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116 Mal rot

Ganz Südtirol wird zur “roten Zone”. Der Grund: der steigende Druck auf die Krankenhäuser. Die Anzahl der Covid-19-Patienten hat sich in zwei Wochen fast verdreifacht.
Krankenhaus
Foto: SJ Objio on Unsplash

Die Entscheidung hatte sich abgezeichnet. “Wenn täglich fünf, sechs oder sieben Gemeinden als rote Zonen hinzukommen, dann ist klar, dass es landesweit notwendig ist, eine einheitliche Maßnahme zu ergreifen”, erklärte Landeshauptmann Arno Kompatscher bereits am Freitag zu RAI Südtirol. Nun ist es fix: Ab Montag, 9. November, wird ganz Südtirol als “rote Zone” eingestuft. Das hat die Landesregierung am heutigen Sonntag beschlossen. Ab Mitternacht gelten landesweit die Sonderregeln, die bisher in den als “rot” eingestuften so genannten “Problemgemeinden” galten. Am Samstag sind mit Brixen, Graun, Gsies, Algund, Brenner, Karneid, Tscherms und Andrian weitere acht Gemeinden auf “rot” geschaltet worden und zu den 33 bereits bestehenden Cluster-Gemeinden dazu gekommen, in denen für 14 Tage verschärfte Maßnahmen gelten.

Der Anstieg der Corona-Infektionszahlen (in den vergangenen 24 Stunden wurden bei 1.072 Getesteten 781 neue Fälle festgestellt) ist nicht der einzige bzw. Haupt-Grund für die Entscheidung, ganz Südtirol als “rote Zone” einzustufen. Es ist vor allem die steigende Anzahl von Patienten, die wegen Covid-19 medizinisch betreut werden müssen und das Gesundheitssystem massiv unter Druck bringen. Deren Anzahl hat sich innerhalb von zwei Wochen beinahe verdreifacht.

Stand heute (8. November) befinden sich 437 Covid-19-Patienten in den Krankenhäusern: 330 in den Normalstationen, 95 in Privatkliniken, 39 auf der Intensivstation. Dazu kommen 110 Patienten, die in mittlerweile auf zwei aufgestockten Quarantäne-Strukturen in Gossensass (88) und Sarns (22) untergebracht sind.

Vor 14 Tagen, am 25. Oktober – jenem Tag, an dem in Italien und Südtirol aufgrund der sich häufenden Corona-Infektionen wieder breite Verschärfungen eingeführt wurden – waren es noch 158 Covid-19-Patienten in den Krankenhäusern (116 auf Normalstationen, 31 in Privatkliniken, 11 in Intensivbetreuung) und 31 in der Quarantänestruktur in Gossensass gewesen.

Auch die Anzahl der mit Covid-19 Verstorbenen steigt weiter. Vor zwei Wochen hatte es noch keinen neuen Todesfall seit Juni gegeben (296 Tote). Inzwischen sind 45 weitere Personen mit Covid-19 verstorben (insgesamt 341).

 

Weniger Bewegungsfreiheit?


Ab Montag, 9. November, werden also in allen 116 Gemeinden Südtirols dieselben Sonderregeln gelten, wie sie bisher in den “roten” Gemeinden galten. Unter anderem ist es nicht erlaubt, die Gemeinde zu verlassen oder sie zu betreten – außer aus Arbeits- oder Gesundheitsgründen oder Notwendigkeit. Gastronomiebetriebe bleiben geschlossen, ebenso Geschäfte, für die keine Ausnahme gilt. Auch alle “Dienste an der Person” wie Friseure oder Kosmetikstudios müssen schließen – mit Ausnahme der Wäschereien und Bestattungsdienste.

Der Kindergarten- und Schulbetrieb bleibt aufrecht, ab der 2. Klasse Mittelschule findet Fernunterricht statt. Im Unterricht selbst müssen Kinder ab 6 Jahren einen Mund-Nasen-Schutz tragen.

Auch die Bewegungsfreiheit könnte weiter eingeschränkt werden: Die Ausgangssperre von 20 bis 5 Uhr bleibt auf jeden Fall aufrecht. Dazu wird überlegt, ob es außerhalb dieser Zeiten nur erlaubt sein soll, aus Arbeits-, Gesundheits- oder Dringlichkeitsgründen das Haus zu verlassen. Ebenso, ob Spazieren und Individualsport im Freien – diese Aktivitäten bleiben erlaubt – nur in der Nähe der eigenen Wohnung stattfinden dürfen.

Die entsprechende Verordnung unterzeichnet Landeshauptmann Arno Kompatscher am Nachmittag. Veröffentlicht wurde sie bisher (Stand: 16.45 Uhr) nicht.

Doch dabei könnte es nicht bleiben. Angesichts der sich zuspitzenden Situation in den Krankenhäusern könne er nicht ausschließen, dass im Laufe der nächsten Woche weitere Maßnahmen gesetzt werden, so Landeshauptmann Kompatscher zu RAI Südtirol am Sonntag. Das bedeute: “alles für eine kurze Zeit herunterfahren”. Ob diese Maßnahmen als notwendig erachtet werden, hänge von der Entwicklung der nächsten Tage ab. Dann wird sich herausstellen, wie wirksam die vor zwei Wochen eingeführten Verschärfungen waren.