasnelli wird die Antwort dazu zu gegebener Zeit aus den Medien lesen, so wie jeder andere Südtiroler auch”, kommentierte Ingo Dejaco, Mitglied im SVP-Landessozialausschuss unter Frasnellis Frage.

 

...aber rote Linien

Nun ist sie da, die Antwort der SVP-Arbeitnehmer. Es ist kein offenes Nein zur Lega. Aber eine deutliche Botschaft im Hinblick auf die anstehenden Sondierungsgespräche und mögliche Koalitionen.

Wörtlich schreibt Helmuth Renzler:

“Die Wahl ist geschlagen und die Parteienlandschaft Südtirols wurde neu aufgemischt. Bekanntlich wird es in den kommenden Tagen zu ersten Sondierungsgesprächen sowie anschließend zu Koalitionsverhandlungen kommen.
 

Es ist uns allen bewusst, dass die Bildung einer Koalition ein äußerst kompliziertes Unterfangen ist, und zwar insbesondere nach diesen Landtagswahlen. Einerseits soll der Wählerwille berücksichtigt werden und andererseits muss die italienische Sprachgruppe in der Landesregierung vertreten sein.

Was mögliche Koalitionen anbelangt, so muss unbedingt darauf geachtet werden, dass die christlichen und sozialpolitischen Werte Südtirols nicht verletzt werden. Weiters müssen auch Grundwerte wie Autonomie, Proporz, Zweisprachigkeit und muttersprachliche Schule, Bildung und Ausbildung kompromisslos unangetastet bleiben.
 

Außerdem kann ich mir nur eine Koalition mit einer Partei vorstellen, die sich klar zu Europa und seinen Werten bekennt. Ich gebe zu bedenken, dass der europafeindliche Kurs, der momentan in Rom gefahren wird, weder mit den ethischen Werten eines sozialdemokratischen Systems noch mit der Grundhaltung der SVP zu vereinbaren ist.
Südtirols Zukunft kann bedingungslos nur in Europa sein und deshalb muss die Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino nun endlich gestärkt und mit Kompetenzen gefüllt werden.

Sollten diese oben beschriebenen Werte und Vorstellungen bei der Koalitionsbildung nicht umgesetzt werden, so behalten sich die ArbeitnehmerInnen-Vertreter der SVP das Recht vor, von Fall zu Fall im bestmöglichen jeweiligen Gewissen und Verantwortungsgefühl zu entscheiden.”

Wie laut die Stimme der auf drei Abgeordnete geschrumpften Landtagsvertretung der SVP-Arbeitnehmer – neben Renzler haben es Magdalena Amhof und Waltraud Deeg in den Landtag geschafft – tatsächlich ist, wird sich zeigen. Und, ob die Partei riskieren wird, in Zeiten, wo jede der ohnehin nur mehr 15 eigenen Stimmen im Landtag zählt, gegebenenfalls auf drei verzichten zu müssen.