Politik | Zwölferkommission

Die Züchtigung

Die SVP hat die Übernahme des Rechnungshofes vorbereitet. Der Landtag soll in Zukunft zwei Richter auf Lebenszeit ernennen und das Personal wird ans Land übergehen.
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Foto: upi
Einen Putsch macht man am besten in der Ferienzeit.
Im Juli oder August ist der Blick der meisten in und außerhalb der Politik eher auf den Strand gerichtet als auf die Paragrafen. Unter dieser Optik muss man auch die Aktion sehen, die an diesem Montag über die Bühne gehen soll.
Still und leise hat man einen legislativen Schachzug vorbereitet, mit dem man die eindeutig unbequemste Kontrollinstanz endlich an die politische Leine nehmen will. Auf der Tagesordnung der Sitzung der Zwölferkommission steht eine Durchführungsbestimmung mit der beide Länder Trentino und Südtirol nicht nur das gesamte Personal der regionalen Rechnungshöfe übernehmen wollen, sondern mit der auch das Organigramm des Rechnungshofes nachhaltig verändert wird.
Die Aktion ist eine Züchtigung und eine Übernahme der regionalen Rechnungshöfe mit einem Streich. „Still und leise will man hier vollendete Tatsache schaffen“, warnt Paul Köllensperger vor der geplanten Durchführungsbestimmung.
 

Die Übernahme

 
Am Montagnachmittag, den 6. Juli trifft sich die neue Zwölferkommission am Sitz der Region in Trient zu einer Sitzung. Auf der Tagesordnung steht dabei auch eine Durchführungsbestimmung, deren Inhalt politisch aber verfassungsrechtlich brisant ist.
 
 
Das wissen auch jene, die die Durchführungsbestimmungen zusammengebastelt haben. Deshalb wurde der Entwurf still und leise ausgearbeitet und erst vergangene Woche den Kommissionsmitglieder zugestellt. Öffentlich sollte die Sache vor der Verabschiedung durch die Zwölferkommission nicht bekannt werden.
In der Durchführungsbestimmung geht es dabei um die regionalen Rechnungshöfe von Bozen und Trient und um den Übergang des gesamten Verwaltungspersonals an die Region und in Folge an die beiden Provinzen. Auf den ersten Blick ist die Aktion nur eine Wiederholung der Abgabe von Staatsressourcen wie man es in den vergangenen Jahren am Landesgericht und am Verwaltungsgericht vorgemacht hat. Auch dort sind die Verwaltungsbeamten und das Personal per Durchführungsbestimmung bereits an die Region bzw. an die Länder übergegangen. Jetzt soll deckungsgleich derselbe Übergang am Rechnungshof erfolgen.
Aber nicht nur das.
 

Richter des Vertrauens

 
Die regionalen Rechnungshöfe bestehen aus drei Sektionen. Der Staatsanwaltschaft, der rechtsprechenden Sektion und der Kontrollsektion.
Den Hebel setzt die Politik bei der Kontrollsektion an. Bisher wurden alle Richter am Rechnungshof über Wettbewerbe ernannt. Mit einer Ausnahme, die 2011 per Durchführungsbestimmung eingeführt wurde: Es gibt bisher einen Richter, der vom Land vorgeschlagen und im Einvernehmen mit dem Ministerratspräsidium ernannt wird. Dieser Richter bleibt fünf Jahre im Amt.
 
 
Jetzt soll das geändert werden. Unter dem Vorwand der Personalaufstockung sollen zukünftig zwei Richter der Kontrollsektion vom Landtag vorgeschlagen und vom Ministerratspräsidium ernannt werden. Damit vollzieht sich eine ähnliche Entwicklung wie am Verwaltungsgericht. Weg von den Berufsrichtern hin zu politisch ernannten Richter. „Man will hier einfach Landesbeamte in den Rechnungshof setzen“, sagt ein hoher Funktionär der regionalen Gerichtsbarkeit zu Salto.bz, „die das Vertrauen der politischen Kaste genießen“.
Eine Streitfrage dabei: Bisher musste der vom Land ernannte Richter gewisse Vorausetzungen erfüllen. Mit der neuen Durchführungsbestimmungen ist das aber nicht mehr der Fall.  Zudem ist vorgesehen, dass diese beiden Richter nicht mehr für fünf Jahre, sondern auf Lebzeit ernannt werden.
Da die Kontrollsektion des Rechnungshofes vor allem für die Prüfung der öffentlichen Körperschaften zuständig ist, etwa den Landeshaushalt, die Gebarung des Landtages oder auch die Rechnungslegung der Landtagsfraktionen, kommt das einem Paradigmenwechsel gleich.
 
 
Kritiker bemängeln zudem, dass durch die Übernahme des gesamten Personales durch das Land, auch die Staatsanwaltschaft indirekt in die Abhängigkeit der lokalen Politik und Verwaltung gerät. „Man kann damit die ungeliebte Staatsanwaltschaft durch Personalkürzungen kurzerhand einbremsen“, meint Paul Köllensperger.
Dass das keine reinen Unterstellungen sind, zeigt ein anderer Passus in der neuen Durchführungsbestimmung. Derzeit besagt eine Bestimmung, dass Richter die per Wettbewerb an die regionalen Rechnungshöfe berufen werden, zehn Jahre lang nicht gegen ihren Willen versetzt werden können. Auch diese Bestimmung soll jetzt abgeschafft werden. Damit kann man „unbequeme Richter oder Staatsanwälte“ vorher aus Südtirol versetzen lassen.
Ein Schelm wer jetzt an den Konflikt der Landespolitik mit Robert Schülmers oder der Richterin Alessia Di Gregorio denkt, die mit 1. September ihr Amt in der rechtssprechenden Sektion des Bozner Rechnungshofes antreten wird.