Politik | Porcellum

Verfassungswidrig in Rom?

Die Kammerabgeordneten Florian Kronbichler (Sel-Grüne) und Manfred Schullian (SVP) sind beide aufgrund der Mehrheitsprämie für das Mitte-Links-Lager im römischen Parlament. Was sie zu ihrer derzeitigen (verfassungswidrigen) Situation sagen.

Florian Kronbichler befindet sich gerade in der Aula außerhalb der Abgeordnetenkammer, als ihn der Telefonanruf erreicht. Gerade seien die Grillini mit großem Hallo aus der Kammer ausgezogen, aus Protest wegen der völligen Delegitimierung des Parlaments. Sie forderten die Aufhebung der parlamentarischen Arbeit und eine Beratung der Fraktionssprecher, erhielten jedoch eine Absage. Also raus aus der Kammer! Schließlich befand das Verfassungsgericht das Wahlgesetz 270/2005 mit dem das aktuelle Parlament gewählt wurde, für verfassungswidrig.

Was tun in solchen Fällen? Es herrscht etwas Ratlosigkeit unter den Verfassungsrechtlern, in der Abgeordnetenkammer hingegen seien die Reaktionen recht cool gewesen, sagt Florian Kronbichler. „Ich fühle mich deswegen nicht zu Unrecht gewählt, denn formal und gesetzlich sind wir in Ordnung, es wäre höchstens eine moralische Frage.“ Soll heißen: Nur weil das Wahlgesetz für verfassungswidrig erklärt wurde, sind nicht gleichzeitig das Parlament und seine Mitglieder verfassungswidrig. „Doch das Wahlgesetz muss man jetzt wirklich angehen, endlich,“ meint Kronbichler. Er selbst habe bereits einen kleinen Beitrag dazu geleistet und einen Entwurf mit Rosy Bindi und dem Trentiner PD-Politiker Nicoletti mitgetragen.

Der ebenfalls über den verfassungswidrigen Mehrheitsbonus nach Rom gesandte SVP-Abgeordnete Manfred Schullian beschwört in seinen „Nachrichten in die Provinz“ höllenartige Vergleiche: „nach rauch und schwefel riecht es in rom, verbrannte erde überall, gasdämpfe steigen in den himmel und eine politikerkaste steht vor dem aus. trotz einhelliger beteuerungen, dass die änderung des wahlgesetzes zu den vorrangigen zielen gehören wurde, hat sich nichts getan im römischen parlament ... mehr als grundsätzliche floskeln, und selbst diese unterschiedlichen couleurs, gab es nicht in diesen monaten und wieder hat es jemanden gegeben, der das vakuum, das die politik (hinter)lässt, zu füllen verstand.“

Wieder einmal, so Schullian, sei es ein anderes als das legisalative Organ in Rom gewesen, das die italienische Politik präge, jetzt als der Verfassungsgerichtshof: „alle gestalten diesen staat und setzen regeln, alle außer dem parlament, wo nach wie vor sterile wortgefechte den untergang beschwören, untermalen, beschleunigen oder jedenfalls nicht verhindern ...“ Schullian grüßt aus Rom als einer der dank dem verfassungswidrigen Porcellum dort sitze.

Ob es nun im Frühjahr 2014 bereits Neuwahlen geben werde, meint Kronbichler verneinen zu können. „Warum sollte die Regierung Letta nicht wie vorgesehen bis 2015 bleiben?“ Viellicht weil es doch eine moralische Verpflichtung gibt, jetzt umgehend und endlich ein neues Wahlgesetz zu entwerfen und auch umzusetzen. 

Bild
Profil für Benutzer gorgias
gorgias Do., 05.12.2013 - 23:12

Solche reisserische Titel sind wohl kein Zeichen von Qualitätsjournalismus. Mitten im Artikel muss man sich das wohl offensichtliche auch noch erklären lassen:„Ich fühle mich deswegen nicht zu Unrecht gewählt, denn formal und gesetzlich sind wir in Ordnung, es wäre höchstens eine moralische Frage.“

Do., 05.12.2013 - 23:12 Permalink