Politik | Meran

SVP beim Arzt

Ein großer Teil der Meraner SVP hat in der Stichwahl nicht nur für Dario Dal Medico Stimmung gemacht, sondern ihn auch gewählt. Eine Analyse der Meraner Wahl.
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Foto: Hannes Prousch
Es mag ein Zufall sein. Mit Ernst Fop steht in Zukunft ein Arzt dem Meraner SVP-Stadtkomitee vor. Ein anderer Arzt ist der große Gewinner dieser Wahl: Dario Dal Medico. Anwalt und Spitzenkandidat der neuen italienischen Sammelbewegung, der hauchdünn am Ziel vorbeigeschrammt ist, Bürgermeister in der Passerstadt zu werden. Am Ende fehlten Dal Medico dafür genau 37 Stimmen.
Dass die Meraner SVP an diesem Wahlerfolg von Dario Dal Medico einen gewichtigen Anteil hat, pfeifen die Meraner Spatzen längst vom Dach des Kurhauses. Offiziell in der Stichwahl neutral, haben gewichtige Teil der Meraner SVP für den italienischen Kandidaten die Werbetrommel gerührt. „Die sind hier von Haustür zu Haustür gegangen“, sagte ein Obermaiser SVP-Funktionär über seine Parteikollegen.
Tatsache ist: Vor allem die Meraner SVP-Wirtschaft wollte die Stadt lieber einem italienischen Mitte-Rechts-Bürgermeister übergeben, als weitere fünf Jahre mit dem von ihnen verhassten Paul Rösch weiterzumachen. Dass diese Operation „Dal Medico“ fast aufgegangen wäre, zeigt eine genauere Analyse des Meraner Wahlergebnisses.
 

Operation Dal Medico

 
Wie massiv die Meraner SVP-Wähler für Dario Dal Medico gestimmt haben, wird an einem konkreten Beispiel mehr als deutlich.
Die Wahlsektionen 24 und 25 am Brunnenplatz in Obermais (Gilmschule) umfassen überwiegend bzw. fast ausschließlich deutschsprachige Wählerinnern und Wähler. In der Sektion 24 hat Dario Dal Medico im ersten Wahlgang 45 Stimmen bekommen. Zählt man die Stimmen der ihn unterstützenden Parteien dazu (Lega 25 Stimmen) und Fratelli d’italia (1 Stimme) kommt man auf ein Potenzial von 71 Stimmen.  Im 2. Wahlgang gingen in dieser Sektion 64 Wählerinnen und Wähler weniger zur Wahl. Dario Dal Medico bekommt aber dennoch diesmal 191 Stimmen ist dieser Sektion.
 
 
Wo aber kommt dieser sagenhafte Stimmenzuwachs her?
Die Stimmen des PD (1. Wahlgang: 8 Stimmen) und des M5S (1. Wahlgang: 6 Stimmen) reichen nicht aus, um diesen Stimmenzuwachs zu erklären. Dass alle Wähler der Freiheitlichen (24) und Südtiroler Freiheit (45) im zweiten Wahlgang auf Dal Medico umgeschwenkt haben, ist eher unwahrscheinlich. Ebenso, dass die Wählerinnen von Rösch/Grüne plötzlich in der Stichwahl auf den Mitte-Rechts-Kandidaten ihre Stimme geben. Demnach bleiben nur noch die SVP-Wähler, die zur Wahl gegangen sind und fleißig Dal Medico angekreuzt haben.
Dasselbe Bild ergibt sich in der Wahlsektion 25. Dal Medico startet mit einem Potenzial von 82 Stimmen aus dem ersten Wahlgang (seine 43 Stimmen, plus 25 Lega und 14 Fratelli d’italia). Wenn man bedenkt, dass auch hier im Vergleich zum ersten Wahlgang 62 Wähler weniger zur Wahl gegangen sind, würde man meinen, dass Dal Medico sein Potenzial aus dem ersten Wahlgang nicht ganz ausschöpfen kann. Aber auch hier kann er sein Ergebnis mehr als verdoppeln. Er bekommt in der Stichwahl 165 Stimmen. Auch hier reichen die PD-Stimmen aus dem ersten Wahlgang (16) und der M5S-Stimmen (1) nie aus, um diesen Stimmenzuwachs zu erklären.
Dasselbe Bild ergibt sich nur zwei Straßenecken weiter in den Obermaiser Wahlsektionen Sektion 22 und 23 (De Amicis-Grundschule in der Leichtergasse). Auch dort hat der Mitte-Rechts-Kandidat sein natürliches Wahlpotential um 62 bzw. 66 Stimmen überschritten. Es sind Stimmen, die aus der SVP kommen.
 

Mythos: Stärkste Partei

 
Man braucht es nur immer wieder zu wiederholen, dann wird aus einer Fake News eine Wahrheit. So machte es etwa das Medienhaus Athesia. Seit gut zwei Wochen erklärt das Tagblatt der Südtiroler die SVP kurzerhand zur stärksten Partei im Meraner Gemeinderat. „Schließlich war die SVP aus dem ersten Durchgang vor 2 Wochen als stimmenstärkste Kraft hervorgegangen“, steht etwa am Dienstag in den Dolomiten.Pur nella sconfitta, la Volkspartei rimane il primo partito in città“, schreibt ebenso der Alto Adige.
 
 
Dabei ist Arithmetik keine Ansichtssache. Denn genau das stimmt so nicht.
Der Fehler liegt dabei an den Daten zum ersten Wahlgang, die die Region liefert und die für die Sitzverteilung im Gemeinderat entscheidend sind. So steht auch heute noch im Bürgernetz als Meraner Ergebnis: SVP 3.445 Stimmen (22,6%) und Grüne/Liste Paul Rösch 3.292 Stimmen (21,6%).
Es ist aber ein falsches Ergebnis. Denn es gibt auch Stimmzettel, bei der nur der BM-Kandidat angekreuzt wurde. Diese Stimmen werden laut geltendem Wahlgesetz zu den Listenstimmen dazugezählt.
SVP-Spitzenkandidat Richard Stampfl bekam im ersten Wahlgang 197 solcher Stimmen. Das heißt die SVP kommt insgesamt auf 3.642 Listenstimmen. Paul Rösch hat 776 solcher Stimmen bekommen. Weil Rösch auch von „Team K“ und den Ökolsozialen Linke unterstützt wurde, werden diese Nur-Bürgermeister-Stimmen proportional auch an diese beiden Listen verteilt. Der Löwenanteil genau 637 Stimmen entfallen aber auf die Liste Rösch/Grüne, die damit auf 3.929 Listenstimmen kommt. Und damit eindeutig die stärkste Partei im Meraner Gemeinderat ist.
Man braucht es nur immer wieder zu wiederholen, dann wird aus einer Fake News eine Wahrheit.
Das wird auch an der amtlichen Sitzverteilung im Meraner Gemeinderat deutlich. Denn die Liste Rösch/Grüne hat acht Vollmandate erobert. Während die SVP sieben Vollmandate und ein Restmandant erhalten hat.
Aber unterm Edelweiß wird anscheinend anders gerechnet.