Wirtschaft | Seilbahnen

Totalausfall ist nicht mehr drin

Südtirols Seilbahnunternehmer drängen darauf, rechtzeitig die Regeln für die Wintersaison 2021/22 festzulegen.
Cortina, Dolomiti superski
Foto: Dolomiti superski

“Hätte” ist ein Wort, das Helmut Sartori an diesem Vormittag des Öfteren in den Mund nimmt. Auf der Mitgliederversammlung des Verbandes der Seilbahnunternehmer blickte Sartori als Präsident mit tiefen Sorgenfalten auf die vergangene Wintersaison – und mit nicht weniger Stirnrunzeln auf die kommende.

“Aufgrund der frühzeitigen, ausgiebigen Schneefälle und des optimalen Ostertermins hätte die Wintersaison 2020/21 zu einer Rekordwintersaison werden können.” Hätte da nicht das Coronavirus einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Der völlige Ausfall der Wintersaison 2020/21 – gepaart mit dem frühzeitigen Ende jener von 2019/20 – lässt diesen Winter “in die Historie als Totalausfall” eingehen, so Sartori. Nicht nur die Liftbetreiber, sondern die gesamte Wertschöpfungskette, die am Lift- und Skibetrieb hängt, habe gelitten. “Es fehlen über 360 Millionen Euro an Umsätzen”, rechnet der Verbandspräsident vor. “Gesellschaften, die keinen Sommerbetrieb haben, sind 20 Monate ohne Einnahmen und kämpfen um das wirtschaftliche Überleben.”

 

Eines steht für Helmut Sartori mit Blick auf die sich nähernde kommende Wintersaison fest: “Einen solchen Totalausfall können wir uns mit Sicherheit nicht mehr leisten.” Für ihn gilt es, für die Saison 2021/22 “rechtzeitig Lösungen zu finden”: Auch die rechtlichen Rahmenbedingungen müssten “frühzeitig klar definiert sein”. “Kurzfristige Ad-hoc-Aktionen können wir uns nicht mehr leisten”, gibt Sartori zu bedenken – man erinnere sich an die lange Debatte im Vorjahr, wie und ob der Skitourismus in Italien überhaupt starten soll und die politische Entscheidung am Ende, den Liftbetrieb nach mehrmaligem Verschieben gar nicht aufzunehmen.

Der Vorschlag des Südtiroler Seilbahnverbandes, hinter dem auch der nationale Verband steht, sieht folgende Regeln für die Aufnahme des Skibetriebs vor:

  • Green Pass als Voraussetzung zum Zugang zu den Aufstiegsanlagen
  • evtl. Einschränkung der Förderleistung bei den geschlossenen Fahrzeugen (z.B. Seil-, Umlaufbahnen) auf 80 Prozent
  • Tragen von Mund-Nasen-Schutz bei der Beförderung
  • Bereitstellung von Desinfektionsspendern

Planungssicherheit – so lautet die Losung der Stunde für die Seilbahn- und Liftbetreiber. Ein Auszug aus der Rede von Helmut Sartori bei der heutigen Vollversammlung:

“Die Wintersaison 2020/21 war nicht nur für uns Betreiber von Aufstiegsanlagen ein Totalausfall, sondern für den gesamten Wintertourismus. Hotels und Hütten waren leer, Skiverleihe standen still und Skilehrer waren ohne Arbeit. Auch in diesen Branchen kam es großteils zu einer Abwanderung der Mitarbeiter, was die Schwierigkeiten neue Mitarbeiter zu finden nochmals verst.rkt. Ohne unsere gut ausgebildeten Mitarbeiter können wir unser touristisches Gesamtangebot in der gewohnt hohen Qualität nicht mehr anbieten. Hier müssen wir unbedingt nachhaltige Lösungsans.tze finden. Sowohl bei Mitarbeitern als auch bei Gästen ist es zu einem Vertrauensverlust gegenüber dem Wintertourismus gekommen. Während Mitarbeiter in andere Branchen wechselten, werden wir zukünftig gerade was den Verkauf von Saisonkarten betrifft, die Vorsichtigkeit in erster Linie unserer einheimischen Gäste zu spüren bekommen. Denn die Situation, dass Saisonkarten verkauft wurden und diese zurückerstattet werden mussten, da die Aufstiegsanlagen nicht in Betrieb genommen werden durften, gab es in der Vergangenheit noch nie. Auch aufgrund dessen brauchen wir unbedingt rechtzeitige Planungssicherheit. Wir müssen das Vertrauen von Mitarbeitern und Gästen zurückgewinnen.”

Bereits “in den nächsten Tagen” sollen die Kriterien und gesetzlichen Vorgaben für den Winterbetrieb definiert werden, fordert Sartori. Außerdem kündigte er den versammelten Mitgliedern an, dass “die von uns sehnlichst erwarteten Ausgleichszahlungen jetzt kurzfristig bei uns eintreffen müssen”:

“Ohne diese Sicherheit wird eine reguläre Vorbereitung auf den Winter 2021/22 für einige unserer Mitglieder wahrscheinlich nicht machbar sein. Aus diesem Grund auch der Appell an unsere Landesregierung und unsere politischen Vertreter in Rom: Wir wissen euren Einsatz, nicht nur in den letzten 18 Monaten der Corona-Pandemie für unsere Branche sehr zu schützen, aber bitte unterstützt uns mit all euren Möglichkeiten, dass wir die Ausgleichszahlungen mit Sicherheit erhalten und diese kurzfristig bei uns eintreffen werden.”

 

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Herta Abram Do., 09.09.2021 - 12:33

Wir leben in einer Gleichzeitigkeit von Virus und Klimawandel! Das sind die Großthemen die alles okkupieren. Wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass Krisen der Normalzustand sind.
Ein „Sicherheitsversprechen“ in einer Dauerkrise kann keiner mehr einlösen.

Do., 09.09.2021 - 12:33 Permalink