Politik | Medien

Die Klage der Papierbäuerin

Vizelandeshauptfrau Waltraud Deeg hat eine Strafanzeige gegen Salto.bz eingebracht. Der Grund: Ein Artikel über den Hof in Niederdorf, den sie und ihr Mann betreiben.
Deeg
Foto: Montage: salto.bz
Die Meldung des Landesgerichts Bozen ist eine Formsache. Voruntersuchungsrichter Peter Michaeler hat einem Antrag der Staatsanwältin Luisa Mosna stattgegeben, die Ermitlungsfrist um weitere sechs Monate zu verlängern. Der Grund: Es war in der von der Strafprozessordnung vorgesehenen Frist nicht möglich die Vorermittlungen zu beenden.
Ermittelt wird dabei gegen den Autor dieser Zeilen und Salto.bz. Die Straftat: Ein Artikel vom 8. November 2019.
Vor gut einem Jahr hatte Salto.bz unter dem Titel „Die Papierbäuerin“ eine politisch brisante Geschichte nachgezeichnet, in deren Mittelpunkt Landesrätin Waltraud Deeg und ihr Ehemann Wilfried Taschler stehen.
Die Landeshauptmannstellvertreterin und der Gemeindesekretär von Toblach haben unmittelbar danach Strafanzeige wegen Rufschädigung eingereicht. Es ist ein durchaus interessanter Schachzug einer Politikerin, die sich gerne mit ihrer „sozialen Einstellung“ brüstet.
 

Die Fakten

 
2006 steht in Niederdorf ein genehmigtes Bauprojekt zum Verkauf. Es handelt sich um die Aussiedlung und Neuerrichtung einer Hofstelle für einen geschlossenen Hof. Weil der Neubau am Weiherweg entstehen soll, erhält das Hofprojekt den Namen „Weiherhof“.
Wilfried Taschler, der Ehemann von Waltraud Deeg, kauft das Projekt und baut zwischen 2008 und 2010 einen ansehnlichen Hof mit einem gleich großen Nebengebäude, in dem Stadel und Stall untergebracht sind. Das Ganze ist eher eine Villa als ein Bauernhof. Im Bauernhaus werden auch zwei Wohnungen gebaut, die für den „Urlaub auf dem Bauernhof“ dienen sollen.
 
 
Am 19. Jänner 2010 lässt sich Wilfried Taschler in der Bozner Handelskammer als landwirtschaftlicher Unternehmer eintragen. Dabei wird auch die Aufzucht von Vieh und die Haltung von Pferden eingetragen. Zweieinhalb Jahre später wird die Tätigkeit auf „Agrotourismus und Beherbergung von Gästen“ erweitert. Der Hof und die Wohnungen sind in das offizielle Register in der Kategorie „zwei Blumen“ eingetragen.
 

Kreative Lösungen

 
Als Salto.bz die Geschichte im vergangenen Jahr recherchiert, ist der Stall allerdings leer. „Wir hatten bis 2015 Kälber und danach bis Mitte 2017 mehrere Pferde“, bestätigte das Ehepaar Taschler/Deeg damals unisono.
Waltraud Deeg erklärte im Gespräch mit Salto.bz: „Ich bin keine Bäuerin, der Hof gehört meinem Mann und wir leben in Gütertrennung“. Wilfried Taschler meinte ebenso: „Die Bestimmungen gelten für alle gleich, ich habe mich an alle Regeln gehalten und habe nichts zu verbergen“.
Salto.bz hatte die Geschichte als Musterbeispiel dafür gebracht, wie man mit dem „Urlaub auf dem Bauernhof“ in Südtirol umgeht. Eine Landesrätin und ein Gemeindesekretär besitzen einen geschlossenen Hof auf dem sie Bauern sind und als Nebenerwerb auch noch zwei Wohnungen als „Urlaub auf den Bauernhof“ vermieten.
 
 
Explizit wurde im Artikel darauf hingewiesen, dass dabei alles legal und nach geltenden Gesetzen vonstatten ging. Es wird aber auch angeführt, dass die Familie Deeg dabei auch eine gewisse Kreativität an den Tag legt.
Während Waltraud Deeg in ihrer Wohnung in Bruneck wohnhaft ist, haben ihr Mann und ihre Tochter ihren Hauptwohnsitz am Weiherhof in Niederdorf. Auch das ist gesetzlich durchaus zulässig. Aber nötig, um dort den Urlaub auf dem Bauernhof überhaupt betreiben zu können.
In dem Artikel hatte sich eine kleine Unrichtigkeit eingeschlichen, die Salto.bz nach wenigen Stunden berichtigt hat. Doch das dürfte der SVP-Politikerin nicht genug sein.
Die Soziallandesrätin und ihr Ehemann gehen davon aus, durch diesen Artikel Opfer einer Rufschädigung (diffamazione) geworden zu sein. Man darf gespannt sein, was die Vorermittlungen der Staatsanwaltschaft ergeben.
Sollte es zum Prozess kommen, könnte eine Frage vor Gericht aber besonders brisant werden. Sowohl Waltraud Deeg als auch Wilfried Taschler sind öffentliche Verwalter bzw. Angestellte. Sie müssen damit auch ihre Steuererklärungen offenlegen. Waltraud Deeg hat im Jahr 2018 162.756 Euro verdient. Wilfried Taschler bekam im vergangenen Jahr als Gemeindesekretär von Toblach ein Jahresgehalt von 101.204,02 Euro.
Man wird dann auch die Frage klären, warum diese „Bauernfamilie“ auch noch einen bäuerlichen Nebenerwerb braucht.