Gesellschaft | Gemeindewahlen

Auch kleine Edelweiß wollen gesät werden

Ob die Bozner SVP noch auf die Stimmen der Jungwähler zählen kann?
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SVP-Sitz in Bozen
Foto: Hannes Prousch

Sie wissen noch nichts von der großen Politik, die kleinen Kinderlen, die auf dem täglichen Weg zum Kindergarten, ob jetzt der in St. Heinrich, der in St. Johann oder der Girasole, in der Weggensteinstraße selbst auf dem Gehsteig nicht vor den Rasern sicher sind, die sich von dem auf der Sarner Ausbaustrecke aufgestauten Adrenalin noch nicht beruhigt haben. Sie wissen nicht, dass die SVP jene Partei ist, die jedem Kuhdorf im ganzen Land eine Umfahrungsstraße zur verbesserten Lebensqualität spendiert hat. Sie wissen nicht, dass der Hörtenbergtunnel samt zugehöriger Lebensqualität der größten deutschsprachigen Wählerschaft im Lande bei selbiger Partei ein feuchtes Zukunftsversprechen bleibt.

Ein paar Jahr gewachsen aber, da verstehen sie schon langsam, was abläuft im Land. Wenn sie sich in der einzigen, öffentlichen, deutschsprachigen Mittelschule in Bozen Zentrum wundern, dass gewisse Räume nicht betreten werden dürfen, dass der Putz von der Decke mörtelt, und Fensterklinken nur noch von der um die Gesundheit der Schüler besorgten Lehrerschaft bedient werden dürfen. Sie sehen den Uni-Prachtbau nebenan. Bei den sonntäglichen Familienwanderungen registrieren sie sehr wohl die lichtdurchfluteten Turnhallen in den kleinen Dörfern, samt allen zugänglichen Fußballplätzen im ansonsten steilen Gelände. Offene Fußballplätze gab es früher auch mal auf den Bozner Talferwiesen, erzählen ältere Cousinen und Tanten den Kids, die aber allesamt bestätigen, dass der Zustand der Aufschnaiter schon damals, Jahrzehnte her, bereits baufällig und ein Politikum war. Jahrzehntelanges Kompetenzgerangel zwischen Landes- und Stadtregierung, zwischen Landes- und Stadt-SVP verstehen sie aber nicht, die Kids, wie sollen sie auch?

Im Oberschulalter traf man sich einst am Grieser Platz, nicht nur samstags nach der Siebnermesse. Aus allen Stadtvierteln traf sich hier die Szene der deutschsprachigen Jugendlichen, auf dem Platz, der heute nicht mehr ihnen, sondern dem Verkehr gehört. Die historische Gelegenheit der Verlegung jener Stadtkellerei mit dem großen Bozen im Namen und dem kleinen Bolzano darunter, wurde nicht für eine Verkehrslösung, sondern für Wirtschaftsinteressen genutzt. Wirtschaftskompetenz und Bozen werden großgeschrieben in der SVP. Das Tschüss Tennisplatz, gab‘s so noch oben drauf.

Wie wunderbar, dass sich am Bozner Bahnhof was tut. Ein ganzes Viertel wird für die Bürger erschlossen. Für die Jugendlichen? Aus der alten Remise ein Jugendtreff zu machen, nein, solche Ideen wurden gleich im Keim erstickt. Auch kein direkter, sicherer Radweg vom Zentrum zum Cineplexx. Großzügig bietet man den Maturanten für ihre Maturabälle dann charmante Schul-Turnhallen für die erste große Feierlichkeit an, die sie in ihrem Leben selbst organisieren. Nein, ein cooles Mehrzweckgebäude hat am Bahnhofsgelände keinen Platz. Lieber schickt man die jungen Bürger der stolzen Landeshauptstadt und potentiell angehenden SVP-Wählerinnen nach Meran ins Kurhaus. Wie sie dann im luftigen Kleidchen weit nach Mitternacht wieder heil in die Landeshauptstadt kommen, kann der SVP ihr Problem nicht sein.

Kleine Edelweißchen m/w sucht er nun, der Steger, der ewig-jugendlich Lega-freundliche, bei dessen Kreuzchen man womöglich den etwas weniger jugendlich-adretten Pancheri gleich mit ins Boot holt. Wer weiß? Auf Landesebene haben sie es vorgemacht. Mögen die der bäuerlichen Tradition verpflichteten Jugendlichen den Walcher wählen, die etwas urbaner sozialisierten, was soll ich sagen, sie können ihren Trost ja beim Bozner SVP-Bezirksobmann suchen. Ein Grödner versteht ihre Sorgen ganz bestimmt.