Politik | Meran

“Warum mischt er sich ein?”

Karl Zeller antwortet auf die Kritik von Bruno Hosp und verspricht, dass die SVP “rechtsnationalistische Parteien” in der Meraner Stadtregierung verhindern wird.
Karl Zeller
Foto: Screenshot/ARD

Einer hat im nun offen ausgebrochenen internen Konflikt um die Positionierung der SVP bei den Stichwahlen in Meran bisher still gehalten. Nachdem mit Bruno Hosp der Vorsitzende der SVP-Altmandatare die vom Fraktionssprecher der Volkspartei im Meraner Gemeinderat Karl Freund öffentlich kundgetane Unterstützung für Dario Dal Medico heftig kritisiert hat, kann Karl Zeller aber nicht mehr schweigen.

Der SVP-Vizeobmann und ehemalige SVP-Stadtobmann von Meran verschickt am Donnerstag Vormittag eine geharnischte Stellungnahme, mit der er auf die Aussagen Hosps reagiert:

“Als Mitglied des Clubs der ehemaligen Mandatarinnen und Mandatare der SVP bin ich sehr verwundert über die Aussagen von Bruno Hosp. Seine Anschuldigungen entbehren jeder Grundlage und zeugen von einer offenkundigen Unkenntnis der Beschlüsse der Meraner SVP. Diese hat nämlich einstimmig eine klare und unmissverständliche Linie vorgegeben, nämlich jene, dass für die Stichwahl keine Wahlempfehlung abgegeben wird. Keiner der beiden Kandidaten kann nämlich von der SVP vorbehaltslos unterstützt werden, weder Rösch und seine grün-linken Koalitionspartner noch Dal Medico, ein Kandidat der Mitte, der aber der italienischen Sprachgruppe angehört, während die SVP sich immer für einen deutschen Bürgermeister eingesetzt hat. In dieser Situation will die SVP neutral bleiben und den Wählern die Entscheidung überlassen. Dies ist die Linie der SVP und daran ändern auch die Privatmeinungen einzelner SVP-Exponenten nichts. Die Meraner SVP vertritt auch nach den letzten Gemeindewahlen die Interessen der Mehrheit der deutschen Volksgruppe in Meran, deren Vertretung bei den letzten Wahlen leider geschwächt wurde. Zum ersten Mal seit vielen Jahren stellt die italienische Sprachgruppe im Gemeinderat nun die Mehrheit (19:17), obwohl die Bevölkerung Merans mehrheitlich deutsch ist. Dies ist auch eine Folge der interethnischen Listen, wie jener der Grünen/Bürgerliste Rösch und des Team K. Damit wird aufgrund der geltenden Proporzbestimmungen wohl auch die Mehrheit der Gemeinderegierung von Stadträten der italienischen Sprachgruppe besetzt werden. Umso wichtiger ist es, dass unsere Vertretung im Gemeinderat in dieser schwierigen Situation eine geschlossene Haltung einnimmt und zusammenhält.  
Ich verstehe jedenfalls  nicht, wieso Bruno Hosp sich in Meraner Angelegenheiten einmischt und die Haltung der Meraner SVP-Führung als ‘fatales Signal’ brandmarkt.  Zur Einbindung der Salvini-Lega in die Landesregierung 2018 und zur Stadtratsbildung in Leifers 2015 habe ich nichts von ihm gehört. Die SVP steht auch nicht unter dem Einfluss ‘kapitalkräftiger Kreise’ und wird mit ihren 8 Sitzen im Gemeinderat auch dafür sorgen, dass es zu keiner Beteiligung von rechtsnationalistischen Parteien an der Stadtregierung kommen wird.”

Nichts anderes als seine Privatmeinung und keine Wahlempfehlung sei der Facebook-Post gewesen, in dem er verkündet hat, am Sonntag Dal Medico zu wählen, hatte auch Karl Freund betont. Das Foto samt Statement – “Ich wähle am Sonntag Dario Dal Medico, denn die Wirtschaft braucht klare Zugeständnisse!” – sind inzwischen von seiner Facebook-Seite verschwunden bzw. nicht mehr öffentlich einsehbar. Dal Medico selbst erklärte am Mittwoch Abend in den RAI-Diskussionssendungen zur Meraner Stichwahl, dass ihn mit Freund eine langjährige Freundschaft verbinde. Die beiden kennen sich aufgrund ihrer Tätigkeit im Sportbereich.

 

Wie weit von der Mitte entfernt?

 

Die Frage, inwieweit der 52-jährige Anwalt, der bei den Gemeinderatswahlen 2005 für Forza Italia kandidiert hat, tatsächlich ein “Kandidat der Mitte” ist, wie ihn Karl Zeller bezeichnet, drängt sich indes immer mehr auf. Dal Medico wurde am 20. und 21. September zwar für die Liste La Civica per Merano, die sich selbst im Mitte-Links-Lager verortet, in den Gemeinderat gewählt – mit deren Listenführer Giorgio Balzarini führt Dal Medico eine gemeinsame Kanzlei. Doch die zweite Liste, die ihn als Bürgermeisterkandidat unterstützt, ist mit Alleanza per Merano eine Mitte-Rechts-Kraft, die im Gegensatz zur Civica bei den Wahlen zulegen konnte und auf fünf Sitze im Gemeinderat kommt. Die Civica ist von fünf auf drei Räte zusammengeschrumpft.

Dazu kommt, dass mit Fratelli d’Italia und inzwischen auch die Lega zwei Rechtsprateien eine klare Wahlempfehlung für den italienischen Herausforderer von Paul Rösch ausgesprochen haben. Für Dal Medico selbst kein Problem. Er habe Fratelli d’Italia und Lega nicht um Unterstützung gebeten, sehe sich als “unabhängigen Kandidaten” und die SVP als “wichtigsten Ansprechpartner” für Koalitionsgespräche, sollte er Bürgermeister werden. Aber auch mit FdI und Lega wolle er reden, so Dal Medico am Mittwoch. Ohne deren Gemeinderäte ist eine Mehrheit für ihn so gut wie unmöglich: Civica, Alleanza und SVP kommen zusammen auf 16 von 36 Sitzen. Die Lega stellt vier, FdI drei Räte. Gegen die Meloni-Partei wird die SVP wohl ein Veto einlegen. Bleibt abzuwarten, ob die SVP auch die Lega zu den “rechtsnationalistischen Parteien” zählt, deren Beteiligung an der Stadtregierung die Volkspartei laut Zeller auf jeden Fall verhindern will.

 

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△rtim post Do., 01.10.2020 - 14:19

Da hat Zeller mal alles klar gemacht! Es geht darum, den Wählerauftrag an die SVP ernst zu nehmen und umzusetzen. Auch wenn Rösch auf Salto erklärt hat, dass keine Koalition mit der SVP braucht und es eine Regierungsmehrheit auch ohne SVP gebe.
Übrigens:
Zeller, grantig... können auch andere in der SVP. Seien wir froh!

Do., 01.10.2020 - 14:19 Permalink
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Hartmuth Staffler Do., 01.10.2020 - 15:43

Antwort auf von △rtim post

Mir scheint eher, dass Zeller den letzten Rest an Klarheit beseitigt hat. Die angeblich klare und unmissverständliche Linie der SVP, dass für die Stichwahl keine Wahlempfehlung abgegeben wird, ist reine Schinheiligkeit, wenn ausgerechnet der bisherige Fraktionssprecher der SVP im Gemeinderat eine Wahlempfehlung für den rechten Kandidaten abgibt. Mit dem Satz "die Wirtschaft braucht klare Zugeständnisse" hat Freund auch deutlich gemacht, dass es ihm und den Seinen nur um das Geld geht.

Do., 01.10.2020 - 15:43 Permalink
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△rtim post Do., 01.10.2020 - 22:27

Antwort auf von Hartmuth Staffler

Es stimmt Hr. Staffel. PR kann Rösch allemal besser als die anderen. Seine Auftritte sind bekannt: seine Zebra-Läufe, seine Schuhputzaktion... bis zu seinem Auftritt als beim Pferderennen mit rotchinesischem Nasen-Mundschutz-Maske und Zylinder.
PR und Wirklichkeit zu verwechseln sind selten ratsam. Auch in Meran. Ein wenig zu reflektieren schadet hingegen meist nicht.
Ja, es stimmt, die Erwartungen und Hoffnungen der Stimmbürger-innen vor über fünf Jahren waren parteiübergreifend sehr groß. Vielleicht auch zu groß. Auch bei ökologisch-denkenden Bürgern, den Natur- und Heimatschützern. (Das Soziale, das würden nicht mal die Grünen von sich behaupten, war ja nie ihr Ding.)
Als die Grünen noch in der Opposition waren, ging es Merans Mit- und Umwelt jedenfalls besser. Da setzten sie sich sogar noch für den Baum, das Grüne ein. Wer hätte vor über fünf Jahren je gedacht, dass ausgerechnet die Grünen all den Verkehr (von Bozen, Reschen... Passeier)
und die Abgase mit Tunnel, Kavernengarage durch das Zentrum führen würde: https://www.salto.bz/de/article/01092020/tram-statt-tunnel-fuer-klimaki…

Do., 01.10.2020 - 22:27 Permalink