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Messners Rückzug

Reinhold Messner stellt seine kostenlose Werbetätigkeit für Südtirol ein. Der Grund: Der Auftrag der IDM an eine Berliner Agentur seine Breitenwirksamkeit zu analysieren.
Reinhold Messner
Foto: Südtirolfoto/Othmar Seehauser
Das Schreiben ging Ende vergangene Woche an Landeshauptmann Arno Kompatscher, den Präsidenten der Handelskammer Michl Ebner, den Direktor der IDM Erwin Hinteregger und den Direktor des ‘Konsortium Südtirol Wein“ Eduard Bernhard. Reinhold Messner kündigt darin kurz und bündig an, dass er ab sofort keine Werbeaufträge oder Testimonial für die IDM oder das Land Südtirol mehr übernehmen werde. Die Botschaft des bitterbösen Schreibens ist klar: Seit Jahrzehnten habe ich immer gratis für Südtirol geworben und dann das.
IDM-Direktor Erwin Hinteregger hat unmittelbar danach mit einem langen Entschuldigungsbrief an Reinhold Messner geantwortet. Doch es ist längst zu spät. „Die Sache ist abgeschlossen“, meint Reinhold Messner zu Salto.bz. „ich habe dazu nichts mehr zu sagen“. Nach Informationen von Salto.bz hat Messner Bernhard und der Südtiroler Weinwirtschaft zugesagt, dass er den Werbeauftrag für den Wein noch machen wird. Dann aber ist Schluss.
 

Der Affront


Der Anlass für diesen Rückzug ist eine Geschichte, die Salto.bz ausgegraben hat. Reinhold Messner ist nicht nur der bekannteste lebende Südtiroler, er ist auch ein gefragtes Werbesujet. Immer wieder wird er deshalb auch als Werbebotschafter für Südtirol eingespannt. Doch für alle Werbeaktionen, die er bisher für das offizielle Südtirol-Marketing gemacht hat, kassiert er kein Honorar. Daran hält er bis heute fest.
 
 
 
Auch der Deal mit dem „Konsortium Südtirol Wein“ sollte so ablaufen. Das Konsortium 2007 als Plattform für die Vermarktung und Imagepflege des Südtiroler Weinbaus gegründet, ist ein Zusammenschluss der Kellereigenossenschaften, Weingüter Südtirols und Freien Weinbauern im Land. Die Corona-Krise hat dem Weinverkauf zugesetzt. Deshalb will man jetzt durch eine internationale Werbekampagne entgegenhalten. Als Protagonisten dafür fragte man bei Reinhold Messner an. Der Extrembergsteiger sagte zu. Messner verlangt auch hier konsequent kein Honorar. 
In der IDM scheint selbst ein Messner, der kostenlos seine Bekanntschaft zur Verfügung stellt, aber suspekt zu sein.
Die Werbeaktionen der Südtiroler Weinwirtschaft werden aber von der IDM finanziert und koordiniert. In der IDM scheint selbst ein Messner, der kostenlos seine Bekanntschaft zur Verfügung stellt, aber suspekt zu sein. Nur so ist es zu erklären, dass die öffentliche Marketingagentur am 14. Oktober 2020 die Berliner Agentur „COR Berlin Kommunikation GmbH“ beauftragt hat, eine „Analyse und Einschätzung Reinhold Messners als Wine-Influencer“ zu erstellen.
Wie absurd dieser Auftrag ist, zeigt das Ergebnis
 

„Ambivalentes Testimonial“

 
Wie bei der IDM anscheinend üblich, wurde die Analyse zuerst erstellt und erst im Nachhinein der Auftrag erteilt. Denn die Studie der  „COR Berlin Kommunikation GmbH“ mit dem Titel „Reinhold Messner als potenzieller Botschafter für den Südtiroler Wein“ trägt das Datum „8. September 2020“.
Es ist auf 8 Seiten vor allem eine Ansammlung von Binsenweisheiten. Dass man dabei äußert kritisch mit Reinhold Messner ins Gericht geht, wird vor allem an den Schlussfolgerungen deutlich zu denen die Berliner Werbeprofis in ihrer Analyse kommen.  
Unter der Überschrift „Fazit“ heißt es:
 
Reinhold Messner ist ein ambivalentes Testimonial.
 Einige seiner auf den ersten Blick attraktiven Eigenschaften bergen gleichzeitig Risiken. Die alles überstrahlende Besetzung seiner Persona mit dem Thema Extrembergsportler trägt die Gefahr in sich, alles andere zu überlagern.
Reinhold Messner ist ein Household-Name auf dem deutschen Markt mit einer extrem hohen Bekanntheit in einer für den Südtiroler Wein relevanten Zielgruppe.
Seine auf den ersten Blick positive hohe Bekanntheit und Medienpräsenz trägt das Risiko in sich, dass er bereits zu leicht für deutsche Medien verfügbar ist. Die Kunst bei Werbegesichtern ist es, genau das richtige Maß an Bekanntheit und Sich-Rar-Machen zu treffen. Je begehrter eine Persönlichkeit ist und je seltener diese für Medien verfügbar ist, desto höher ist die Chance, dass Medien über die Person im Zusammenhang mit einer Werbebotschaft berichten. Je öfter die Person aber auch ohne die Kopplung an die Werbebotschaft verfügbar ist, desto weniger werden Medien bereit sein, über die Marke zu berichten.
 
 
 
Auch seine kompromisslose Haltung hinsichtlich Nachhaltigkeit, seinen Werten und die – von vielen in Deutschland positiv wahrgenommene – kritische, aber gleichzeitig tiefe Liebe zu seiner Heimat machen ihn zu einem wertvollen Botschafter. Vorausgesetzt, die Marke, die mit ihm arbeiten will, ist bereit, auch mit unbequemen Aussagen zu leben – die ihn in seiner Glaubwürdigkeit ausmachen.
Wichtig wäre es, in persönlichen Gesprächen zu klären, wie bereit Reinhold Messner wäre, sich für die Marke Südtiroler Wein einzusetzen und wie bereit die Verantwortlichen vom Südtiroler Wein wären, auch einen unbequemen Botschafter, der nicht immer nach Skript reden wird, akzeptieren zu können.“
Reinhold Messner als Botschafter für den Südtiroler Wein? – Jein.
Und weiter:
 
Reinhold Messner ist bei einer älteren Zielgruppe ein Held. Das ändert sich aber, wenn eine Zielgruppe unter 50 angesprochen werden soll. Es ist anzunehmen, dass sowohl Bekanntheit als auch Identifikationsgrad bei einer jüngeren Zielgruppe deutlich abnehmen. Wer jüngere Zielgruppen (inzwischen auf die bis Mitte-Vierzigjährigen) ansprechen will, braucht zudem Persönlichkeiten mit einem starken Social-Media-Auftritt.
Der Kanal von Reinhold Messner ist dagegen in erster Linie auf seine eigenen Aktivitäten im Zusammenhang mit Berg und Natur ausgerichtet und solide, aber eher im unteren Mittelfeld bezüglich Reichweite in DACH zu sehen.“
 
Das Ergebnis der Analyse der Berliner Werbeprofis:
 
Reinhold Messner als Botschafter für den Südtiroler Wein? – Jein.“
 

Die internationale Werbekampagne

 
Reinhold Messner will sich diese Behandlung so nicht gefallen lassen. Für ihn scheint der Punkt gekommen, deshalb jetzt einen Schlussstrich zu ziehen.
Dabei muss man sich die Frage stellen, wie seriös die Berliner Studie wirklich ist. Oder ob es vor allem darum geht, Messner als Werbegesicht für Südtirol abzuschießen?
In der Analyse von COR Berlin heißt es auch:
 
„Als Werbegesicht ist er relativ unverbraucht. Bisher ist er vor allem Werber in eigener Sache. Bis auf wenige Marken (Opel, Moser Speck), die entweder nicht wirklich relevant oder weiter zurückliegend sind, findet man wenig Verbindung zu anderen Marken.“
 
Der Zufall will es, dass am vergangenen Freitag eine neue Werbekampagne der „Montblanc International GmbH“ gestartet ist. Der renommierte deutsch-schweizer Hersteller von Schreibgeräten und Armbanduhren setzt dabei ausgerechnet auf die Person Reinhold Messner. Der Südtiroler Extrembergsteiger ist nicht nur das Gesicht der neuen internationalen Werbekampagne, sondern das Unternehmen hat mit der „Montblanc 1858 Geosphere Messner Limited Edition“ auch eine Uhr nach dem Südtiroler Extrembergsteiger benannt. Es wurden genau 262 Stück hergestellt. Eine Uhr kostet 6.500 US-Dollar.
 
 
 
Nach Informationen von Salto.bz hat Reinhold Messner einen sehr lukrativen Werbevertrag mit „Montblanc“ abgeschlossen. Der Uhrenhersteller scheint die Werbekraft des Südtiroler Extrembergsteiger anders einzuschätzen als die IDM. Denn das Unternehmen zahlt viel Geld für das, was Südtirols Marketinggesellschaft bisher gratis bekommen hat.
Verständlich wird dieses Verhalten, wenn man etwas hinter die Kulissen schaut. Die IDM gehört zu 40 Prozent der Handelskammer Bozen und der Gesellschaftervertreter heißt Michl Ebner. Ebner und Messner verbindet seit Jahrzehnten eine tiefgründige Feindschaft. Man kann deshalb davon ausgehen, dass die „Berliner Analyse“ auf Weisung oder im vorauseilenden Gehorsam erfolgt ist. 
Zum Schaden des Landes Südtirol.