Gesellschaft | Impfungen

Verspätete Nachbesserung

Der Sanitätsbetrieb hat die Onlineanmeldung zur Impfung jetzt aussetzen müssen. Man schiebt den Schwarzer Peter dafür der staatlichen Datenschutzbehörde zu. Eine Ausrede.
BZ
Foto: Sanibook
Die zeitliche Abfolge lässt eine klare Leseart zu.
Am vergangenen Dienstag vergangener Woche berichtet Salto.bz über ein fragwürdiges Datenleck bei der Südtiroler Impfanmeldung.
Die Covid-19-Impfkampagne läuft in Südtirol über das „SaniBook“, das Portal des Südtiroler Sanitätsbetriebes für Vormerkungen und die Verwaltung der Gesundheitsleistungen. Auf dem Portal kann man und frau einen Impftermin vormerken. Dazu braucht man nur die Steuernummer eingeben und dann erscheinen alle Termine und Orte, an denen man sich impfen lassen kann.
Der durchaus kunden- und patientenfreundliche Service hat aber auch seine Schattenseiten. Gibt man eine Steuernummer ein und ist die Person noch nicht geimpft, öffnen sich alle verfügbaren Termine. Ist der Inhaber der Steuernummer entweder bereits ein oder zweimal geimpft oder haben er oder sie sich zur Impfung angemeldet, erscheint die Warnung: „Terminvormerkung nicht möglich“.
 
 
Das heißt: Anhand dieses Mechanismus kann man online überprüfen, ob jemand noch nicht gegen Covid-19 geimpft ist. Jeder Arbeitgeber kann so den Impfstatus seiner Angestellten völlig legal überprüfen oder überprüfen lassen.  Doch nicht nur das. Jedermann und jedefrau kann so überprüft werden. Man braucht dazu nur die Steuernummer eintippen. Die Steuernummern sind eine mathematische Formel. Kennt man Geburtsdatum und Geburtsort einer Person, so kann man die Nummer ganz einfach errechnen. Wer sich die Arbeit nicht antun will, für den gibt es online den „Codice Fiscale Generator“, der die Steuernummer errechnet.
 

Der Stopp

 
Der Artikel löste einen Sturm der Entrüstung aus. Die freiheitliche Landtagsabgeordnete Ulli Mair spricht in einer Aussendung von einem ‘absolut unverständlichen Vorgang“. Die Oppositionspolitikerin: „Diese Umstände erfordern eine umgehende Aufklärung seitens der Landesregierung und vor allem die sofortige Schließung dieses Datenlecks“.
Drei Tage später wird dann die Anmeldung gestoppt. „Der Zugriff auf den Service ist momentan ausgesetzt“, heißt es seit vergangenen Samstag auf dem Portal „SaniBook“. Eine Anmeldung zur Impfung ist derzeit nur mehr telefonisch möglich.
 
 
Der offizielle Grund: Eine Intervention der staatlichen Datenschutzbehörde, die dem Sanitätsbetrieb mitgeteilt habe, dass diese Vorgangsweise gegen die Datenschutzbestimmungen verstoße und deshalb umgehend eingestellt werden muss.
Beim Garant für den Datenschutz hat man oft das Gefühl, er ist Verbündeter des Virus und nicht Verbündeter bei der Pandemie-Bekämpfung“, schiebt Gesundheitslandesrat Thomas Widmann am Montag in den Dolomiten den Schwarzen Peter in Richtung Rom.
Es ist ein Ablenkungsmanöver. In Wirklichkeit hat der Südtiroler Sanitätsbetrieb seine Hausaufgaben nicht gemacht.
 

Der Umbau

 
Denn nach gesicherten Informationen von Salto.bz hat der „Garante per la Privacy“ bereits lange vor dem Salto.bz-Artikel die Verantwortlichen des Sanitätsbetriebes schriftlich darauf hingewiesen, dass die Art der Anmeldung gesetzlich unzulässig sei. Doch im Sanitätsbetrieb hat man nicht reagiert. Erst als das Problem durch Salto.bz öffentlich gemacht wurde, hat man kalte Füße bekommen und nach Absprache mit den eigenen Rechtsämtern kurzerhand die Anmeldung gestoppt.
Dabei hätte man das Problem schon vor Wochen lösen können. Denn dasselbe Problem ist auch in anderen Provinzen und Regionen aufgetaucht. Dort hat man relativ schnell eine einfache Lösung umgesetzt. Man hat eine zweistufige Autorisierung eingebaut.
Neben der Steuernummer muss man für die Impfanmeldung auch die letzten dreizehn Zahlen der Nummer der Gesundheitskarte eingeben. Die Nummer ist persönlich und so kann niemand die Anmeldung nachverfolgen. Es ist derselbe Mechanismus, den man auch beim Herunterladen des Green Pass anwendet.
 
 
Interessant dabei: Die Lösung wird etwa in Trient seit langem bereits mit Erfolg angewandt. Der Sanitätsbetrieb der Nachbarprovinz bedient sich dabei derselben Privatfirma, die auch für den Südtiroler Sanitätsbetrieb die Software für die Anmeldung liefert: Die Trentiner „CPI SpA“.
Das heißt: Es gibt seit langem eine Software-Lösung für das Datenschutzproblem. Der Südtiroler Sanitätsbetrieb hat es bisher nur verabsäumt diese Lösung im eigenen „SaniBook“-Portal zu implementieren. Das will man jetzt nachholen.
Dass man jetzt dem römischen Garanten den Schwarzen Peter zuschiebt, ist demnach nur ein Spiel mit dem die Verantwortlichen von den eigenen Versäumnissen ablenken wollen.