Wirtschaft | Prozess am Ende?

“Konstruktiver Dialog statt Prozess”

Arnold Schuler und 1600 Obstbauern ziehen sich als Nebenkläger im Pestizid-Prozess zurück: “Wir wollen niemanden in den Ruin treiben.” Die Gegenseite reagiert abwartend.
Äpfel im Vinschgau
Foto: Jörg Farys

Am Montag Nachmittag verschickt Arnold Schuler über die Landespresseagentur eine ausführliche Aussendung. Darin lässt der Landwirtschaftslandesrat ausrichten: Er zieht die Anzeigen gegen das Umweltinstitut München bzw. dessen Referenten Karl Bär, Alexander Schiebel und den oekom-Verlag zurück. Und das einen Tag vor dem Prozessauftakt am Dienstag (15. September). Neben Schuler verzichten auch die Südtiroler Obstwirtschaft bzw. 1600 Obstbauern auf ihre Nebenklägerschaft im Prozess der Staatsanwaltschaft Bozen gegen die drei Angeklagten.

Vorausgegangen waren der Entscheidung außergerichtliche Gespräche am Samstag (12. September), bei denen man sich, so Schuler, “auf einen respektvollen Umgang geeinigt” habe. Die Grünen vermuten hinter dem Rückzug auch die massive öffentliche Aufmerksamkeit als Mitauslöser. Der Landtagsabgeordnete Hanspeter Staffler meint: “Slow Food, Süddeutsche Zeitung und Bayrischer Rundfunk haben bereits letzte Woche ausführlich über das peinliche Gerichtsverfahren berichtet, ein Team des ZDF recherchiert in diesen Tagen für eine ausführliche Reportage zum Einsatz von Pestiziden und zum Demokratieverständnis in unserem Land. Nun dürfte der mediale Druck doch zu groß geworden sein.”

 

Erste Reaktionen

 

In einer ersten Stellungnahme lässt Schuler ausrichten: “Wir sind immer bereit, uns der sachlichen Debatte zu stellen, weshalb ich auch am Wochenende den Termin initiiert habe. Aus unserer Sicht hatten wir hier einen Konsens erreicht. In Konsequenz hatten wir dann angekündigt, dass wir die Anzeigen zurückziehen werden. Wir stehen zu unserem Wort und werden dies jetzt tun. Es ging uns bei der Anzeige darum, deutlich zu machen, dass es innerhalb von Diskussionen, egal wie hart sie geführt werden, eine Grenze gibt, die wir ganz klar bei Verleumdung ziehen. Das haben wir erreicht. Es ist nie um das Erstreiten eines Schadensersatzes gegangen, wie von der Gegenseite in den Raum gestellt wurde. Wir wollen niemanden in den Ruin treiben, sondern einen respektvollen Umgang miteinander. Das sind wir unseren kleinbäuerlichen Familienbetrieben schuldig. Den Respekt haben wir klar eingefordert. Der sachlichen Diskussion stellen wir uns gerne und selbstbewusst.”

Die Gegenseite reagiert ebenfalls mit einer Aussendung auf die Neuigkeit. Darin werden die Anwälte Nicola Canestrini und Francesca Cancellaro, die Bär, Schiebel und oekom Verlag vertreten, mit folgenden skeptischen Worten zitiert: “Wir sind natürlich sehr erfreut über die Ankündigung, dass Landesrat Schuler sich anscheinend dazu gezwungen sah, die Anzeige bedingungslos zurückzunehmen. Im Laufe des morgigen ersten Prozesstages wird sich klären, ob auch wirklich alle der über 1600 Strafanzeigen zurückgenommen wurden, und dementsprechend werden wir unsere Bedingungen für die Annahme zu Protokoll bringen. Der Prozess für die vermeintliche Markenrechtsverletzung steht allerdings noch an, und die Angeklagten werden mit Tatsachen beweisen, dass Kritik und Ironie keine Straftat sind. Was angebliche ‘geheime Verhandlungen’ und sonstige Gerüchte angeht, weiß jeder, dass (übrigens: vertrauliche!) Vergleichsgespräche nur bei erreichter Einigung erfolgreich sind. In den im Vorfeld geführten Gesprächen konnte die Gegenpartei nicht einmal die entsprechenden Vollmachten der weiteren Anzeigenden vorweisen.”