Politik | Interview

„Widmann soll endlich Zahlen vorlegen“

Landesrat Arnold Schuler über die einstimmige Entscheidung der Landesregierung, seine angebliche Kritik an Kompatscher und den Versuch Zwietracht zu säen.
Arnold Schuler
Foto: LPA
Salto.bz: Herr Landesrat Schuler, glaubt man den heutigen Medienberichten, so scheint in der Landesregierung ein Aufstand gegen Landeshauptmann Arno Kompatscher losgebrochen zu sein?
 
Arnold Schuler: Nein, absolut nicht. Natürlich gibt es bei diesen Entscheidungen, die wir treffen müssen, unterschiedliche Positionen in der Landesregierung. Wir haben uns am Dienstag volle drei Stunden nur mit diesem Thema beschäftigt. Aber am Ende muss man eine Entscheidung treffen. Und zu dieser Entscheidung muss man dann auch stehen. Denn es kann nicht sein, dass wir einstimmig einen Beschluss fassen und danach fallen alle dem Landeshauptmann in den Rücken.
 
Laut Zeitungsberichten sind Sie aber einer der Kritiker?
 
Das ist völliger Blödsinn. Natürlich hatte und habe ich mit der Entscheidung, die Gastronomie zu schließen, Bauchweh. Wir wissen alle, dass das nicht das wirkliche Mittel ist, um die Zahlen nach unten zu drücken. Aber wir haben die Entscheidungen nicht nur rein aus epidemiologischer Sicht zu fällen, sondern wir müssen auch andere Gesichtspunkte mitberücksichtigen. Hier war einfach der Einwand, dass wir trotz der hohen Infektionszahlen Bars und Restaurants offenlassen, der uns unter Druck gesetzt hat. Vor allem die Einstufung des Staates als rote Zone und noch mehr die Einstufung Brüssels als dunkelrote Zone, also als Hochrisikogebiet…
 
Deshalb hat man kalte Füße bekommen?
 
Schauen Sie: Ganz Europa hat gesagt, die Südtiroler haben über 500 positive Fälle und halten Bars und Restaurants offen. Das war die Botschaft, die nach außen kam. Ich bin überzeugt, dass es völlig richtig ist, dass wir aufgrund dieser Entwicklung, die Situation noch einmal hinterfragt haben. Man kann doch nicht einfach sagen: Die verstehen alle nichts. In Rom und in Brüssel sitzen sicher nicht nur Deppen. Dabei haben wir im Frühjahr bewusst eine Expertenkommission eingesetzt, damit genau das nicht passiert. Ich habe deshalb gesagt: Ich will endlich wissen, was unsere Experten sagen.
Es kann nicht sein, dass wir einstimmig einen Beschluss fassen und danach fallen alle dem Landeshauptmann in den Rücken.
Sie haben schriftlich festgehalten, dass Sie in Zukunft nur mehr Maßnahmen mittragen werden die vom wissenschaftlichen Expertenkomitee des Landes abgesegnet sind?
 
Genau an diesem Punkt wird deutlich was hier gespielt wird. Ich habe das im internen Chat der Landesregierung geschrieben. Jemand hat das dann bewusst nach außen getragen. Das war aber keine Kritik am Landeshauptmann, sondern wenn schon am Landesrat für Gesundheit. Wir haben damals beschlossen, dass wir die Situation aufgrund der Situation in den Krankenhäusern bewerten und dabei das wirtschaftliche und öffentliche Leben so lange wie möglich offen zu lassen. Auch in Abweichung zu den staatlichen Regelungen. Dabei sagen wir seit Wochen zu Thomas Widmann, der immer wieder öffentlich gegen die Schließungen auftritt, er soll uns endlich in der Landesregierung Zahlen und die Meinung der Expertenkommission vorlegen. Bisher warten wir aber vergeblich.
Es gibt keine Blaupause, die uns sagt, was passiert, wenn wir so oder anders entscheiden.
Haben Sie Verständnis dafür, dass Gesundheitslandesrat Thomas Widmann sagt, dass er den eingeschlagenes Weg für falsch hält?
 
Nein. Denn eines muss man klarstellen. Der Landeshauptmann ist in Sachen Covid-19 Sonderbeauftragter der Regierung. Er ist damit derjenige, der als einziger auch die Verantwortung trägt. Er könnte die Entscheidungen auch alleine fällen. Der sogenannte Südtiroler Weg hat uns bisher viele Ausnahmen ermöglicht. Wir hatten jetzt drei Wochen lang die Bars und Restaurants offen, wahrscheinlich als einzige in Mitteleuropa. Wir hatten zu Weihnachten die Geschäfte offen und können jetzt den Winterschlussverkauf machen. Vor allem aber können wir die Gemeinde verlassen und uns im Land frei bewegen. Das ist alles nicht selbstverständlich. Sondern dafür hält Kompatscher den Kopf hin. Er allein trägt die Verantwortung. Das sollte man anerkennen.
 
Versucht hier jemand von außen Zwietracht in die SVP hineinzubringen?
 
Das ist der Fall. Denn es gibt sicher auch noch andere Hintergründe in dieser Geschichte. Es ist einfach für alle eine schwierige Zeit. Auch für die Politik. Wir müssen Entscheidungen treffen, wo wir bis zum Ende nicht wissen, ob es die Richtigen sind. Es gibt keine Blaupause, die uns sagt, was passiert, wenn wir so oder anders entscheiden. Was die Auswirkungen sein werden. Wenn wir aber einstimmig entscheiden, dann müssen wird nach außen hin auch dazu stehen.
Man kann doch nicht einfach sagen: Die verstehen alle nichts. In Rom und in Brüssel sitzen sicher nicht nur Deppen.
Der Vorwurf, der jetzt gemacht wird: Kompatscher sei vor seinen römischen Freunden in die Knie gegangen?
 
Wir haben in der Diskussion in der Landesregierung eine Abwägung machen müssen. Riskieren wir eine Anfechtung der Landesverordnung durch Rom?  Sollte diese Vorordnung fliegen, würde es die letzte Verordnung sein, die wir gemacht haben. Denn dann entscheidet das Verfassungsgericht, dass unsere Kompetenz nicht gilt. Oder lenken wir in diesem einem Punkt ein und behalten uns unseren autonomen Spielraum noch vor?  Wir haben uns für den zweiten Punkt entschieden. Einstimmig.