Umwelt | Pestizide

Künasts Brief

Ex-Landwirtschaftsministerin Renate Künast und der grüne Abgeordnete Harald Ebner appellieren in einem Schreiben an Arnold Schuler den Pestizidstreit zu beenden.
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Foto: Grüne/Bundestag
Der Brief trägt das offizielle Wappen des deutschen Bundestages. Darunter die Namen zweier prominenter deutscher Grüner: Renate Künast und Harald Ebner.
Die ehemalige deutsche Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Ex-Chefin der deutschen Grünen und amtierende Sprecherin für Ernährungspolitik, sowie der Grüner Sprecher für Gentechnik und Bioökonomiepolitik und Obmann des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft im Bundestag haben Ende vergangener Woche einen Brief an den Südtiroler Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler gerichtet.
Der Betreff des Schreibens gibt bereits die inhaltliche Richtung vor:  „Rücknahme aller Anzeigen gegen Karl Bär und die Vorstandsmitglieder des Umweltinstituts München, den Buchautor Alexander Schiebel und seinen Verleger Jacob Radloff“.
 
Renate Künast und Harald Ebner schreiben:
 
Sehr geehrter Herr Landesrat, sehr geehrter Herr Schuler,
 
mit großer Sorge sehen wir eine Eskalation des Konflikts um den Pestizideinsatz in Südtirols Apfelplantagen.
Der immense Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft ist eine Gefahr für die menschliche Gesundheit, wie Studien etwa zu Chlorpyrifos und zur möglichen Krebsauslösung durch Glyphosat deutlich gemacht haben. Pestizide schaden auch Bestäubern, der Artenvielfalt und dem Grundwasser und dem Bodenleben. Zudem ist die Produktion sehr energieintensiv. Hinzu kommt, dass ökologisch wirtschaftende Betriebe sowie die Imkerei durch Abdrift auch ökonomisch gefährdet sind, wenn ihre Produkte wegen zu hoher Pestizidbelastung nicht mehr verkehrsfähig sind. Dies trifft gerade auch auf Landwirtschaft in Tälern wie im Vinschgau zu.
Die freie Meinungsäußerung ist elementare Grundlage unserer Demokratie. Wir halten es für das gute Recht von Bürgerinnen und Bürgern sowie von Organisationen der Zivilgesellschaft, auf Probleme hinzuweisen und Kritik an Missständen zu üben. Diese Kritik lässt sich auch durch Klagen nicht mundtot machen. Wir sind überzeugt: Probleme ausblenden oder leugnen löst diese nicht, sondern verschlimmert sie nur.
 
 
Wir begrüßen sehr, dass Sie ursprünglich Bereitschaft gezeigt hatten, die Klage gegen Karl Bär und seine Kolleg*innen des Umweltinstitut München sowie gegen Autor Alexander Schiebel und Jacob Radloff (oekom-Verlag) zurückzuziehen.
Wir sind überzeugt, dass dieses Handeln dem Image von Südtirol in Deutschland mehr schadet als die Kritik, gegen die sich Ihre Klage richtet.
Leider mussten wir kürzlich erfahren, dass Sie offenbar als Bedingung für den Klagerückzug ein Unterlassen von weiterer Kritik gefordert haben. Damit verfestigt sich hier der Eindruck, dass die Landesregierung Bozen-Südtirol sich kritischen Debatten verweigert und gezielt versucht, Kritiker durch Klagen und damit verbundene hohe Kosten bzw. Schadensersatzrisiken einzuschüchtern. Wir sind überzeugt, dass dieses Handeln dem Image von Südtirol in Deutschland mehr schadet als die Kritik, gegen die sich Ihre Klage richtet.
Wir fordern Sie und die weiteren Klageführer daher auf, alle Klagen gegen die genannten Personen zurückzuziehen. Dies schließt die Klage wegen Markenfälschung ein, denn auch satirische Kampagnen sind durch die Meinungsfreiheit gedeckt.“
 
Die prominente Parteinahme für den Buchautor Alexander Schiebel und Karl Bär, der für die Grünen in Bayern politisch tätig ist, hebt den Konflikt zwar auf eine neue Ebene, wird aber an den verhärteten Fronten kaum entscheidend sein.