“Ich bin kein Politiker”
Er hörte Alexander Langer zu, war bei Auftritten von Beppe Grillo dabei, wählte schon Silvius Magnago, Marco Pannella und Günther Januth. Bei den letzten Gemeinderatswahlen in seiner Heimatstadt gab er seine Stimme in der Stichwahl Paul Rösch und nicht Gerhard Gruber, den (unterlegenen) Kandidaten der SVP. In einer Partei war er nie. Jetzt will Richard Stampfl für die SVP als unabhängiger Kandidat in den Ring steigen und in Meran seinem Freund Rösch den Bürgermeistersessel streitig machen.
“Ich bin kein Politiker, aber ein politisch interessierter und freiheitsliebender Mensch”, sagt der 61-jährige Meraner, der in vier Jahrzehnten das Lebensmittelunternehmen Dr. Schär zum erfolgreichen internationalen Multikonzern mit aufgebaut hat. Als langjähriger Geschäftsführer an der Seite von Firmenchef Ulrich Ladurner unterstehen ihm heute rund 1.400 Mitarbeiter in 17 Standorten und elf Ländern.
Nun steht Richard Stampfl kurz vor seiner Pensionierung – und dem Sprung in die Politik.
salto.bz: Herr Stampfl, warum tun Sie sich nach dieser Karriere und in einem Alter, in dem Sie geruht kürzer treten könnten, das Abenteuer Politik an?
Richard Stampfl: Das ist eine gute Frage. Ich bin jetzt 44 Jahre im Geschäftsleben, vier davon im öffentlichen Betrieb – meine ersten Erfahrungen habe ich im Krankenhaus gesammelt – und vierzig Jahre in der Firma Dr. Schär. Anfang des Jahres habe ich mir gesagt: Ok, jetzt könnte ich mir auch vorstellen, etwas kürzer zu treten und mit 30. Juni 2020 meine verdiente Pension antreten.
Auf dem Plan stand eine Weltreise mit meiner Familie. Die war das Geschenk von Herrn Ladurner zu meinem 30. Firmenjubiläum. Bis heute habe ich es noch nicht geschafft, sie zu machen. Andererseits war da aber schon auch der Gedanke, ob es mit 62 nicht noch etwas anderes gibt.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Meraner Bürgermeister werden zu wollen?
Einige Personen aus der SVP sind an mich herangetreten und haben mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte.
Ihre erste Reaktion?
Ich habe gesagt: Nein, eigentlich nicht, aber ich werde es mir überlegen. Es wurde immer wieder fleißig nachgefragt und je mehr ich mich mit dem Szenario beschäftigt habe, desto mehr bin ich zur Überzeugung gelangt, als Meraner könnte ich für meine Stadt etwas machen, etwas bewegen, meine Erfahrungen einbringen. Ich bin in Meran geboren, aufgewachsen und habe unterwegs immer gut über Meran geredet. Meran ist die schönste Stadt in Südtirol (lächelt). Das war die ausschlaggebende Überlegung.
Karl Zeller ist ein gewiefter Politiker, der schon sehr lange in diesem Geschäft ist. Aber ich möchte sicher nicht die Funktion des Hampelmannes einnehmen.
Sie sagen, Sie wollen in Meran etwas weiterbringen, allerdings nicht in der SVP, sondern mit der SVP. Sie sind nicht Parteimitglied, haben auch nicht vor, es zu werden und wollen als unabhängiger Kandidat für die SVP kandidieren.
Richtig.
Warum?
Ich war mein Leben lang nie in einer Partei und möchte es auch weiterhin nicht sein. Parteizwang ist für mich schwer vorstellbar. Ich bin kein Politiker, aber ein politisch interessierter und freiheitsliebender Mensch. Um das Amt des Bürgermeisters auszuüben, muss ich nicht unbedingt in einer Partei sein. Somit kann ich mich auch nur auf Meran konzentrieren – denn nur Meran interessiert mich im Moment.
Wie groß war die Freude in der SVP als Sie am Dienstag den vier Meraner Ortsausschüssen Ihre Bereitschaft, als Bürgermeisterkandidat ins Rennen gehen zu wollen, mitgeteilt haben?
Es herrschte ein sehr angenehmes Klima. Ich hatte die Gelegenheit, meinen Werdegang und meine Vorstellungen zu präsentieren. Es gab einige kritische Fragen, aber die Stimmung war positiv. Die allermeisten der Anwesenden kannte ich – ich bin ja nicht aus der Welt, auch wenn ich viel unterwegs war – und viele kannten mich. Von meinem sozialen Engagement her, etwa für den Fußball, oder von der Musikkapelle, wo ich zwölf Jahre Klarinette gespielt habe, oder weil wir geschäftlich miteinander zu tun hatten. Und scheinbar habe ich sie überzeugt, denn die Gruppe hat sich sehr wohlwollend aufgelöst. Ich bin mit einem guten Gefühl aus dem Abend gegangen, aber ich habe auch ganz klar gesagt: Wenn ihr mich wollt, geht in Ordnung, wenn nicht – meine Frau hätte nichts dagegen.
Wie hat Ihre Familie, die sich vielleicht auf Ihren Ruhestand und die Weltreise mit Ihnen gefreut hat, reagiert?
Seit vielen Jahren steht die Familie immer hinter mir und meinen Entscheidungen. So auch jetzt. Ich habe meine Überlegungen mit meiner Frau und meinen zwei Kindern geteilt. Mein Sohn war recht kritisch, meinte, die Politik ist eine andere Welt als die Firma, wo ich entscheide und es wird umgesetzt. Meine Frau hingegen meint, wir müssen darauf achten, dass wir noch Zeit füreinander haben. Auf die gemeinsame Zeit lege ich viel Wert und ich werde mir in diesem Sinne auch bestimmte Regeln geben, sollte ich von der SVP nominiert und dann auch gewählt werden.
Sollten Sie nominiert werden, werden Sie zum Herausforderer von Paul Rösch, mit dem Sie eine langjährige Freundschaft verbindet. Die SVP will den Meraner Bürgermeistersessel nach der Niederlage 2015 unbedingt zurückhaben. “Richard und ich werden vorne stehen und hinten wird viel Schmutzwäsche gewaschen werden”, sagt Rösch voraus. Stellen Sie sich auf einen harten und dreckigen Wahlkampf ein?
Paul und ich kennen uns schon lange, wir haben erst am Wochenende miteinander gesprochen und vereinbart: Von uns kommt das sicher nicht. Wenn aber im Hintergrund etwas läuft, dann bin ich auch in der Lage, die Reißleine zu ziehen und zu sagen: So nicht.
Sie ziehen rote Linien, die die SVP nicht überschreiten darf?
Ja. Denn dann würde ich mich nicht wohlfühlen, das bin nicht ich. Einer meiner großen Werte ist die Fairness. Ich verstehe wenig vom Fußball, doch die einzige Vorgabe, die ich in meiner Funktion als Präsident des FC Obermais gemacht habe, ist: Am Feld und auf der Tribüne muss Fairness herrschen. Wenn ein Spieler sich auf dem Feld unfair verhält, bin ich der erste, der sagt, der gehört nicht mehr zum Verein. Das habe ich immer klar kommuniziert. Und ich habe mich über den Fairness-Pokal unter Trainer Martin Klotzner fast mehr gefreut als über jeglichen Meistertitel.
Die Vereine – nicht nur die großen – müssen unterstützt werden, strukturell wie finanziell.
Zu Paul Rösch pflegen Sie eine Freundschaft. Wie schaut Ihre Beziehung zu seinem größten Widersacher, dem Meraner Ex-Senator und SVP-Vizeobmann Karl Zeller aus?
Karl Zeller ist ein gewiefter Politiker, der schon sehr lange in diesem Geschäft ist. Er war auch unter jenen, die mich gefragt haben, ob ich kandidiere. Ich kann mir schon vorstellen, dass er sich nicht so wohl fühlt, wenn ein Paul Rösch das Bürgermeisteramt überhat. Ich schätze das Fachwissen von Karl Zeller, das er in Rom eingebracht hat und auch Meran zugute kommt. Aber ich möchte sicher nicht die Funktion des Hampelmannes einnehmen.
Sie wollen keine SVP-Marionette sein?
Das ist ganz klar mit Karl Zeller vereinbart: Ich möchte klare Abgrenzungen. Jegliches Fachwissen ist für mich interessant und willkommen – und ich werde dann je nach Kontext in der Gruppe versuchen, die richtige Entscheidung zu treffen.
Sollte ich Bürgermeister werden, möchte ich mit einer sehr breiten Mehrheit regieren.
Sind Sie eher Teamplayer oder Einzelkämpfer?
Ich bin ein Teamplayer. Das können die Mitarbeiter hier und in den Tochtergesellschaften sicher bestätigen.
Ein Wechsel von der Führung eines flexiblen, agilen Großunternehmens, in dem man rasch auf Veränderungen reagieren muss, an die Spitze eines Verwaltungsapparat, dessen Mühlen oft behäbig und langsam mahlen – für Sie dürfte die Gemeindepolitik großes Frustrationspotential bergen?
Das Image der Gemeindeverwaltung und der Beamten dort muss etwas aufgebessert werden. Sie müssen motiviert werden. Ich möchte ihnen vermitteln, dass der Meraner Bürger, der in die Gemeinde kommt, eigentlich ihr Arbeitgeber ist. Natürlich ist der Führungsstil in einer Firma ein anderer, ebenso wie jener in einem Fußballverein. Die Mitarbeiter und Ehrenamtlichen müssen mit anderen Methoden geführt werden. Aber ich komme in unterschiedlichem Ambiente zurecht und kann mich adaptieren. Dasselbe gilt jetzt auch in der öffentlichen Verwaltung. Ich bin der Meinung, das wird schon gehen (lacht).
In der Aussendung, in der Dienstag Nacht Ihre sich anbahnende Kandidatur kundgetan wurde, schreibt die SVP, dass Sie für eine “neue Politik für Meran” stehen und dafür sorgen wollen, dass “wieder etwas weiter geht”. Hat in den vergangenen Jahren unter Paul Rösch tatsächlich Stillstand geherrscht? Oder ist das jetzt schon Wahlkampfrhetorik?
Mit meinen Worten würde ich es so formulieren: Es gibt viele Projekte unterschiedlichster Natur und wie in jeder Firma gibt es Verbesserungspotentiale. Darum geht es in meinen Augen, um die Frage, wo sich diese Verbesserungspotentiale finden. Was ich hundertprozentig vermeiden will, ist, auf Vergangenem herumzureiten. Die Vergangenheit ändern wir nicht – ich muss daraus lernen und schauen, was ich besser machen kann.
Literatur vereint, Musik vereint, Kunst vereint. Da wird kein Unterschied gemacht. In diese Richtung sollte man arbeiten.
Welche sind konkrete Projekte und Vorhaben, die Sie für Meran angehen wollen?
Lassen wir einmal die großen Projekte beiseite. Was mir aber wichtig ist – und darüber mache ich mir immer wieder auch in der Firma Gedanken –, ist folgendes: Auf der einen Seite reden wir über einen Fachkräftemangel, auf der anderen Seite über Industrie 4.0 und Automatisierung. Wenn eintrifft, was alle prognostizieren, dass in zehn Jahren alle Arbeitsfelder automatisiert sind und es 40 Prozent der Mitarbeiter, die heute an der Linie stehen, nicht mehr gibt, bin ich überzeugt, dass in diesem Fall das Vereinswesen etwas vom Wichtigsten ist. Daher möchte ich dort einen generellen Ansatz finden: Die Vereine – nicht nur die großen – müssen unterstützt werden, strukturell wie finanziell. Vereine helfen für die Integration, helfen, Kinder von der Straße fernzuhalten, die Gemeinschaft zu fördern. Ob das jetzt der Alpenverein ist, die Musikkapelle, der Fußballverein, der Seniorenverein oder der kleine Malverein – ich glaube, wir unterschätzen die Wichtigkeit der Vereine. Das Ehrenamt wird immer hochgelobt, aber konkret getan wird dort dann relativ wenig. Das wäre ein, ich würde sagen fast persönliches Anliegen. Ich bin ein Vereinsmensch, fühle mich in der Vereinswelt wohl und weiß, was vonnöten ist.
Meran ist eine Stadt, in der etwa gleich viele Bürger deutscher und italienischer Muttersprache leben. Sollten daher auch Initiativen gefördert werden, die das Zusammenleben und die mehrsprachige Identität der Stadt fördern und leben?
Ich glaube, das ist eine Voraussetzung für die Zukunft. Es muss auch gemeinsame Projekte geben. Vor einigen Monaten habe ich mit Aldo Mazza gesprochen, der mir von der Buchpräsentation in Bozen berichtet hat, die von drei Bibliotheken – einer deutschsprachigen und zwei italienischsprachigen – gemeinsam organisiert wurde. Man muss nicht drei verschiedene Events machen, sondern kann auch nur eines machen! Mit solchen Ideen bringt man etwas zusammen. Literatur vereint, Musik vereint, Kunst vereint. Da wird kein Unterschied gemacht. Ja, in diese Richtung sollte man arbeiten.
Ich war mein Leben lang nie in einer Partei und möchte es auch weiterhin nicht sein. Parteizwang ist für mich schwer vorstellbar.
Ein Bürgermeister für alle Meranerinnen und Meraner wollen Sie sein. Würden Sie sagen, dass Sie die Sensibilität für verschiedene Lebenswelten mitbringen?
Ja. Das ist auch ein Grund, weshalb ich mich auf internationaler Ebene immer leicht getan habe – weil ich hier mit den zwei Kulturen aufgewachsen bin. Wir wissen das gar nicht zu schätzen. Ich verstehe beide Kulturen und kann mit beiden umgehen. Ich habe einen relativ großen italienischsprachigen Freundeskreis – im Pferdesport, meine Lauffreunde – und nach Bekanntwerden meiner möglichen Kandidatur habe ich anfangs eigentlich viel mehr Zuspruch von den Italienern bekommen. “Finalmente uno!”, haben sie mir gesagt (lacht).
Das wird Paul Rösch nicht freuen – sollte es zu einer Stichwahl zwischen Ihnen beiden kommen, können die Stimmen der Italiener ausschlaggebend sein.
Ach, nein. Paul Rösch ist generell auch interkulturell. Wir haben ja oft diskutiert. Wie er mit der Integration und dem ganzen Thema mit den Flüchtlingen umgegangen ist, war in meinen Augen sehr positiv. Auch wenn er von vielen Seiten Gegenwehr bekommen hat.
Nicht zuletzt von der Lega. Die ist bei den letzten Landtagswahlen zweitstärkste Kraft in Meran geworden, hinter der SVP. Zusammen haben die zwei Parteien, die auf Landesebene inzwischen gemeinsam regieren, fast 50 Prozent erhalten. Bei den Europawahlen im Mai waren es über 54 Prozent. Sollten Sie Bürgermeister von Meran werden und sich numerisch eine Koalition ausgehen, wären Sie bereit, eine Stadtregierung SVP-Lega anzuführen?
Darüber ist es prinzipiell noch zu früh zu sprechen. Man muss die Resultate abwarten und abwägen. Mein Wunsch, falls es so weit kommt, dass ich Bürgermeister werde, wäre allerdings folgender: Ich möchte mit einer sehr breiten Mehrheit regieren. Sodass jeder auf dem Gebiet, auf dem er stark ist, seine Fähigkeiten einsetzen und für Meran interessante Projekte umsetzen kann.
Wenn sie schon nicht als
Wenn sie schon nicht als Hampelmann dastehen möchten,warum kandidieren sie dann unter dem Deckmantel SVP??? als Parteiloser,wie geht das??? Für mich ist dies unglaubwürdig-sorry!
Antwort auf Wenn sie schon nicht als von Günther Alois …
Ich bin immer davon
Ich bin immer davon ausgegangen dass, sollte man für die SVP als Kandidat auf die Liste kommen Mitglied der Partei sein. Hier kann aber sein dass Achammer wiedermal mit viel nichts-sagendend herummurkst um ja der folgenden Werbung in den Printmedien zu entsprechen.
lieber Richard;
lieber Richard;
man fragt sich besorgt, warum Du als erfolgreicher Unternehmer Dir das antust.
Es besorgt dir nur Ungemach und Frust, außerdem wird man süchtig. Du wirst immer Neider am Hals haben, die Dir den Erfolg nicht gönnen, Schleicher, die Dich umschleimen, und wenn Du es dann lässt, dann wird Dich keiner mehr kagieren, mancheiner wird sogar die Straßenseite wechseln.