Gesellschaft | Sozialpolitik

Caritas: Aufgabenzettel für Arno & Co.

Kurz vor dem Amtsantritt der neuen Regierungsmannschaft unter Arno Kompatscher deponiert die Caritas-Führung einen Leitfaden für soziale Gerechtigkeit im Land.

Neue Ära, neue Chance: Rechtzeitig vor der für 9. Jänner geplanten Wahl des neuen Landeshauptmanns Arno Kompatscher versucht die Caritas diese mit einem offenen Brief an die Mitglieder der künftigen Landesregierung bestmöglich zu nutzen. Denn, wie die beiden Direktoren Heiner Schweigkofler und Pio Fontana betonen: „Südtirol steht am Scheideweg“. Soziale Fragen seien mittlerweile mehr als ein Randgruppenphänomen. „Wir dürfen nicht zulassen, dass ein zunehmender Teil der Bevölkerung zurückbleibt und am Wohlstand nicht teilhaben kann“, so Schweigkofler und Fontana.

Ihr konkreter Wusch an die neue Landesregierung zielt deshalb auf einen stärkeren sozialen Ausgleich ab. Dafür machen die Caritas-Verantwortlichen fünf vorrangige Handlungsfelder aus: die Armutsprävention und die Reform des sozialen Netzes, der Zugang zu guter Arbeit für Langzeitarbeitslose und schwervermittelbare Menschen, eine zielgerichtete Integration von Zuwanderern, der Ausbau bestimmter Pflegestrukturen sowie die Verbesserung der Wohnsituation von sozial benachteiligten Personengruppen. In all diesen Bereichen herrsche dringender Handlungsbedarf. Im Rahmen der  notwendigen Reformen sollten darüber hinaus getrennt organisierte Instrumente und Leistungen zusammengeführt und stärker auf die Bedürfnisse der Menschen ausgerichtet werden.

Ihr Appell richtet sich bewusst nicht nur an die designierte Soziallandesrätin Martha Stocker sowie die künftige Landesrätin für Familie Waltraud Deeg. Sozialpolitik und besonders Familienpolitik  müsste vielmehr zwingend im Zusammenspiel mit anderen Politikbereichen gestaltet werden, betonen die beiden Caritas-Direktoren. Soziale Gerechtigkeit sollte deshalb für die gesamte künftige Landesregierung ein eigenständiges Ziel sein.

 

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Markus Gufler Do., 02.01.2014 - 16:35

Ich würde mal sagen dass nichts gegen die "fünf vorrangigen Handlungsfelder" einzuwenden ist. Was mir aber - zumindest laut Pressemitteilungen - fehlt ist, dass zwar wieder einmal gefordert wird, von den "Pflichten" aber keine Rede ist.
Ich meine damit, dass es nicht mit einem "Aufgabenzettel für die Regierung" und der Forderung nach mehr Ausgleich getan ist. Was es dazu unbedingt auch braucht, sind Vorschläge wie man den ungerechtfertigten Zugang zu sozialen Beiträgen wirksam aufdeckt, eindämmt und empfindlich bestraft. Am Besten sollten solche Vorschläge zeitgleich von der selben Caritas-Führung kommen, denn es würde ja der zielgerichteten und somit effizienten Unterstützung zu gute kommen.
Die geforderten, ausgleichenden Beiträge werden immerhin aus Steuerabgaben finanziert und die sind inzwischen mit ein Grund weshalb viele trotz ordentlichem Doppeljob grad so über die Runden kommen. Meiner Meinung nach sollte es also nicht ein "stärkerer" sondern mehr ein ehrlicher, korrekter und punktgenauer Ausgleich sein. Sonst wird das auch mit den ständig mehr werdenden (scheinbaren) Alleinerziehern nicht besser liebe Caritas um nur ein Beispiel zu nennen!

Do., 02.01.2014 - 16:35 Permalink
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Michael Bockhorni Do., 02.01.2014 - 17:12

Antwort auf von Markus Gufler

dieses Problem existiert in allen Bereichen Wirtschaft, Landwirtschaft, Bildung und eben auch im Sozialbereich. Allerdings zeigen internationale Studien, dass der Mißbrauch in den beiden erstgenannten Bereichen in absoluten Zahlen am größten ist. Das Beispiel Bankenrettung hat uns das ja allen exemplarisch vor Augen geführt. Die "Ausbeute" diverser Kontroll- und Sanktionssprogramme hat oftmals nicht den erhöhten Aufwand gedeckt und oftmals zu ungerechtfertigten Streichungen geführt, die wiederum bekämpft wurden und so weitere Kosten verursacht haben. Die Pflichten (z.B. aktive Arbeitssuche, Annahme von zumutbarer Arbeit, etc.) existieren ja bereits und wie erwähnt fließt viel Geld am Bedarf der Betroffenen vorbei (z.B. Versorgung in stationären Einrichtungen statt Unterstützung mittels ambulaner Dienste). Meiner Meinung nach sollte stärker auf dien Nutzen und die Wirkung sozialer Ausgaben hingewiesen werden, welche oft ein Mehrfaches der eingesetzen Mittel (Social Return on Investment) betragen.

Do., 02.01.2014 - 17:12 Permalink
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Markus Gufler Do., 02.01.2014 - 18:41

Antwort auf von Markus Gufler

Ob "wissenschaftliche Studien" fähig sind einige relativ große Missbrauchs-Förderungen im wirtschaftlichen Bereich mit jenen im sozialen Bereich zu vergleichen lassen wir mal dahingestellt. Sicher ist, dass viel Kleinvieh auch sehr viel Mist macht. Ich lande bei Diskussionen im kleinen Kreis (erschreckend) regelmäßig beim Ergebnis "ja wenn Du könntest würdest Du doch auch...". Ab da ist mir dann klar was Sache ist.
Was mich stört, ist ein unnatürlicher und vor allem ungünstiger Mechanismus der momentan System ist: Man muss (und kann) derzeit demonstrieren dass man arm, bedürftig, benachteiligt, usw. ist um Beiträge zu erhalten. Damit will man Teil einer Gesellschaft werden oder bleiben, welche immer mehr, immer besser, immer größer und teurer leben will => Man redet, definiert und fühlt sich also "arm" um am Überfluss teilhaben zu können. (ich nehme hier die wirklich Hilfsbedürftigen und tragischen Unglücke ausdrücklich aus!) Smartphone, Flatscreen und persönliches Auto gehören sonst aber ja praktisch schon zum gefühlten "Lebensminimum" ohne den man nicht mehr glücklich sein kann. Aus dem Grund ist man heute also am besten allein-erziehend. Alternativ hat der Partner seinen Wohnsitz noch bei Mamma und Papa zuhause oder hat sich seine eigene Wohnung mit Beiträgen mitfinanzieren lassen, obwohl man nicht im Traum daran denkt aus der gemeinsamen auszuziehen und auf die schwarze Miete zu verzichten. Selbst viele 50-jährige verheiratete Paare täten gut daran sich scheiden zu lassen, weil dann gibt es mehr Rente für die Frau.
Es würde mich auch überhaupt nicht wundern, wenn sich die Kurven der statistischen Gehaltsverteilungen immer schön regelmäßig zum aktuellen Stand der Beitragsregelungen genau unter den signifikanten Fördergrenzen zu Topwerten aufschwingen. Der Rest geht dann am Fiskus vorbei, womit man als Beitragsempfänger der Gemeinschaft gleich doppelt schadet.
Es geht natürlich nicht nur darum GEGEN Beitragsschwindler zu kämpfen (wobei ich auch das noch deutlich verstärken würde), sondern FÜR Ehrlichkeit und Einsatzbereitschaft zu sorgen. Das bringt dann auch ein erfüllendes und eigenständiges Leben anstatt Frust, Abhängigkeiten und gezüchtete Selbstunterschätzung. Jeder Mensch kann sehr viel - wenn er es nur will.

Do., 02.01.2014 - 18:41 Permalink