Pokale
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Gesellschaft | #alsodann

Lob und Preise

Heute werden bei Filmfestival in Bozen Preise vergeben. Viele. Letzte Woche wurden beim Vienna City Marathon Preise vergeben. Immer für die Besten.

In der Schule war ich streckenweise die Beste. Ab und zu gab's sogar einen Preis dafür. Meine Familie war stolz auf ihre Beste. Aber mir war das mit der Besten peinlich. Ausnahmslos. Lieber wäre ich die Schönste gewesen oder die Sympathischte. Zur Misswahl hätte es aber nicht gereicht, und das mit der Sympathie ist so eine Sache. Urpeinlich wurde es jedenfalls, wenn meine Leute Außenstehenden von meiner angeblichen Besonderheit erzählten. Das kam vor. Das kommt heute auch vor, fürchte ich. Die besten Kinder tun mir leid. Die werden noch daran zu knabbern haben später. Inzwischen habe ich das mit der hergezeigten Besten relativ gut verdaut. Aber einen Marathon würde ich trotzdem nicht laufen. Zugegeben, den Marathon würde ich eh nie schaffen, aber eine kürzere Strecke schon. Nur habe ich keine Lust darauf, mich in so einen Wettbewerb ums Bestesein zu werfen. Ich laufe gern, am liebsten mit mir allein. Da bin ich die Beste, wenn ich will.

Preise sind eins, Lob etwas anderes.

Bei Büchern oder Filmen ist das mit den Besten ein bisschen anders, denn Büchern und Filmen hilft's weiter, wenn sie die Besten sind. Das bringt manchmal Geld fürs Weitermachen. Trotzdem ist nicht jeder Oscar-Film ein guter Film. Die Perlen finden sich oft unter den Nicht-Ausgezeichneten. Der ORF sucht demnächst die besten Feuerwehr-Freiwilligen. Als ob freiwillig allein nicht gut genug wäre. Warum Südtirol immer „the best“ sein muss, verstehe ich auch nicht.

Preise sind eins, Lob etwas anderes. „Das hast du gut gemacht“, höre ich gern, klar. Und wenn sich die Vierjährige vor mich hinstellt und mit strahlenden Augen „gell, bei dir darf man nicht Fernsehen“ sagt und „dein Pullover ist schön“ dazu, dann fühle ich mich besser als mit x Pokalen.

 

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Peter Gasser Mo., 15.04.2019 - 17:25

„Ich laufe gern, am liebsten mit mir allein. Da bin ich die Beste, wenn ich will“:
... mit sich selbst zufrieden sein können ist ein hohes Gut.

Mo., 15.04.2019 - 17:25 Permalink