Umwelt | Flughafen

"Ist der Landeshauptmann taub?"

Drei Vereine aus dem Unterland kämpfen gegen den Ausbau des Bozner Flughafens. In einem offenen Brief an Landeshauptmann Kompatscher appellieren sie an seine Moral.
Pressekonferenz_Flughafen
Foto: SSB/Richard Andergassen

Das Unterland wehrt sich. Unter dem Motto „Drei Vereine – ein Ziel: Stoppt den Ausbau des Flughafens“ haben sich der Bauernbund, der Schützenbezirk und der AVS aus dem Unterland zusammengeschlossen und wenden sich in einem offenen Brief an Landeshauptmann Kompatscher.

„Als Schützenbund ist es unsere Pflicht, nicht nur die Heimat, sondern auch die Bevölkerung zu schützen“, betont Schützenmajor Peter Frank. „Das Unterland ist ohnehin schon stark belastet durch beispielsweise die Autobahn und den Verbrennungsofen Bozen Süd.“ Der Flughafen stelle eine zusätzliche Gefährdung für die Unterlandler dar.

„Wir fragen uns, ob der Landeshauptmann taub ist oder unsere Argumente einfach nicht hören will.“ (Zitat bei der Pressekonferenz)

Der Sektionsvorstandes des AVS Unterlandes, Hermann Bertolin, spricht über die Verlängerung der Landebahn auf 1,4 km. Bei der Volksbefragung sei gegen die Pistenverlängerung entschieden worden. „Wir fragen uns, ob der Landeshauptmann taub ist oder unsere Argumente einfach nicht hören will“, so Bertolin.

Reinhard Dissertori, Bezirksobmann des Südtiroler Bauernbundes im Unterland, findet es traurig und respektlos, wie das Ergebnis des Referendums mit Füßen getreten wurde. „Wie kann in einer Zeit, wo die sechzehnjährige Greta Thunberg weltweit für Schlagzeilen sorgt, noch ein Flughafen ausgebaut werden?“, fragt sich Dissertori. „Überall werden Inlandsflüge gestrichen und es wird vermehrt auf die Umwelt geachtet. Südtirol hingegen macht das Gegenteil.“

Rechtliche Schritte einleiten wollen die drei Organisationen nicht; vielmehr appellieren sie an die Moral des Landeshauptmanns. Der Wille des Volkes – ausgedrückt im Referendum vom Juni 2016 – solle respektiert und das Ergebnis dieser Befragung nicht verdreht werden. Protestaktionen oder dergleichen sind bis dato noch nicht geplant. Die Organisationen wollen nun die Reaktion des Landeshauptmanns abwarten und dann über weitere Schritte nachdenken.

Der Inhalt des offenen Briefes an den Landeshauptmann Arno Kompatscher wie folgt: 

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann Arno Kompatscher, 

mit Bestürzung und Befremden stellen wir fest, dass die Landesregierung in puncto  Flughafen über die Köpfe und den Willen der Bürger hinweg in äußerst fragwürdiger Art vorgeht. 

In der Volksbefragung im Jahr 2016 erklärten sich 70,3 % der Südtiroler Bevölkerung gegen den weiteren Ausbau des Flughafens und dessen Finanzierung durch die öffentliche Hand – ein beeindruckendes Ergebnis, eine ausdruckstarke Willensbekundung. Die Volksbefragung  war zwar nicht bindend, wurde aber direkt im Anschluss von der Landesregierung anerkannt. Wenn dieses Ergebnis nun im Nachhinein einfach ignoriert wird und der Ausbau des  Flughafens nun über die Hintertür doch ermöglicht wird, kommt dies einem Vertrauensbruch gleich. Der Ausgang des Referendums wird in seiner ursprünglichen Zielrichtung umgangen und das bedeutet die Demokratie hat versagt. 

Waren es nicht Sie, Herr Landeshauptmann, der nach dem Referendum noch versprochen hatte, ab Juni 2017 keine öffentlichen Mittel mehr für den Flughafen zur Verfügung zu stellen? Gerade mit diesen Mitteln wurden aber in der Zwischenzeit wiederholt Arbeiten durchgeführt (z.B. Asphaltierung der Piste usw.). 

Im Jahr 2013 genehmigte die ENAC unter Beibehaltung der Flughafenkategorie C2 auf Ansuchen der ABD (100% Eigentum des Landes) eine Pistenverlängerung von 1294 m auf 1432m. Dies wurde von der ABD in den Masterplan und F.E.P (Flugplatzentwicklungsplan) und im Landesgesetz 60/2015 verankert. All dies wurde beim Referendum klar abgelehnt. Bei der Pressekonferenz am 13.06.2016 erklärte der Landeshauptmann dass die Pistenverlängerung nicht mehr durchgeführt werde. Bei der gleichen Pressekonferenz wurde vom Landesrat a.D. Theiner die Archivierung des U.V.P. Antrages zum Flugplatzentwicklungsplan erklärt. 

Auch die Tatsache, dass der gesamte Flughafen in seiner jährlichen Bilanz bis ins Jahr 2017  mit einem Wert von 37 bis 40 Mio. Euro ausgewiesen wurde und in der Ausschreibung an die neue Bietergemeinschaft mit lediglich 3,8 Mio. Euro datiert war, verwundert sehr. Von der  Außenperspektive betrachtet ein Schnäppchen, das damit die Verkaufstheke des Landes verlässt und auf die Brieftasche der Bürger einwirkt. Wenn man zudem bedenkt, dass bei Übertragung des Flughafens die gesamten flüssigen Mittel der ABD von über 5 Mio. Euro an den neuen Betreiber gehen, bedeutet dies, dass sich die neuen Betreiber bereits bei Kauf über ein Positivgeschäft par excellence freuen können. Es ist unverständlich, dass der Rechnungshof nicht einschreitet. 

Aus all diesen und noch weiteren Fakten geht ganz klar hervor, dass die Landesregierung mit Nachdruck und gegen den Willen der Bevölkerung versucht hat den Flughafen zu erhalten und auszubauen. Aufgrund dieser unverantwortlichen Vorgehensweise fordern wir gemeinsam und  unmissverständlich die Landesregierung auf, dem Willen des Volkes vom Referendum im Juni 2016 Folge zu leisten und den Wunsch der Bevölkerung zu respektieren. Mit großer Sorge werden wir die zukünftigen Entwicklungen verfolgen und uns weiterhin aktiv für die Belange der Unterlandler Bevölkerung einsetzen. 

Für den Schützenbezirk Südtiroler Unterland
Major Peter Frank 

Für die AVS Sektion Unterland
Hermann Bertolin 

Für den Südtiroler Bauernbund Bezirk Unterland
Reinhard Dissertori