Politik | Europawahlen

Grüner Alleingang

Paul Köllensperger hat den Südtiroler Grünen ein interessantes Angebot für eine gemeinsame Kandidatur gemacht. Der Grüne Rat hat am Montagabend aber dazu Nein gesagt.
Europäisches Parlament
Foto: upi
Offiziell wollte am Montag niemand etwas sagen. „Der grüne Rat wird am Abend entscheiden“, meint der Grüne Landtagsabgeordnete Hanspeter Staffler auf Anfrage von salto.bz. Auch Paul Köllensperger hält sich bedeckt. „Es laufen Gespräche“, sagt der Chef der stärksten Südtiroler Oppositionskraft, „spätestens Ende dieser Woche wird alles klar sein“.
Was beide Befragte bewusst verschweigen: Es geht um die Frage, ob sich im allerletzten Moment die Südtiroler Grünen und das Team Köllensperger für die anstehenden EU-Wahlen zusammentun und damit eine ernsthafte Konkurrenz zum SVP-EU-Kandidaten Herbert Dorfmann ins Rennen schicken. Nach Informationen von salto.bz hat es am Wochenende ein Treffen zwischen Paul Köllensperger, dem grünen Sprecher Tobe Planer und Hanspeter Staffler gegeben. Köllensperger hat dabei den Grünen ein klares und ernstes Angebot gemacht am 26. Mai gemeinsam anzutreten.
 

Getrennte Wege

 
Eigentlich war dieses gemeinsame politische Projekt bereits vom Tisch. Denn beide Südtiroler Bewegungen hatten verschiedene Wege in die anstehenden EU-Wahlen eingeschlagen.
Die Südtiroler Grünen verkündeten schon vor Wochen, dass man mit den Europäischen und italienischen Grünen in die EU-Wahlen gehen werde. Weil die italienischen Grünen aber keine Chance haben die 4 Prozent Sperrklausel zu schaffen, braucht man Verbündete. Diese fand man in der Bewegung „Italia in comune“ um den Bürgermeister von Parma Federico Pizzarotti. Es entstand die Liste „Onda verde e ecologista“ mit der die Südtiroler Grünen in die Europawahlen ziehen wollten.
 
 
Auch das Team Köllensperger hat sich bereits festgelegt. Die Südtiroler Oppositionsbewegung will am 26. Mai mit Emma Boninos „+ Europa“ antreten. Seit Wochen verhandelt Paul Köllensperger die letzten Details. Wobei sowohl die Grünen, wie auch das Team Köllensperger ein Grundsatzproblem haben: „Onda verde“ kratzte in den Umfragen bei 1,5 Prozent. Also weit unter der Sperrklausel. Auch „+ Europa“ muss um einen möglichen Einzug in EU-Parlament zittern. Die Umfragewerte lagen vor zehn Tagen zwischen 3,5 und 4 Prozent.
 

Neu gemischte Karten

 
Es war ausgerechnet Federico Pizzarotti der vergangene Woche die Karten aber neu mischte. Der ehemalige und ausgeschlossene M5S-Bürgermeister sagte sich völlig überraschend vom Projekt „Onda Verde“ los und wechselte zu „+ Europa“. Damit erhöhten sich das politische Gewicht der Bonino-Bewegung deutlich und damit auch die Chancen des Teams Köllensperger. Das ursprüngliche EU-Projekt der italienischen Grünen verlor hingegen deutlich an Attraktivität.
Diese Entwicklung wurde bei den Südtiroler Grünen mit Schrecken mitverfolgt. Vergangene Woche begann man intern die Weichenstellung noch einmal zu überdenken.
Deshalb auch das informelle Treffen zwischen einer grünen Abordnung und Paul Köllensperger. Dabei hat Köllensperger den Grünen auch ein personelles Angebot gemacht,  zu dem die Südtiroler Grünen nur schwer Nein sagen können. Als Südtiroler Spitzenkandidatin bei den EU-Wahlen soll Renate Holzeisen ins Rennen gehen. Die Bozner Wirtschaftsberaterin und Anwältin, als unerschrockene Kämpferin gegen das „System Südtirol“ bekannt, war bei den EU-Wahlen im Juni 2009 gemeinsam mit Sepp Kusstatscher für die Liste „Sinistra e Libertá“, zu der damals auch die Südtiroler Grünen gehörten, ins Rennen gegangen. Sepp Kusstatscher erhielt in Südtirol  16.586 Vorzugstimmen und wäre ins EU-Parlament wiedergewählt worden, wenn die Liste italienweit nicht an der 4-Prozent-Hürde gescheitert wäre.
 
Renate Holzeisen schaffte aber bereits damals allein in Südtirol 11.820 Stimmen. Heute zehn Jahre später mit der Bewegung Köllensperger und den Südtiroler Grünen im Rücken hat Holzeisen mehr als nur reelle Chancen am 26. Mai nach Brüssel und Strassburg gewählt zu werden.
 

Die Entscheidung

 
Als sich am Montagabend der grüne Rat zur entscheidenden Sitzung trifft, standen drei mögliche Szenarien zur Diskussion.
 
  • Eine offizielle Unterstützung oder Kandidatur mit „+ Europa“ und dem Team Köllensperger und einer möglichen Spitzenkandidatin Renate Holzeisen, die bereits einmal mit den Grünen ins Rennen ging;
  • ​Ein offizielles Angebot des PD, das aber dazu führt, dass kein Südtiroler grüner Kandidat eine Chance hat, gewählt zu werden;
  • Das ursprüngliche Projekt von „Onda verde“;
Nach einer langen Diskussion, die über zweieinhalb Stunden dauerte, entschied sich der Grüne Rat am Monatgabend gegen das gemeinsame Projekt mit dem Team Köllensperger. Mehrheitlich sprach sich das Leitungsgremium der Grünen für die ursprüngliche Variante mit den italienschen Grünen aus.
 
Diese Variante bekam auf der Sitzung auch durch eine Insiderbotschaft Aufwind. Auf der Sitzung wusste man von prominentem Zuwachs zu berichten. Demnach sollen sich die ehemalige italienische PD-Europaparlamentarierin Elly Schlein sowie Pippo Civati und ihre Bewegung „Possibile“ der EU-Liste der italienischen Grünen anschließen.
Damit hat man wieder Hoffnung geschöpft“, beschreibt ein Mitglied des Grünen Rates die Entscheidung nüchtern.