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“Wir sind nicht tot”

Das neue Führungsduo der SVP-Arbeitnehmer stellt sich und seine Inhalte vor. Doch was ist mit den Werten des Sozialflügels, den Magdalena Amhof nun anführt?
SVP-Arbeitnehmer 2019
Foto: Salto.bz

Totgesagte leben länger, heißt es. Doch unter diesem Motto wollen Magdalena Amhof und Waltraud Deeg nicht starten. “Die SVP-Arbeitnehmer sind und waren nie tot.” Anfang der Woche sind die beiden Frauen zur neuen Führungsspitze der Sozialbewegung in der Volkspartei gewählt worden, Amhof als Vorsitzende, Deeg als Vize. Und sie wollen beweisen, dass der soziale Flügel das Prädikat “sozial” 44 Jahre nach dessen Gründung noch zurecht trägt. Selbst glaubt zumindest die neue Vorsitzende felsenfest daran.

“Die Arbeitnehmer haben am Dienstag Mut bewiesen, indem sie als erste Bewegung in der SVP – abgesehen von der Frauenbewegung, wo es gar nicht anders möglich ist – zwei Frauen an die Spitze gewählt hat”, beginnt Magdalena Amhof ihr Statement am Donnerstag Vormittag. Der erste offizielle gemeinsame Auftritt des neuen Führungsduos findet im Parteisitz der SVP in der Bozner Brennerstraße statt. Amhof und Deeg treten gemeinsam mit Parteisekretär Stefan Premstaller und Martin Karl Pircher auf. Letzterer ist das Zugeständnis, das die Partei nach wiederholter Kritik gemacht hat, dass die Arbeitnehmer unterm Edelweiß strukturell und personell zu wenig unterstützt werden. Pircher soll die Arbeitnehmer in ihrer Mission – “selbstbewusster auftreten”, “mehr Sichtbarkeit”, “bessere Kommunikation nach innen und außen” – unterstützen.

 

Und was ist mit den Werten?

 

In den vergangenen Wochen und Monaten hat man in allen sieben SVP-Bezirken intensiv an einem Positionspapier gearbeitet und die Themenblöcke definiert, die die Arbeitnehmer in Arbeitsgruppen angehen wollen: Nachhaltigkeit; Arbeit; Familie; Kultur und Ehrenamt; Gesundheit, Soziales und sanitäre Strukturen; Pflege und Betreuung; Mobilität.

Der Donnerstag Vormittag steht ganz im Zeichen der Inhalte, die dem neuen Führungsduo am Herzen liegen. “Leistbares Wohnen, Unterstützung in der Pflege und Vereinbarkeit von Familie und Beruf” zählt Magdalena Amhof als ihre Schwerpunkte auf. Doch wie ist es um die Werte der 1975 gegründeten sozialen Bewegung in der SVP bestellt? Spätestens seit dem Beschluss, mit der Lega zu koalieren, liegt diese Frage auf dem Tisch. Denn der wurde ohne große Gegenwehr der Arbeitnehmer getroffen. Einzig Zeno Christanell, Mitglied des Landesvorstands der SVP-Arbeitnehmer, zog damals Konsequenzen und trat als Bezirksobmann im Burggrafenamt zurück. Zwar nicht vordergründig wegen des Ja der SVP zur Lega. Dennoch sei bei ihm “durch den nüchternen Pragmatismus”, den die SVP bei der Entscheidung Lega Ja oder Nein zutage gelegt habe, “eine gewisse Entfremdung” eingetreten, so Christanell: “Dieser Weg, den die SVP eingeschlagen hat, ist nicht meiner.”

 

Der Weg Hand in Hand mit der Lega ist auch nicht jener von Magdalena Amhof, wie sie am Donnerstag betont. Trotzdem geht sie ihn weiterhin mit ihrer Partei – und hält den “nüchternen Pragmatismus”, den Christanell bemängelt, hoch. “Ich war eine Gegnerin dieser Lega-Koalition. Doch die Befürworter in der Partei waren in der Mehrheit und auch innerhalb der Arbeitnehmer ist nicht die nötige Einigkeit gefunden worden ist, ganz klar gegen die Lega aufzutreten. Dafür haben wir uns ausgehandelt, dass wir maßgeblich am Regierungsprogramm mitschreiben. Und das ist passiert.”

Nach den Werten der Arbeitnehmer gefragt, und danach, ob der Sozialflügel der SVP diese 2019 noch glaubwürdig verkörpere, meint Amhof wie aus der Pistole geschossen: “Ja, absolut. Chancengleichheit und -gerechtigkeit sind die Werte, für die die Arbeitnehmer seit jeher und nach wie vor einstehen.” Freiheit (des Individuums und nicht jene des Marktes) oder Solidarität, die nach wie vor als große Werte auch auf der Webseite der SVP-Arbeitnehmer propagiert werden, lässt sie unerwähnt.

 

Die etwas andere Stärke

 

Leise, schwach, von der eigenen Partei marginalisiert. So werden die Arbeitnehmer in der SVP seit Jahren wahrgenommen. Als einen Grund dafür nannte Amhofs Vorgänger, Helmuth Renzler, vor zwei Jahren unter anderem die Tatsache, dass sich die Landesregierung die Erfolge der Arbeitnehmer gerne auf die eigene Fahne schreibe. Dem Gewicht nach sind sie im Landtag geschrumpft, stellen mit 3 von 15 ein Fünftel der SVP-Abgeordneten. Von 2013 bis 2018 waren es mit 4 von 17 ein Viertel gewesen.

Warum scheinen die Botschaften und Inhalte des SVP-Sozialflügels bei den Wählern nicht anzukommen? Und das, obwohl es im parteipolitischen Spektrum Südtirols links von ihnen keine wirkliche Alternative gibt? “Das hat sicher viele verschiedene Gründe, die ich nicht alle ganz genau analysieren kann”, gesteht Amhof. Sie verweist auf die Krise der Sozialdemokratie, die nicht nur die Arbeitnehmer in der SVP betreffe. “Im Moment entspricht es dem Zeitgeist, dass sich Menschen starke Führung wünschen. Das haben wir bei der Wahl von Trump oder den Wahlergebnissen von Salvini gesehen. Aber das sind wir nicht”, stellt die neue Arbeitnehmer-Chefin klar. “Wir sind nicht jene, die mit populistischen Parolen nach außen gehen. Wir haben immer davon profitiert, dass wir klare, ehrliche Arbeit gemacht haben. Diesen Weg wollen wir auch nicht verlassen, wir wollen uns nicht auf die populistische und reißerische Schiene begeben. Denn wir sind einfach überzeugt, dass man Politik anders machen muss.”

Politik machen à la Amhof & Deeg sieht folgendermaßen aus: Der – angeblichen – Schwäche ihrer Bewegung will das neue Führungsduo die Stärke der Frauen entgegensetzen – “und das ist nicht das laute Herumschreien à la Boris Johnson, sondern das nachhaltige Arbeiten im Hintergrund”, sagt die Landesrätin.

Jünger, sozialer und weiblicher wünscht sich Parteiobmann Philipp Achammer die SVP im Hinblick auf die Gemeinderatswahlen am 3. Mai 2020. Dieser Losung haben die Arbeitnehmer Rechnung getragen, meint Amhof. “Und wir werden beweisen, dass es zwei Frauen als Führungsduo sehr wohl sehr gut schaffen können”, lacht Deeg. Die gute Laune scheint nicht nur gespielt.