“Pavel, was ist los?”
In diesen Tagen vor 35 Jahren hatte Franz Kössler nur eines zu tun: Er wollte herausfinden, was in Tschernobyl passiert ist. Am 26. April 1986 passiert in dem Atomkraftwerk nahe der ukrainischen Kleinstadt Pripyat der Super-GAU: Einer der vier Reaktoren explodiert, es kommt zum Brand. Die freigesetzten radioaktiven Stoffe führen zu Toten, Gesundheitsschäden und Verseuchungen über Jahrzehnte und die Sowjetunion hinaus. Der damalige Regierungschef Michail Gorbatschow ist erst seit elf Monaten im Amt. Er wird die Nuklear-Katastrophe Jahre später als “vielleicht mehr noch als die von mir begonnene Perestroika die wirkliche Ursache für den Zusammenbruch der Sowjetunion” bezeichnen. Lange Zeit versucht die Sowjet-Führung den Unfall zu verheimlichen. Erst am 14. Mai äußert sich Gorbatschow zum ersten Mal öffentlich in einer Rede zu Tschernobyl. Er kritisiert “Regierungen, Politiker und Massenmedien einiger NATO-Länder, besonders der USA”. Sie hätten “zügellose antisowjetischen Hetze entfacht. Was sie in diesen Tagen nicht alles redeten und schrieben, von tausenden Opfern, Massengräbern, vom ausgestorbenen Kiew, davon dass der ganze Boden der Ukraine vergiftet ist. Alles in allem haben wir es fürwahr mit einem aufgetürmten Berg gewissenloser und böswilliger Lügen zu tun”.
Als einer der ersten und wenigen ausländischen Korrespondenten erhielt Franz Kössler damals Zugang zu Informationen von offizieller Seite. Der gebürtige Eppaner und langjährige ORF-Journalist war 1985 nach Moskau gekommen, von wo er bis 1989 berichtete. 35 Jahre nach Tschernobyl erinnert sich der heute 70-Jährige an die aufreibenden Tage, seine und die Ungewissheit anderer – und an eine Tomate, die er nicht mehr essen würde.
salto.bz: Herr Kössler, wann und wie haben Sie von dem Unfall im Kraftwerk von Tschernobyl erfahren?
Franz Kössler: Daran kann ich mich ziemlich genau erinnern: Ich habe davon aus Wien erfahren. Die Wiener Redaktion hat mich angerufen und gesagt, eine schwedische Wetterstation meldet, dass in der Sowjetunion ein größerer Nuklearunfall passiert sein muss, weil über Stockholm eine erhöhte Radioaktivität gemessen wurde. Wir wussten nichts, in Moskau hat keiner davon geredet. Irgendwie kam dann doch der Namen Tschernobyl auf, von dem kein Mensch wusste, wo es liegt. Ich kannte den Namen. Auf dem Markt, auf dem ich gerne frisches Obst und Gemüse kaufte – in Moskau war das immer schwierig –, gab es sehr gute Erdbeeren. Und die waren aus Tschernobyl.
In unserem Büro suchten wir in einem riesengroßen Atlas dieses Tschernobyl. Wir fanden es an der ukrainisch-weißrussischen Grenze. Aber mehr wussten wir eigentlich gar nicht. Im Archiv fanden wir zufällig Bildaufnahmen vom Bau des Atomkraftwerks. Ohne genau zu wissen, was genau los ist, sendete ich meinen ersten Bericht für den ORF.
Was konnten Sie berichten?
Abgesehen von der Bauweise, dass wir keine Nachrichten haben und dass das dem entspricht, was damals die sowjetische Politik war.
Und zwar?
Dass man über Unfälle nie redet. Über Katastrophen auf der ganzen Welt wurde in sowjetischen Zeitungen und Fernsehen ganz breit berichtet. Aber wenn in der Sowjetunion etwas passierte, wurde das bisweilen wochenlang nicht erwähnt.
Am Anfang der Sperrzone gab der Geigerzähler langsame Töne von sich – tack-tack –, je näher wir zur Unfallstelle kamen, desto wilder ratterte er – tacktacktacktacktack
Von offizieller Seite wurden keinerlei Informationen ausgegeben?
Nein. Am ersten Tag haben sie gar nichts gesagt, da herrschte tiefes Schweigen. Aber das war nicht ungewöhnlich.
Als Anlaufstelle hatten wir Journalisten nur das Außenministerium, wo es eine Presseabteilung mit einer Bezugsperson für jeden Korrespondenten gab. Mein Betreuer hieß Pavel, den ich gleich anrief und fragte: “Pavel, was ist los?” Er meinte, er wisse nichts und das mit Tschernobyl scheine keine wahre Meldung zu sein.
Tags darauf rief mich Pavel wieder an und sagte, ich solle dringend ins Außenministerium kommen. Es war schon spät am Abend und ich hatte eigentlich gar keine Lust mehr, ins Auto zu steigen. Auf meine Frage, ob wir den Termin nicht auf den nächsten Tag verschieben konnten, wurde mir gesagt, nein, das sei ganz wichtig. Ich muss dann gegen 10 Uhr abends da gewesen sein.
Was war also ganz wichtig?
Pavel breitete auf einem Tisch einen großen Plan aus, mit Zeichnungen eines Kraftwerks. Er erzählte mir, da sei irgendetwas passiert, ein Brand sei ausgebrochen und Radioaktivität entwichen. Nur wusste ich nicht, ob das jetzt die Wahrheit war. Ich konnte nichts überprüfen und vor allem war es seltsam, dass ich an dem Abend der einzige dort im Außenministerium war. Ich habe dann die Kollegen angerufen und der einzige Korrespondent, der auch informiert worden war, war der Finne.
Wie erklärten Sie sich das?
Sie haben mit Österreich und Finnland die Korrespondenten der im Kalten Krieg neutralen Länder informiert. Am nächsten Morgen habe ich die Geschichte, die ich von Pavel gehört hatte, im Radio erzählt. Allerdings habe ich auch gesagt, ich weiß nicht, ob das stimmt. Es klingt plausibel, aber ich weiß nicht, ob es stimmt. Erst viel später haben wir erfahren, dass es an jenem Tag, als mir die Pläne gezeigt wurden, einen großen Streit im Politbüro gegeben hat.
In der Führung der Kommunistischen Partei?
Das Politbüro war die oberste Führung der Kommunistischen Partei der Sowjetunion mit damals elf Mitgliedern. Angeblich hatte es einen Streit zwischen Gorbatschow und den Alten gegeben. Die Alten, die noch eher für das Verschweigen waren, wollten nichts zu Tschernobyl herausgeben. Gorbatschow hingegen wollte mit der Perestroika und Glasnost anfangen. Glasnost heißt auf deutsch so viel wie Transparenz, Offenheit, Herstellen von Öffentlichkeit. Gorbatschow hat sich nach einem Streit im Politbüro mit der Überzeugung durchgesetzt, der Vorfall in Tschernobyl muss an die Öffentlichkeit. Aber es hat lange gedauert. Und erst dann haben sie eben gesagt, da ist etwas passiert.
War es Journalisten möglich, zum Unfallort zu gelangen?
Die Gegend war großräumig gesperrt, wir durften alle nicht hin. Erst Wochen später sind Bilder erschienen, von sowjetischen Kollegen, die Kameraleute dort hatten und von denen die meisten dann innerhalb von ein, zwei Jahren gestorben sind – weil sie in die Unfallstelle hinein sind, die ja noch hoch radioaktiv war.
Wann haben Sie zum ersten Mal Tschernobyl besucht?
Nach einem Jahr. Zum ersten Jahrestag wurde ich eingeladen, dorthin zu fahren. Wir waren zehn oder zwölf Journalisten und die ersten, die hineindurften. Wir wurden mit einem Autobus dorthin gefahren – durch diese Sperrzone von 20 Kilometern, in die überhaupt niemand hinein durfte und die mit Stacheldraht abgegrenzt war. Der finnische Kollege hatte einen Geigerzähler dabei. Das Gerät knarrt beim Messen der Radioaktvität. Am Anfang der Sperrzone gab es langsame Töne von sich: fack-tack. Je näher wir zur Unfallstelle kamen, desto wilder ratterte es: tacktacktacktacktack.
Waren Sie mit Schutzausrüstung ausgestattet?
Nein. Das war doch etwas verantwortungslos. Die Sowjets gaben uns eine Art Brosche, eine Anstecknadel, von der sie uns sagten, sie messe die Radioaktivität. Wir sind dann zur Anlage hin und sogar in den Maschinenraum hinein. Es war ja nur ein Reaktor von vieren beschädigt und als wir hinkamen, war schon der so genannte “Sarkophag” errichtet, der Reaktor mit Beton zugegossen. Die Szene war beeindruckend: Da war ein kilometerlanger Streifen Nichts. Im Waldgebiet rund um das Kraftwerk waren sämtliche Bäume ausgerissen worden, die Erde war aufgegraben, umgewälzt und mit Kalk zugedeckt. Eine weiße Wüste und in der Mitte dieses Kraftwerk. Nach der Besichtigung sind wir weiter nach Pripyat, die Stadt in der Nähe von Tschernobyl, wo die Arbeiter und Techniker des Kraftwerks mit ihren Familien gewohnt hatten.
Wie haben Sie die Stadt vorgefunden?
Pripyat wurde nach dem Nuklearunfall evakuiert – zu spät, erst ein paar Tage nach dem Unfall. Nach dem Alarm aber mussten die Menschen die Stadt fluchtartig verlassen. Zurück blieb eine Geisterstadt. Auf den Balkonen hing noch die Wäsche – inzwischen schon ziemlich zerfetzt, weil bereits ein Jahr vergangen war. Wir haben durch die Fenster in die Häuser geschaut. Oft standen noch die Teller auf dem Tisch. Wir sahen Kinderspielzimmer, in denen Teddybären herumlagen. Beeindruckend war auch zu sehen, wie sich die Natur die Stadt zurückholt. Nach einem Jahr waren da schon die Straßen aufgebrochen, das Gras gewachsen – Bilder, wie man sie oft Jahre nach dem Krieg sieht.
Haben Sie Ihre Begleiter mit diesen Bildern zurückgelassen?
Bei den Sowjets war es immer so, dass sie nie zugeben wollten, dass da eine große Katastrophe passiert war. Als wir an Gewächshäusern vorbeikamen, in denen Gemüse gezüchtet wurde, meinten sie, dort seien wunderbare Tomaten gewachsen. Die Glasfenster der Gewächshäuser standen offen und da war die Radioaktivität natürlich voll hinein gestrahlt. Aber ich Idiot habe eine der Tomaten auch noch probiert. Ich wollte wissen, ob die jetzt anders schmecken – und sie war gut. Nach drei, vier Stunden haben wir das Sperrgebiet wieder verlassen. Draußen haben sie mit dem Geigerzähler die Anstecknadeln überprüft und gesagt, alles in Ordnung, wir hätten da nichts abgekriegt.
Ein Kollege des STERN war dabei, den die Redaktion anschließend nach Hamburg ausflog. In einer Klinik für radioaktive Verseuchung wurde ihm gesagt, wir hätten in den paar Stunden die Radioaktivität von ungefähr 40 Jahren abgekriegt. Ich habe bis heute glücklicherweise keine gesundheitlichen Schwierigkeiten.
Die Leute haben neben diesem Kraftwerk gelebt und wussten nicht, was Radioaktivität heißt, wussten nicht um die Gefahr
Eine der zentralen Figuren nach dem Unglück von Tschernobyl war der Chemiker Waleri Legassow. Als Leiter der Untersuchungskommission war er mit der Aufarbeitung des Vorfalls betraut – doch große Teile der von Legassow aufgedeckten Wahrheit kam erst nach seinem Suizid ans Tageslicht. Er hatte Tonbänder hinterlassen mit brisanten Details zum sowjetischen Krisenmanagement. Hatten Sie während Ihrer Zeit in Moskau die Möglichkeit, mit Wissenschaftlern oder sonstigen Experten zu Tschernobyl zu sprechen? Woher bezogen Sie ihre Informationen?
Das war dort immer sehr schwierig – gerade in der Zeit. Gorbatschow war erst im März 1985 zum Generalsekretär der Kommunistischen Partei gewählt worden. Ein Jahr später passierte Tschernobyl. Es herrschte noch immer die stalinistische Ordnung vor und es war wahnsinnig schwierig, Informationen zu kriegen. Gleich nach dem Unfall hörten wir von den Kollegen vom Sowjetischen Fernsehen, dass Kameraleute dort waren. Wir versuchten herauszufinden, wer die waren und mit denen in Kontakt zu kommen. Aber sebst wenn wir fündig wurden – die wussten auch nicht viel. Sie berichteten, was sie vor Ort gesehen hatten und was ihnen dort erzählt worden war.
Dann gab es eine Zeit, als in Moskau Gräber auftauchten. Immer wieder gab es Gerüchte: Leute, die an Verstrahlung gestorben sind, seien dort ganz geheim begraben worden. Die ersten waren Feuerwehrleute, Militärs und eben Kameraleute – die sind ja ein paar Tage nach dem Unfall dorthin. Es gibt Aufnahmen, wie Leute auf das Dach des Kraftwerks steigen und Trümmer mit bloßen Händen wegräumen. Ohne jegliche Schutzmaßnahmen. Die Amerikaner haben gesagt, das war totaler Wahnsinn.
Ist Ihnen dieser Gedanke auch gekommen?
Anfangs wurde mit Hubschraubern Wasser auf den brennenden Reaktor geschüttet, um den Brand zu löschen – dadurch wurde die Radioaktivität noch viel mehr verbreitet. Es war das totale Desaster. In dieser Situation haben wir versucht, Informationen zusammenzuklauben: Wenn jemand begraben wurde, suchten wir nach einem Namen am Grab und dann nach Angehörigen, von denen uns einige von der Erkrankung und dann dem Tod berichteten. Auch Militärattachés haben uns geholfen. Solche offiziellen Spione gab es zur damaligen Zeit an jeder Botschaft in Moskau – selbst die Österreicher hatten einen.
Gab es nach der anfänglichen Ungewissheit einen bestimmten Moment, in denen Ihnen das Ausmaß dieser Katastrophe klar und bewusst wurde?
Wir haben das auch am Anfang nicht so leicht genommen. Die Sowjets haben immer alles heruntergespielt, sprachen von einer “Havarie” – Tschernobyl war offiziell nicht mehr als ein kleines Missgeschick. Bei den Toten zählten sie nur die, die innerhalb der ersten drei Tage gestorben sind – und das waren nicht so viele. Alle, die nachher an Folgekrankheiten gestorben sind, wurden nie eingerechnet. Ich glaube, das gilt heute noch, die offizielle Zahl sind wenige Dutzend.
Vor einigen Jahren war ich in Bratislava zu einem Kongress anlässlich eines Jahrestages von Tschernobyl eingeladen. Weil ich bzw. der ORF 1986 für viele Slowaken, Tschechen, Ungarn die einzige Informationsquelle war – im gesamten Ostblock gab keine Nachricht über Tschernobyl.
Bei dem Kongress war ein Beamter der slowakischen Atombehörde anwesend. Und auch der hantierte noch mit den alten Zahlen, sprach von zwölf Toten. Ich habe ihm gesagt, mein lieber Herr, ich war dort und hörte auch immer von zehn, zwölf Toten. Aber ich war auch ein Jahr später und nachher noch öfter in Kiew und in der Gegend von Tschernobyl – und da waren Tausende von Toten, die an den Folgekrankheiten der Verstrahlung gestorben sind. Der Slowake leugnete das nicht, aber er meinte ja, da wisse man nicht genau, ob die nicht sowieso oder an anderen Krankheiten gestorben wären.
Sind Sie auch so genannten “Liquidatoren” begegnet – Menschen, die an vorderster Front und unter Einsatz ihres Lebens versucht haben, das Unglück einzudämmen?
Nach dem ersten Ausflug nach Tschernobyl wurden wir nach Kiew gebracht – und das war total makaber: Da gab es eine Ehrenhalle, einen ganz düsteren Ort. Kerzen brannten, Fotos von Feuerwehrleuten waren aufgestellt, die bei der Brandbekämpfung dabei gewesen und danach innerhalb weniger Tage tot waren. Und dann waren da noch einige Überlebende, die als große Helden von Tschernobyl dargestellt wurden. Die saßen da und waren eigentlich auch stolz, weil sie die Menschheit gerettet hatten – aber sie schauten aus wie der Tod, es war furchtbar. Sie hatten keine Haare mehr, nur mehr vereinzelt Zähne im Mund. Und sie sind garantiert innerhalb von ein paar Monaten auch gestorben.
Meine erste Nachricht war, dass wir keine Nachrichten haben und dass das dem entspricht, was damals die sowjetische Politik war: über Unfälle nie reden
War den Menschen in und um Tschernobyl die Gefahr bewusst, der sie ausgesetzt waren?
Nein. Die Techniker, die dort gearbeitet haben, wussten wahrscheinlich schon darum. Aber die allermeisten der 10.000 Einwohner von Pripyat waren ahnungslos. Wir haben mit Leuten gesprochen, die aus der Sperrzone evakuiert worden waren und in scheußlicheN Containerwohnungen untergebracht wurden – die wollten alle zurück und sagten auch, dass sie überhaupt nicht verstünden, warum sie evakuiert worden waren. Weil da sei ja nichts gewesen, man habe nichts gesehen, nichts gerochen, gar nichts. Sie konnten sich Radioaktivität nicht vorstellen, sie wollten nur dringend wieder zurück. Manche sind illegal zurück, um Sachen zu holen, die sie dort in der Eile nicht hatten mitnehmen können: einen Fernseher, ein Auto. Es tat ihnen wahnsinnig Leid, dass sie das alles verloren hatten. Denn die Sowjets hatten ja alles beschlagnahmt. In der Nähe von Tschernobyl gab es einen riesigen Autofriedhof mit den radioaktiv verseuchten Fahrzeugen – geschützt mit Stacheldraht und Elektrozäunen, weil die Leute hinwollten und sich Autoteile holen, denn die waren sehr wertvoll damals, es gab ja kaum welche zu kaufen.
Vor dem Unfall in Tschernobyl waren die Leute nie informiert worden… Sie haben neben diesem Kraftwerk gelebt und wussten nicht, was Radioaktivität heißt, wussten nicht um die Gefahr. Da ist wahnsinnig viel passiert, weil sie selbst nicht Bescheid wussten – genauso in Moskau, wo Kartoffeln mit militärischem Gerät auf Radioaktivität geprüft wurden, das dafür völlig ungeeignet war. Die Gesundheitsbehörden in Moskau hatten keine Ahnung, was sie da machen müssen. Wir waren natürlich sehr besorgt damals, es war ein Leben im Ungewissen. Viele Korrespondenten haben ihre Familien nach Hause geschickt. Aber die Wiener haben damals behauptet, in Wien sei die Radioaktivität größer als in Moskau und ich solle dort bleiben. Und so bin ich eben in Moskau geblieben.
Erdbeeren aus Tschernobyl werden Sie keine mehr gegessen haben?
Nein. Es war auch verantwortungslos und blöd von mir, die Tomate dort zu essen. Aber ich habe da ehrlich nicht lange darüber nachgedacht.
Radioaktive Strahlen sind eine unsichtbare Bedrohung.
Ja schon… Aber, ich meine, ich war informiert, ich habe schon gewusst, dass es dort gefährlich ist. Aber ich habe gedacht, na gut, wegen einer Tomate stirbt man nicht. Da war die Neugierde größer als die Vorsicht.
Achso, ich habe immer eine
Achso, ich habe immer eine ganz andere Vorstellung der Geschehnisse rund um Tschernobyl gehabt. Ich dachte immer, Tschernobyl wäre ein Flüssiggashersteller gewesen oder sowas. Ich dachte, Gorbatschow, der als GOR oft baci aufgab, wollte Perlen streuen, also Pere stroika, um Gas der Firma NOST unsere Schulen heizen zu lassen.
Zu dumm, dass ich immer gedacht habe, die Energieriesen hätten uns einfach eine Ablenkung aufs Auge gedrückt. Aber wenn so viel Glasnost auf einen wie mich trifft, dann ists kein Wunder, dass sich keiner mehr auskennt.... oder ich.
Der 26.04.1986 war ein
Der 26.04.1986 war ein Samstag, der 27. ein Sonntag. Ich wohnte damals in Schweden, das Wetter war extrem schön, alle Schweden waren in ihren Stugor (=Wochenendhäuschen). Am 30.04 Valborgmässoafton (Walpurgisnacht) und Geburtstag des Königs, der 1.5 ist sowieso Feiertag. Das Land war praktisch eine ganze Woche ausgeschaltet, auch die Medien-Redaktionen waren leer. Im Fernsehen nur vorgespielte Programme. Ich habe über Tschernobyl zuerst 1-2 Tage nach dem Unfall aus alarmierenden Telefonanrufen aus Italien gelernt "was machst du dort? Alles ist bei euch radioaktiv!" "Nöö, ich habe nichts davon gehört, alles sieht schön und ruhig aus" Wenn ich mich richtig daran erinnere, die ersten Nachrichten kamen durch die schwedischen Medien etwa eine Woche nach der Katastrophe, auf jeden Fall nach dem 1.5. Totales Schweigen auch vom sonst gut organisiertem Katastrophenschutz. Der Alarm wurde zuerst ausgelöst, als die Strahlungsmesser beim Kraftwerk Forsmark nördlich von Stockholm höhere Werte außerhalb der Anlage zeigten, als drinnen. Und nur deswegen, weil der Wind ausnahmsweise aus dem Osten kam, und nicht aus dem Westen, wie sonst üblich.
"Zudem gibt es heute genug
"Zudem gibt es heute genug Hinweise, dass wir von einem Sabotageakt ausgehen dürfen"
Ui, ja dann bitte die Quellen und Hinweise nennen.
"Ich sag es noch mal: Bei zig Unfällen im Westen wurde nicht ein Ton gemeldet! Im Gegenteil"
Das ist jetzt aber keine Eigenheit welche es nur in Ihren sog. westlichen Staaten gegeben hat.
Ja, das Thema ist brisanter
Ja, das Thema ist brisanter als man glauben möchte. Auch in Betracht auf Algerien und Frankreich und die Fremdenlegion und Atomare Testversuche was dann wieder zu Bataclan führt.