Politik | Klagedrohung

Der Mittäter

Nicht nur Salto und Florian Kronbichler haben Post von Thomas Widmann bekommen. Auch der ehemalige RAI-Chefredakteur Wolfgang Mayr soll sich öffentlich entschuldigen.
Wolfgang Mayr
Foto: Othmar Seehauser
Die Geschichte ist bekannt. Am 3. Februar 2020 hat Rechtsanwalt Thomas Tiefenbrunner im Auftrag seines Mandanten Thomas Widmann ein anwaltschaftliches Schreiben an Florian Kronbichler und die Salto-Redaktion geschickt.
Der Grund: Gesundheitslandesrat Thomas Widmann fühlt sich durch den Gastkommentar „Der Kniefall vor der Wirklichkeit“ verleumdet. Dabei bezieht sich der SVP-Politiker auf einen (Ab)Satz. Kronbichler schreibt:
 
Der „Kniefall“ des Landeshauptmanns (denn der ist doch gemeint) ist tatsächlich erfolgt. Aber schon viel früher, und das nicht vor Rom. Wenn Kniefall, dann war es ein Kniefall vor der Wirklichkeit. Der Wirklichkeit der Gesundheits-, genauer gesagt: der Krankheitsdaten. Sie wurden verdrängt, gefälscht, geleugnet, bis alles nicht mehr half. In die Knie gegangen ist der Landeshauptmann vor den Wirtschaftsverbänden und deren Agenten in der Landesregierung. Die Pinzgers und Mosers führen sich auf, als seien sie die Epidemiologen und der Expertenrat. Glaubte man ihnen, stürbe Südtirol eher an still stehenden Skiliften und schlecht gehendem Saisonschlussverkauf als an der Pandemie.
 
Es ist das Wort „gefälscht“, in dem Thomas Widmann und sein Anwalt einen Strafbestand ausmachen. „Auch wenn diese Fälschung in diesem Satz nicht ausdrücklich dem Landesrat unterstellt wird, so wird doch ohne jede Möglichkeit eines Zweifels aus der gesamten Argumentation klar, wer dafür verantwortlich gemacht wird, nämlich der Landesrat," schreibt Anwalt Tiefenbrunner. Es ist eine sehr phanatasievolle Interpretation.
Kronbichler und Salto.bz sollen sich entschuldigen, ansonsten werde Thomas Widmann „den Gerichtsweg beschreiten“.
Es aber nicht der einzige Brief, der an diesem 3. Februar die Rechtsanwaltskanzlei Brandstätter verlassen hat. Auch der ehemalige RAI-Chefredakteur Wolfgang Mayr hat Post von Widmanns Anwalt bekommen.
Dem RAI-Journalisten und Gestalter der Radiosendung „12 nach 12“ wird ein Post auf Facebook angekreidet.
Im Tiefenbrunner-Schreiben heißt es:
 
"In einem Eintrag auf Ihrer Facebook Seite vom 30. Jänner dieses Jahres mit der Überschrift „Herr Landesrat Widmann es ist zum Fremdschàmen“ üben Sie harte Kritik. Herr Widmann versuche den Landeshauptmann auflaufen zu lassen, das sei ,,erbärmlich“ und ,,verantwortungslos“. Bereits diese Apostrophierungen sind nicht nur unsachlich, sondern auch persönlich beleidigend, darüber ist aber mein Mandant, der sich nicht auf dieses Niveau begeben will, bereit hinwegzusehen.
Mit der Wiedergabe eines Ausschnittes aus dem auf Salto.bz erschienenen Gastkommentar von Herrn Dr. Florian Kronbichler vom 29. Jänner, in dem behauptet wird, die Krankheitsdaten seien außer verdrängt und geleugnet auch gefälscht worden, überschreiten Sie aber die Grenze des Zulässigen und Duldbaren.“
 
 
Auch hier folgt die Aufforderung den Facebook-Eintrag innerhalb von zwei Tagen zurückzunehmen und sich zu entschuldigen. Der Anwalt spricht auch in diesem Fall von „naturgemäßer Dringlichkeit“.
Wolfgang Mayr lässt sich aber nicht aus der Ruhe bringen. „Ob die Wiedergabe eines Artikels übliche Nachrede ist, darüber kann man jetzt trefflich streiten“. Der RAI-Journalist stelle jene Frage, die für ihn wesentlich ist: „Was ist nun mit unseren Infektionszahlen?

Nachdem ich den Rai-Journalist Wolfgang Mayr sehr schätze und seine Sendung immer gerne verfolge,so werde ich hier auch nicht schreiben,daß ich ihm Recht gebe,ansonsten muss ich mich auch noch entschuldigen oder bekomme eine Anzeige.

Mi., 10.02.2021 - 18:01 Permalink

Die verwendete Sprache ist meines Erachtens eine Entlehnung der des "Wütbürgers": Verroht, provokativ, respektlos.
Wem wundert da eine Reaktion, wer würde sich ohne Widerspruch in einer solchen Art anrempeln und als "Fälscher" bezeichnen lassen?
Die spitzfindigen "journalistischen" Ausflüchte und Rechtfertigungen entbehren einem fairen, auf Augenhöhe stehenden Fundus.

Do., 11.02.2021 - 07:36 Permalink

Wo Recht zu Unrecht wird, ist Widerstand Pflicht.
Nach diesem Grundsatz habe ich immer gelebt. In Südtirol, und nicht nur dort, ist Unrecht leider schon lange Recht. Aber der Widerstand wird seit jeher mit allen Mitteln im Keime erstickt. Wir sind ja der Nabel der Welt, das Paradies auf Erden und europäische Spitze in allen Bereichen.
Man braucht sich nur die Kommentare von systemfreundlichen Leuten anschauen, dann weiß man alles. Klar spukt man nicht in das Teller, aus dem man isst. Die Wahrheit ist aber ganz eine andere. Die Vorstandssitzungen der SVP sind fast polizeischutzverdächtig, die Wadlbeißer an der Tagesordnung. jeder kämpft gegen jeden, die Verbände in Aufruhr und das Land im puren Chaos. Genau dies ist die Zeit, wo nur mehr Rechtsanwälte eingespannt werden, um sich sauber zu halten. Die Taten reichen bestimmt nicht mehr, um den Anspruch auf ein Landesratsmandat mit entsprechendem Gehalt aufrecht zu erhalten. Aber merkt euch. An euren Taten werden wir euch messen, nicht an euren Anzeigen oder an euren Hintermänner oder gar privaten Liegenschaften. Ihr habt für die Bevölkerung eine Verpflichtung übernommen und missbraucht das erhaltene Vertrauen kläglich. Da helfen keine Drohungen an Journalisten oder Redaktionen. Da hilft nur "abliefern", wenn fähig und sonst das Wasser ziehen. Südtirol braucht dringend Wasserspülung.

Do., 11.02.2021 - 08:37 Permalink

Bravo Gianni.
Widmann ist nicht mehr tragbar, sein verhalten ist das eines Politikers nicht würdig.
Wenn Hunde in die Enge getrieben werden fangen sie an zu beissen.

Do., 11.02.2021 - 14:30 Permalink