Politik | Landesverwaltung
Seba & die Sabes
Foto: Oliver Oppitz
15. September 2018
Als Sebastian Kurz die Halle betritt, ertönen die majestätischen Klänge von Coldplay. “Viva La Vida” wird gespielt während der österreichische Bundeskanzler Richtung Bühne schreitet. An seiner linken Seite, Arno Kompatscher. Rechts von ihm, Philipp Achammer. Die drei blicken in entspannte Gesichter, genießen den tosenden Applaus, schütteln viele Hände, grüßen in die Menge. Offiziell 1.050 Besucher sind auf die Baustelle in der Bozner Industriezone gekommen, um den Ehrengast zu sehen. Wie ein Popstar waren Sebastian Kurz und sein Besuch von der SVP promotet worden. Wie ein Popstar wird der 32-jährige Bundeskanzler empfangen.
Mit diesem Worten beschreibt Lisa Maria Gasser auf Salto.bz den Höhepunkt des SVP-Landtagswahlkampfs 2018. Den Auftritt von Sebastian Kurz in einer Halle, die sich damals noch in Bau befindet. Die Immobilie gehört der Unternehmensgruppe Stahlbau Pichler, bzw. deren Tochterunternehmen „Pichler I&S“.
15. September 2020:
Auf dem Tag genau, zwei Jahre nach dem Kurzauftritt in der Halle, beschließt der Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes den „Abschluss eines Vorvertrages für die Anmietung von Büroflächen im Park Edison.“
Es handelt sich um genau jene damals erst halbfertige Immobilie in der der österreichische Kanzler für die SVP die Wahlkampftrommel rührte. Inzwischen ist das Projekt in der Thomas-Edison-Straße weit größer geworden und in einen Verwaltungskomplex mit dem Namen "Park Edison" umgetauft worden.
Florian Zerzer & Co beschließen an diesem Septembertag einen Mietvertrag für 4 Jahre abzuschließen: Der vom Schätzamt des Landes festgelegte Preis: 11,05 Euro pro Quadratmeter. Da der Sanitätsbetrieb eine Fläche für 4.500 Quadratmetern anmietet, heißt das, eine Monatsmiete von 49.725 Euro. Macht im Jahr 596.700 Euro. In vier Jahren knapp 2,4 Millionen Euro für das Unternehmen „Pichler I&S“
In dem Gebäude sollen 200 Verwaltungsmitarbeiter des Sanitätsbetriebes ihre neue Bleibe finden. Der Mietvertrag starte mit der Bezugsfertigkeit der Flächen.
Die Anfrage
„Ist das ein Zufall?“, fragt sich Brigitte Foppa. Die grüne Landtagsabgeordnete hat mit ihren Fraktionskollegen Riccardo Dello Sbarba und Hanspeter Staffler in der aktuellen Fragestunde des Landtages im April eine Anfrage zu diesem Deal eingebracht.
Landesrat Thomas Widmann bestätigt in seiner schriftlichen Antwort den Mietvertrag mit allen Details. Gleichzeitig führt Widmann in der Antwort die oppositionellen Abgeordneten im wahrsten Sinne des Wortes an der Nase herum.
Denn Foppa & Co hatte die Anmietung unter Parteifreunden in einen anderen, politisch noch brisanteren Zusammenhang gestellt. „Anscheinend soll für dieselbe Betriebseinheit am anderen Ende der Stadt, am Bozner Boden, auf einem Gelände im Landesbesitz ein Bau ausgeschrieben worden sein“, schreiben die Grünen in ihrer Anfrage.
Damit gemeint ist eine freie Fläche in der Kanonikus-Michael-Gamper-Straße. Dort, gleich neben dem Landhaus 12 soll ein neues 92.600 Kubikmeter großes Landhaus gebaut werden, in dem rund 600 Arbeitsplätze untergebracht werden sollen. Es handelt sich um ein sogenanntes PPP-Projekt. Die öffentlich-private Partnerschaft sieht vor, dass das Landhaus vom Unternehmer Dieter Knoll und Partnern gebaut und 20 Jahre lang mit einer Konzession auch geführt werden muss. Nach Ablauf der Konzession wird die gesamte Struktur dem Land Südtirol übertragen. Das Projekt wurde bereits unter Landeshauptmann Luis Durnwalder geplant, hat sich aber immer wieder verzögert. Anfang September 2018 hat die Landesregierung den Beschluss gefasst, das Projekt so umzusetzen. Kostenpunkt für das Land: rund 52,12 Millionen Euro.
In diesem Gebäude sollen auch Teile des Sanitätsbetriebes kommen. Warum mietet man dann um viel Geld die Büroflächen bei Stahlbau Pichler an?
Widmanns Kapriole
Vor diesem Hintergrund wollten die grünen Abgeordneten in ihrer Anfrage wissen:
-
Welcher Bau soll am Bozner Boden entstehen?
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Wo genau und mit welcher Zweckbestimmung?
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Welche Kosten sind für den Bau vorgesehen?
Thomas Widmann hat diese Fragen nicht beantwortet, sondern eine Kapriole gewählt. Widmann gibt im Landtag eine Antwort, die man sich auf der Zunge zergehen lassen muss. Der Sanitätslandesrat schreibt:
„Bezüglich des auf den Bozner Boden vorgesehenen Gebäudes liegen dem Sanitätsbetrieb derzeit keine genauen Informationen vor, da die Planung und Vergabe von Bauleistungen in der Zuständigkeit des Landes liegen.“
Bedenkt man das Thomas Widmann Mitglied der Landesregierung ist, die auch für Planung und Vergabe von Bauleistungen des Baues am Bozner Boden letztinstanzlich zuständig ist, muss man diese Nichtantwort als augenscheinliche Verarschung werten.
„Ich habe diese blöden Kinderspielchen Widmanns langsam satt“, ärgert sich Einbringerin Brigitte Foppa. Die grüne Fraktionssprecherin will sich so billig nicht abwimmeln lassen. „Eine solche Antwort zeigt die eindeutige Geringschätzung des Landtages durch den Landesrat“, meint Foppa.
Die Grünen wollen jetzt erst recht noch einmal im Landtag nachfragen. Über Seba, Sabes und den Zufall.
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Mein Name ist Hase, ich weiß
Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts - oder ich stehe wohl auf der Leitung und dazu “Viva La Vida” wäre als heitere Verarschung besser gewesen.
Die Arroganz Widmanns scheint
Die Arroganz Widmanns scheint wiedereinmal seltsame Blüten hervorzuzaubern.
Er ist wahrscheinlich noch stolz auf seine nichtssagende Antwort an die Opositionen : nichts sehen,nichts hören,nichts sagen und vor allem nichts wissen????? Typisches unprofessionelles SVP Verhalten,und solche Leute sind bei uns in Südtirol Landesräte,na pfui-Teufel!
Die Gewerbehalle in der die
Die Gewerbehalle in der die SVP-Fete über die Bühne gegangen ist, hat wenig mit diesem neuen Zubau zu tun. Außer dass beide Gebäude dem Pichler Walter gehören. Also damals war dort, wo jetzt dieses neue Büro-Gebäude steht, noch feinste und reinste Erde.
- Dem Herrn Pichler gehören in Bz-Süd zahlreiche Immobilien mit denen er natürlich tun und lassen kann was er will. Auch der Öffentlichen Hand vermieten!
- Der Hr. Pichler macht da eine ganz normale Rechnung: Selbst planen & bauen (=günstig) und in zehn Jahren muss die Immobilie abbezahlt sein. Danach gibt's dann ordentlich Rendite!
p.s.; Man hätte auch eine andere Anfrage stellen können: WIEVIEL zahlt die Sanität derzeit in der noblen Sparkassenstraße. Vielleicht sogar mehr als 11,05 € pro uralt-qm. Ich weiß es nicht ?!?
Wenn da etwas zu kritisieren wäre dann ist es schlicht der Umstand, dass das neue Landhaus am Bozner-Boden längst stehen sollte ! ... dann bräuchte es jetzt wohl keine (sehr dumme) Zwischenlösung.