Die neuen Frauen im Landtag
Erstmals wurde bei diesen Landtagswahlen die bindende Frauenquote von 30 Prozent eingeführt. So machten sich die Parteien verstärkt auf Frauensuche, mit jeweils unterschiedlichem Engagement; die Freiheitlichen etwa sprachen von "viel rosaroter Luft" und "unnützer Quote" und die Grünen stockten ihre Frauenquote sogar auf 50 Prozent auf. Für die SVP war es bis zum Schluss ein händeringendes Unterfangen, genügend Frauen zu finden und drei von ihnen, Magdalena Schwellensattl, Heidi Felderer und Marie Mawe, wurden erst im allerletzten Moment quasi aus dem Zylinder gezogen. Übrigens, diese drei haben es nicht geschafft, trotz medialer Überräpresentanz der eingebürgerten Schwedin.
Welche Frauen werden nun für die nächsten 5 Jahre in den Südtiroler Landtag einziehen?
Bestgewählte Frau bei den Landtagswahlen 2013 ist die Freiheitlichen-Chefin Ulli Mair mit 31.171 Stimmen, ein genugtuuendes Ergebnis für die 39-jährige Boznerin, die im letzten Jahr einiges einstecken musste, auch in den eigenen Reihen. Sie freue sich besonders, dass neben ihr eine zweite junge Frau für die Blauen in den Landtag kommt, ließ Mair verlauten. Es ist Tamara Oberhofer, Werbetexterin aus Mühlbach, die sogar in einem taz-Artikel porträtiert wurde und 2.673 Wählerstimmen erhielt.
Shootingstar der SVP-Frauen ist die Pustererin Waltraud Deeg mit einem Senkrechtstart von Null auf 12.228 Stimmen. Die Rechtsanwältin und Arbeitnehmerkandidatin freut sich über den "großen persönlichen Erfolg", und sagte in einem salto-Interview, sei wäre ohne das Vorbild ihrer Mutter, der sozial engagierten Politikerin Waltraud Gebert-Deeg niemals in die Politik gegangen. Das Pustertal hat eine weitere starke Kandidatin im Hohen Haus, Martha Stocker hat in der letzten Legislatur die Sozial- und Familienthemen besonders im Regionalrat ausbauen können, von dorther kam das gute Resultat von 21.177 Stimmen. Sie ist viertgewählte auf der SVP-Liste und hat damit Frauenchefin Angelika Margesin so ziemlich ausgebootet. Diese wurde auf der 35-Kandidatenliste ihrer Partei viertletzte und selbst in ihrer Heimatstadt Meran erreichte sie nur den neunten Platz. Der Job der Landesfrauenreferentin scheint ein undankbarer zu sein.
Ihre Burggäfler Kollegin Veronika Stirner Brantsch musste 4.000 Stimmen einbüßen, "das müsse sie erst einmal verdauen". Besser abgeschnitten haben die Bäuerinnenvertreterin Maria Hochgruber Kuenzer, die jedoch von einem bindenden Platz aus startete und auch die Brixner Gemeinderätin Magdalena Amhof, die auf Anhieb 8.918 Stimmen erzielte. Auch hier bestätigt sich der Trend, dass neue und frische Gesichter belohnt wurden, aber auch die Arbeit in den Institutionen. Bezirkslogik und Lobbyunterstützungen spielen dann noch einmal eine Rolle bei der erfolgreichen Wahl.
Die Grünen haben mit Brigitte Foppa ein drittes Mandat hinzugewinnen können. Die in Montan lebende Germanistin führte ihren ersten Wahlkampf und hat stark auf das Team gesetzt, sagte sie in einem salto-Interview. Sie möchte sich für mehr Chancengerechtigkeit stark machen, mehr Glaubwürdigkeit in der Politik, ja, und das große Ziel sei immer noch das Interethnische vorwärts zu bringen.
Eva Klotz ist ebenfalls eine der Wahlgewinnerinnen, eine der Landtags-Dienstältesten (seit 1983) und über Zopf und Selbstbestimmung mittlerweile zu einem Politikmythos geworden. Sie hat sich mit Sven Knoll als Doppelspitze für ihre Wählerinnen attraktiv präsentieren können und ein Plus von 3.000 Stimmen erlangt. Ihre Partei, die Süd-Tiroler Freiheit ist um ein Mandat reicher, mit Bernhard Zimmerhofer werden drei Selbstbestimmungskämpfer den ethnischen Hardliner-Flügel im Landtag verstärken.
Und 2.054 Stimmen reichten der Bozner Gemischtsprachigen Elena Artioli, um erneut mitzumischen im tagespolitischen Geschehen des Landes. Sie schloss sich rechtzeitig mit dem lahmen lokalen PdL und Michela Biancofiore zur Forza Alto Adige zusammen und kann nun sagen, dass sich Bündnisse auszahlen. Sie will jetzt das italienische Mitte-Rechts-Lager neu aufbauen.
Bekannte Frauen die es nicht geschafft sind, sind Cornelia Brugger die für den Partito Democratico ins Rennen ging und einen Achtungserfolg von 2.562 Stimmen einfuhr. Auch Maria Teresa Fortini die bereits bei den Parlamentswahlen im Februar für das Movimento 5 Stelle sehr gut abschnitt, blieb zwar recht deutlich hinter Paul Köllensperger zurück, ist aber zweitbeliebteste Grillina in Südtirol.
Quote und Proporz
Ein Bekannter von mir hat sich bei der Wahl streng an die Vorgaben der Grünen gehalten und hat zwei Männer und zwei Frauen gewählt, ebenso zwei Italiener und zwei Deutsche. Ich kann mit so strengen Solls - wie wohl die meisten Wähler/innen - nicht viel anfangen und habe meine Vorzugsstimmen ganz frei vergeben.
Die SVP hat sich schwer getan, die Quote, 1/3 der Kandidat/inn/en müssen Frauen sein, zu erfüllten, obwohl sie dafür viel Medienaufmerksamkeit hatte. Auch bei den Gewählten haben sie die Quote - so wie auch der PD - nicht erreicht.
Anders jene Parteien, die keine oder eine andere Quote hatten: bei den Grünen, den Freiheitlichen und der Südt. Freiheit wurde die Quote von 1/3 Frauen genau erreicht.
Interessant ist auch, dass bei der SVP - deren Frauen als Einzige einen einen getrennten auf die Quote abzielenden Frauen-Wahlkampf gemacht haben - gerade deren Frontfrauen: Margesin (Chefin) und Kössler (Vize-Chefin) nicht nur nicht gewählt wurden, sondern sogar ganz am Ende gelandet sind. Resümee: Je mehr für die Quote geworben wird umso unwahrscheinlicher wird sie erreicht.
Noch schlimmere Auswirkungen hat der etnische Proporz bei diesem Wahlergebnis: die mehr als 1/4 ital. Wähler werden im neuen Landtag nur mehr von 1/7 der Abgeordneten vertreten sein und in der Landesregierung nur noch von 1/9 der Landesräte - übrigens gleich stark wie die Landiner, die 1/20 der Wähler ausmachen.
Übrigens: das Fernbleiben vieler ital. Wähler von den Urnen hat im Verhältnis die deutschen Parteien gestärkt. Die den Italienern fehlenden Prozente und Mandatare, würden sicher der SVP und der Südt. Freiheit fehlen. Also hat sich die SVP ihr verhältnismäßiges gutes Abschneiden nicht in erster Linie ihrer eigenen Strategie zuzuschreiben sondern den enttäuschten Italienern zu verdanken.