Chronik | SAD-Affäre
Der Fall Lanz
Foto: SVP-Fraktion
Peter Faistnauer stellte die Frage nicht zufällig.
Der Wipptaler Landtagsabgeordnete des Team K sprach auf der konstituierenden Sitzung des Untersuchungsausschusses des Landestages zum Südtiroler Nahverkehr am Dienstag nicht direkt Gert Lanz an. Faistnauer wollte wissen, ob es im Ausschuss Interessenskonflikte gebe.
Die Frage ist auch ein politischer Revancheakt. Seit Wochen schießen die SVP und vor allem Gert Lanz mit allen Kanonen auf Faistnauers Listenkollegen Franz Ploner. Der Vorwurf: Ploner sei als ehemaliger Angestellter des Sanitätsbetriebes in seiner Rolle als Präsident des Untersuchungsausschusses zur Maskenaffäre in einem Interessenskonflikt und nicht tragbar.
„Es gibt hier keine Interessenkonflikte“, antwortet Gert Lanz am Dienstag in der Aula des Landtages, nachdem er vom Grünen Riccardo Dello Sbarba nochmals direkt darauf angesprochen wurde.
Spätestens damit aber muss man die Bergpredigt und die berühmte Frage aus Matthäus 7,3 bemühen, wo es heißt: „Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht? “
Denn in Wirklichkeit steht Gert Lanz im Untersuchungsausschuss zum Nahverkehr in einem Interessenkonflikt, der kaum eklatanter sein könnte.
Gert Lanz steht im Untersuchungsausschuss zum Nahverkehr in einem Interessenkonflikt, der kaum eklatanter sein könnte.
Der Grund: In den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Bozen zur sogenannten Busaffäre wird auch eine Geschäftsbeziehung zwischen Ingemar Gatterer, der SAD AG und Gert Lanz nachgezeichnet. In monatelangen Telefonabhörungen haben die Ermittler die Anbahnung eines Deals dokumentiert, der an Bedingungen gebunden ist, die für den Fraktionssprecher einer Regierungspartei weit mehr als nur problematisch sind.
Der Fall hat durchaus den Stoff, eine politische Karriere vorzeitig zu beenden.
Gatterer auf Einkaufstour
Es geht um jene Ermittlung, die der Anlass für den Untersuchungsausschuss des Landtages ist. Unter dem Aktenzeichen 4741/18 ermitteln die beiden Bozner Staatsanwälte Igor Secco und Andrea Sacchetti seit eineinhalb Jahren zur Vergabe im Südtiroler Nahverkehr. Es ist eine Ermittlung, die noch läuft und deren Wendungen noch für einige Überraschungen sorgen dürften.
Die Beamten des Amtes für kriminalpolizeiliche Ermittlungen der Quästur Bozen haben zwischen Herbst 2018 und April 2019 rund ein Dutzend Telefone abgehört. Darunter auch die Mobil- und Festnetzanschlüsse des CEO der SAD AG, Ingomar Gatterer und des SAD-Direktors Mariano Vettori.
Die Ermittler zeichnen dabei auch die Unternehmensstrategie des Duos Gatterer/Vettori nach. Weil damals die Ausschreibung des öffentlichen Südtiroler Nahverkehrs ansteht, beginnt Gatterer überall Südtirolweit nach Immobilien und Grundstücken Ausschau zu halten. Es geht darum, möglichst überall im Land Strukturen für die Unterbringung der Busse zu schaffen. Eine Voraussetzung, die bei der öffentlichen Ausschreibung der SAD wichtige zusätzliche Punkte einbringen soll.
Die SAD oder andere Unternehmen aus dem Gatterer-Imperium beginnen so zum Jahreswechsel 2018/19 Verträge zum Kauf oder zur Miete von Grundstücken und Hallen zu machen. Dabei geht Ingomar Gatterer bewusst aggressiv vor. So mietet man ein Depot in Kastelruth an, um dem Konkurrenten Markus Silbernagel demonstrativ den Kampf anzusagen. Auch in Mals versucht das Duo Gatterer/Vettori alles, um der „Südtiroler Transportstrukturen AG“ (STA) ein Grundstück vor der Nase wegzuschnappen.
Ebenso versucht man im Unterland einen Grund von der Würth AG anzumieten oder anzukaufen. Aber auch im Hochpustertal will die SAD unbedingt einen solchen logistischen Stützpunkt schaffen. Und hier kommt Gert Lanz ins Spiel.
Familienunternehmen in Schieflage
Gert Lanz leitet seit 2007 den Familienbetrieb „Lanz Metall“ in Toblach. 2009 errichtet man einen Neubau und gerät dann voll in die Wirtschaftskrise. Das lange florierende Unternehmen erholt sich letztendlich davon nicht mehr. Im Juli 2019 wird bekannt, dass Lanz am Landesgericht einen Antrag um ein Ausgleichsverfahren stellen muss. Im November 2019 stellt „Lanz Metall“ seine Tätigkeit ein. Es bestehen angeblich Verbindlichkeiten von rund 12 Millionen Euro. Die Fertigungshalle und das Lager in Toblach werden daraufhin an die Metalps, ein Unternehmen, das mehrere ehemalige Mitarbeiter gegründet haben, verpachtet.
Im Oktober 2018 wird Gert Lanz für die SVP in den Südtiroler Landtag gewählt. Wenig später wählt die SVP-Fraktion, den ehemaligen LVH-Präsidenten zu ihrem Vorsitzenden und Sprecher.
Zu diesem Zeitpunkt ist längst klar, dass das Unternehmen in Schieflage kaum mehr zu retten sein wird. Deshalb treffen sich auch die geschäftlichen Interessen von Gert Lanz und Ingomar Gatterer.
Die Immobilie von Lanz Metall ist für die SAD ideal. In der Nähe des Bahnhofs gelegen, gehört auch ein riesiger Grund dazu. Gatterer will diesen als Busparkplatz und die Immobilie als Garage aber auch als eine Art Karosseriewerkstadt für sein Unternehmen nutzen.
Am 15. Jänner 2019 wird Gert Lanz bei Ingomar Gatterer telefonisch vorstellig. Die beiden kennen sich aus der SVP seit Jahren und man ist per Du. Bereits am nächsten Tag findet ein Treffen zwischen Gatterer und Lanz statt, bei dem man zwar grundsätzlich handelseinig wird. Doch im Detail gehen die Vorstellungen noch auseinander. Dennoch gibt Gatterer seinen Direktor und Juristen Mariano Vettori bereits am 16. Jänner 2019 den Auftrag einen Vorvertrag vorzubereiten.
Bedingung Ausschreibung
Aus Dutzenden abgehörten Telefongesprächen geht klar hervor, dass das Duo Gatterer/Vettori bei diesem Deal nicht nur absolut berechtigte wirtschaftliche Interessen verfolgt, sondern ganz bewusst den Fraktionssprecher der Regierungspartei für die eigenen Interessen nutzen will.
Die SAD-Strategen haben einen klaren Plan. Die Immobilie und der Grund von Lanz Metall sollen angemietet werden und per Vorvertrag der Ankauf im Jahr 2020 um 4,5 Millionen Euro festgelegt werden. Anfänglich planen Vettori/Gatterer für die Operation ein eigenes Unternehmen mit dem Namen „Gatterer Ingomar Investment GmbH“ zu gründen, am Ende entscheidet man sich aber den Vertrag auf die Pfalzner Gatterer-Firma „Klöcker Busline GmbH“ laufen zu lassen. Finanzieren will man das Ganze über einen Leasingvertrag.
Durch ein Detail wird aus einer geschäftlichen Transaktion aber eine politische Bombe. Ingomar Gatterer besteht vom ersten Moment an auf eine Bedingung: Der Kaufvertrag wird nur dann schlagend, wenn es zu Ausschreibung des Südtiroler Nahverkehr kommt. Sollte sich die Landesregierung und damit die SVP für eine Inhouse-Lösung entscheiden, dann ist das gesamte Geschäft hinfällig.
Gert Lanz wirft ein logisches Gegenargument in die Verhandlung. Er könne nicht über ein Jahr zuwarten und am Ende dann mit leeren Händen dastehen. Ingomar Gatterer bessert deshalb umgehend nach: Sollte es zu Ausschreibung kommen, die SAD aber nicht gewinnen, zahle er an Lanz für die Vertragsauflösung 100.000 Euro.
Gatterer weiß genau was er will und er sagt es auch. Als Gert Lanz den SAD-Eigner am frühen Morgen des 20. Februar 2019 anruft, sagt Ingomar Gatterer zum SVP-Fraktionssprecher einen Satz, der die gesamte Problematik auf den Punkt bringt: „Setze dich dafür ein, dass man an Stelle der Inhouse Lösung eine Ausschreibung macht, dann ist das Geschäft gemacht“.
Gatterer und SAD-Direktor Mariano Vettori brüsten sich später in mehreren abgehörten Gesprächen damit, dass man mit Lanz einen weiteren, politischen Verbündeten „platziert habe“.
Problem Geheimhaltung
Gert Lanz ist vom ersten Moment an bewusst, auf welches Glatteis er sich damit begibt. Zwischen Ende Jänner und Anfang März 2019 äußert der SVP-Landtagsabgeordnete in Telefongesprächen mit Gatterer mehrmals Bedenken, ob der politischen Implikationen und Folgen eines solchen Vertrages. Lanz hat Angst, dass diese Abmachungen bekannt werden könnten und er pocht deshalb auf strenge Geheimhaltung.
Am 7. Februar 2019 übermittelt Mariano Vettori den Vertragsentwurf an Lanz. In Artikel 12 des Vertrages, der in den Ermittlungsakten der Bozner Staatsanwaltschaft liegt, sind jene Bedingungen festgeschrieben, die man ausgehandelt hat. In einem Telefongespräch mit Gatterer äußert Lanz zu diesem Punkt aber seine Bedenken. Er müsse den Vertrag dem Wirtschaftsberater und der Bank vorlegen. Damit aber werden die Abmachungen einem größeren Kreis bekannt. „Aus politischer Sicht ist es für mich ein Problem“, meint Lanz, „wenn herauskommen würde, dass ich im Geheimen einen Vertrag mit Gatterer abgeschlossen habe“.
Der SVP-Politiker macht deshalb den Vorschlag diese Bedingungen aus dem Vertrag zu nehmen und in eine sogenannte „side letter“ zu packen. Es ist eine schriftliche privatrechtliche Nebenabsprache, die nicht an die Öffentlichkeit kommen soll.
Ingomar Gatterer gibt umgehend seinem Direktor Mariano Vettori den Auftrag, diese Zusatzvereinbarung aufzusetzen. Dabei solle er auch die 100.000 Euro in den Nebenvertrag aufnehmen. „Ich habe zu Lanz gesagt, sollte die Inhouse-Lösung nicht kommen, zahle ich dir ein kleines Akonto“, brüstet sich der SAD-CEO dabei.
In den Wochen danach kommt es zu mehreren Treffen und Nachverhandlungen. Gert Lanz will 150.000 Euro als mögliche Zahlung.
Am späten Nachmittag des 5. März 2019 wird die Vertragsunterzeichnung am Sitz der SAD in Bozen festgelegt. Gert Lanz erscheint pünktlich um 17 Uhr. Ingomar Gatterer unterzeichnet den Vertrag, Nach Informationen von Salto.bz sagt der SVP-Fraktionssprecher jetzt, dass er den Vertrag niemals unterschrieben habe. Das geplante Geschäft sei am Ende geplatzt.
Dass Gert Lanz 17 Monate später in den Untersuchungsausschuss zur Busaffäre geht, so als wäre nichts gewesen, ist eigentlich nur mehr durch maßlose Arroganz oder Dummheit erklärbar.
Und die SVP wird jetzt glaubhaft erklären müssen, wie viel man von dieser Vorgeschichte des eigenen Fraktionssprechers wusste.
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Bin neugierig mit welchen
Bin neugierig mit welchen Tricks die SVP und Lanz sich jetzt aus der "Affäre" ziehen wollen,sollten diese Vorwürfe stimmen ,dann Prost-Mahlzeit meine Damen und Herren SVP und Co.
Paralell dazu die dolomiten
Paralell dazu die dolomiten die den Landeshauptmann in die Zange nimmt.
Wir Politiker arbeiten damit
Wir Politiker arbeiten damit unser Land wächst und gedeiht.
Politiker müssen ordentlich bezahlt werden damit sie nicht auf dumme Gedanken kommen.
Ich würde in der Privatwirtschaft viel besser verdienen, ich diene gerne meinem Land.
"O-Ton eines Südtiroler Vorzeige- Politikers".
Noch ein Virus in Umlauf!
Noch ein Virus in Umlauf...Donnerwetter, und der gedeiht auch im Lockdown :-)