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Schludernser Missstände

„Menschlich habe ich nichts gegen ihn, aber die Art und Weise wie Bürgermeister Wegmann mit uns zusammenarbeitete, war nicht mehr hinzunehmen," sagt der zurückgetretene SVP-Ortsobmann und Gemeinderat von Schluderns, Martin Rainalter.

Herr Rainalter, warum war keine Zusammenarbeit mit Bürgermeister Erwin Wegmann mehr möglich?
Martin Rainalter: Weil wir 8 Gemeinderäte ganz einfach das Vertrauen in ihn verloren haben, das ging natürlich nicht von heute auf morgen, sondern ist das Ergebnis vieler ausgefochtener Entscheidungen oder eben Nicht-Entscheidungen.

Was können Sie konkret als Beispiel nennen?
Es hat bereits nach den Wahlen angefangen, als der Bürgermeister zwei Wirtschaftsvertreter und nur 1 Arbeitnehmervertreter ernannt hat, gegen den ausdrücklichen Wunsch des Ortsausschusses. Es wäre ein leichtes gewesen, diesen Wunsch zu erfüllen, aber es musste so gehen, wie er es wollte.

Ist Erwin Wegmann bei den letzten Wahlen gut gewählt worden?
Ja, er wurde mit rund 800 Stimmen (70% der Wahlberechtigten) zum Bürgermeister gewählt, es war seine zweite Amtszeit und er hat damit ein schönes Stimmenpolster erzielt, vielleicht hat er dadurch geglaubt, eine Art Freifahrschein zu haben?

Einen Freifahrschein wofür?
Zu schalten und zu walten, wie es ihm passte, denn das ist es ja, was wir kritisieren und was schlussendlich den Ausschlag zu unserem Rücktritt gegeben hat. Der Bürgermeister hatte eine Art, ohne jede Diplomatie seinen Bürgern und auch seinem Gemeinderat gegenüber Entscheidungen zu treffen bzw. wenn etwas nicht gegangen ist, wie er wollte, so hat er andere dafür verantwortlich gemacht. Solche Vorkommnisse gab es oft und er wurde wegen Missachtung des SVP-Ortsausschusses schon einmal vor die SVP-Leitung nach Bozen zitiert.

Können Sie mir ein Beispiel nennen, wo klar wird, was Sie meinen?
Was mich persönlich besonders getroffen hat, war die Sache mit dem geplanten E-Werk, das die Gemeinde bauen wollte. Hierfür wäre eine Querfinanzierung für die Beregnungsanlage nötig gewesen und wir waren bereit, dieser zuzustimmen. Vorher wollte der Gemeinderat jedoch eine Kostenauffstellung, die der Bürgermeister hätte bringen sollen. Dieser hat in der nächsten Ratssitzung aber nicht eine aktuelle Aufstellung, sondern eine 3 Jahre alte Schätzung gebracht. Wir haben ihn erneut aufgefordert, doch eine neue Kostenrechnung erstellen zu lassen und er versprach wieder, dies zu tun, doch auch bei der erneuten Gemeinderatssitzung legte er nur wieder die alte Schätzung vor. Wir wunderten uns nun wirklich, aber happig wurde es erst, als wir am nächsten Tag in der Südtiroler Tageszeitung ein Interview mit dem Bürgermeister nachlesen konnten, dass wir Gemeinderäte zu dumm gewesen wären, die Rechnung zu verstehen. Das hat mich persönlich getroffen und da wurde es uns dann auch wirklich zu bunt!

Wie erklären Sie sich dieses Verhalten?
Ich habe mir oft gedacht, wenn er wieder einmal seine Verantwortungen nicht wahrnehmen wollte, entweder er versteht es nicht besser, oder er tut es zufleiß! Es bin ja nicht nur ich, der das so empfindet, mit mir sind 7 Gemeinderäte zurückgetreten und um ehrlich zu sein, waren da auch noch mehr, die das so sehen.

Was geschieht jetzt in der Schludernser Gemeinde?
Bis zur Einsetzung eines komissarischen Verwalters wird der Bürgermeister die Amtsgeschäfte weiterführen. Er verliert aber nicht nur seinen Bürgermeistersessel, sondern auch seinen Sitz im Rat der Gemeinden. In Schluderns wird es dann im Mai 2014 Neuwahlen geben. 

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Lukas Thanei Do., 19.12.2013 - 12:47

Ich möchte anfügen, dass genannte Gemeinderäte bereit gewesen wären, die scheinbar unmöglichen Zustände in Schluderns weiter zu ertragen, hätte Wegmann auf eine Kandidatur bei den nächsten Wahlen verzichtet.
Bei den Wahlen, bei denen der Wähler also bewerten hätte können, ob Wegmann seine Arbeit gut gemacht hat oder nicht. Das ist eine derart obszöne Bedingung, dass ich mich schon fast fremd schäme.

Ich will hier Wegmann durchaus nicht in Schutz nehmen, ich habe mir kein einziges Mal die Mühe gemacht zu einer Gemeinderatssitzung zu gehen und kann absolut nicht bewerten, inwiefern Wegmann hier unkorrekt gearbeitet hat.
Bei der Sache mit dem Stromwerk liegt der Gemeinderat aber auf jeden Fall falsch - es geht um eine private Konzession an eine Genossenschaft - die Gemeinde konnte nicht einfach mitbauen. Davon zu reden, die Gemeinde wollte ein Kraftwerk bauen ist Desinformation.

Wäre der Gemeinderat einfach zurückgetreten hätte es keine Kritik von mir gegeben.
Diese Forderung ändert aber alles - sie ist eine Unverschämtheit, vor allem dem Wähler gegenüber!

Do., 19.12.2013 - 12:47 Permalink