Wirtschaft | Athesia

Abgang der Powerfrau

Die Athesia AG hat sich völlig überraschend von ihrer Marketingchefin Cristina Ferretti getrennt. Ferretti scheidet auch aus dem Verwaltungsrat des Alto Adige aus.
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Foto: Athesia AG
Es war vergangene Woche am Dienstag.
Da verabschiedete sich Cristina Ferretti von ihrem Kind. In der Redaktion der Bozner Stadtzeitung „Qui Bolzano“ fand ein kleiner Umtrunk statt. Es war gleichzeitig eine Stabsübergabe. Denn Cristina Ferretti dankte als Direktorin und Chefredakteurin ab und übergab ihr Amt an den langjährigen, ehemaligen salto-Redakteur Luca Sticcotti.
Der Abschied kam selbst für die Redaktion völlig überraschend. Denn mit Christina Ferretti verlässt weit mehr als nur eine Chefredakteurin den Ebnerverlag. Es geht eine Macherin, die den Expansionskurs der Athesia AG im italienischen Medienmarkt entscheidend mitgeprägt hat. Vor allem aber erfolgt die Trennung nicht ganz freiwillig.
 

Das italienische Gesicht

 
Nach einem Sprachenstudium an der Universität Verona und einem Master in Markting arbeitet die Tochter des DC-Politikers und langjährigen Landeshauptmannstellvertreter Remo Ferretti zunächst fünf Jahre lang als Marktingbeauftragte in einem Unternehmen im Veneto. Im November 2000 kommt sie dann zur „Athesia AG“. Die Powerfrau übernimmt dort vor allem die Bearbeitung des italienischen Marktes. Cristina Ferretti ist ein Arbeitstier und eine Netzwerkerin. Bei der Expansion des Ebnerverlages in den regionalen, italienischen Medienmarkt ist sie von Beginn an eine der wichtigsten und engsten Mitarbeiterinnen von Athesia-Chef Michl Ebner. Ferretti ist schon bald das „italienische Gesicht“ des Athesia-Konzerns. 
 
 
Die Marketingfrau entwickelt und leitet das Athesia-Unternehmen „QuiMedia“, das im Frühjahr 2008 mit einer zweiwöchentlich erscheinenden italienischen Gratiszeitschrift "QuiBolzano" in Bozen startet. Es folgen noch im selben Jahr die Ausgaben „QuiMerano“ und „QuiBassaAtesina“.  Später dann „QuiValIsarco“ und mit „QuiTrento“ und „QuiRovereto“ wird das Zeitungsprojekt auch auf die Nachbarprovinz ausgeweitet.
Journalistisch beschaulich gemacht, wird die Gratiszeitung als Werbeträge für die Athesia zu einem Erfolgsprodukt. Vor allem aber ist das Blättchen das Einfallstor des Ebnerverlages in den bis dahin völlig abgeschotteten italienischen Medienmarkt Südtirols.
Das Projekt „Qui“ hat indirekt den Auflagenverfall und den Abstieg des Flaggschiffes „Alto Adige“, der plötzlich einen ernsthaften Konkurrenten auf dem Werbemarkt neben sich hat, eindeutig beschleunigt.
 
 
Wir kennen den Ausgang der Geschichte: 2015 übernimmt die Athesia AG die Mehrheit an der SETA SPA, die den „Alto Adige“ und den „Trentino“ herausgibt. 2016 zieht Cristina Ferretti für die Athesia folgerichtig in den Verwaltungsrat der „SETA AG“ ein.
 

Der Abgang

 
Allein dieser Positionierung zeigt, welches Vertrauen Athesia-Chef Michl Ebner in Cristina Ferretti hatte. Die quirlige Boznerin ist keine Frau, die sich zurücklehnt. „Sie ist eine die immer hundert Ideen hat“, sagt einer der lange mit ihr gearbeitet hat. So arbeitete Ferretti bis zuletzt innerhalb der „Athesia“ an der Umsetzung mehrerer Projekte. Etwa an der Konzeption eines Kulturmagazins, das alle zwei Monate erscheinen soll.
 
 
Nach Informationen von salto.bz kam selbst für die Marketingchefin der Abschied völlig überraschend. In einem persönlichen Gespräch soll Michl Ebner Cristina Ferretti die Trennung nahegelegt haben. Ohne Angabe von Gründen.
Ob die Trennung damit zu tun hat, dass der gesamte Athesia-Konzern zum ersten Mal in seiner Geschichte einen Bilanzverlust ausweisen muss? Laut konsolidierter Bilanz hat die „Athesia AG“ 2018 einen Verlust von 348.391 Euro gemacht. Im Jahr zuvor standen hier noch knapp 5 Millionen Gewinn.
Ob die Trennung damit zu tun hat, dass der gesamte Athesia-Konzern zum ersten Mal in seiner Geschichte einen Bilanzverlust ausweisen muss?
Vorvergangene Woche schied Cristina Ferretti aus dem Verwaltungsrat des „Alto Adige“ aus. Auch das Arbeitsverhältnis mit der „Athesia AG“ wurde einvernehmlich beendet. Normalweise zahlt ein Unternehmen in diesem Fall ein Jahresgehalt als Entschädigung.
Cristina Ferretti will jetzt als Marketingexpertin in der Privatwirtschaft arbeiten.