Gesellschaft | Bücher

Durnwalders Schatten

Im Geburtstagsbuch für Luis Durnwalder werden drei Texte zensuriert. Jörg Haiders Tochter Ulrike Quercia, Wolfgang Mayr und Hanskarl Peterlini sind zu kritisch.
Luis Durnwalder
Foto: Othmar Seehauser
Die Mail mit dem Betreff: „Einladung Buchprojekt Luis Durnwalder“ ging Mitte Mai an fast 200 Personen hinaus.
Der Leiter des „Suedmedia“-Verlages Karl Mittermaier schreibt an darin:
 
Nun beabsichtigt der Suedmedia Verlag, zum 80. Geburtstag Durnwalders am 23. September 2021 ein Buch herausbringen, in dem zahlreiche BegleiterInnen im politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben über Luis Durnwalder schreiben. Der Verlag gibt dabei keine Inhalte vor, sondern überlässt es den AutorInnen, das in Erinnerung zu rufen, was ihnen erinnerungswürdig scheint; über das zu schreiben, was aus subjektiver Sicht dem Jubilar gerecht wird. Die Texte werden selbstredend vom Verlag redigiert, inhaltlich werden sie nicht verändert. Der Verlag gibt den geschätzten AutorInnen, die wir aus einer langen Liste besonnen auswählen, lediglich den Arbeitstitel vor: „Luis Durnwalder zum Achtzigsten.“ Was sie daraus machen, liegt allein in ihrem Gutdünken.“
 
 
Der Verlag bittet die angeschriebenen Autoren und Autorinnen zudem um Diskretion. Denn das Buch soll eine Überraschung für den Jubilar sein. Für die Abgabe der Texte und die Kommunikation wird sogar eine eigene Email-Adresse „[email protected]“ eingerichtet.
 

Vorauseilender Gehorsam

 
Das Buch geht in diesen Tagen in die Druckerei. Was das Geburtstagskind Luis Durnwalder aber nicht erfahren sollte, sind die eher unangenehmen Hintergründe bei der Entstehung des Mammutwerkes.
Denn in der letzten Fassung des Buches fehlen drei Beiträge, die die Herausgeber bestellt und ursprünglich für gut befunden hatten. Man dürfte sie – im vorauseilendem Gehorsam – weil zu kritisch im allerletzten Moment gestrichen haben.
Es handelt sich dabei um die Beiträge von Ulrike Haider-Quercia, Wolfgang Mayr und Hanskarl Peterlini.
 
 
Die Tochter von Jörg Haider, Ulrike Quercia hat in Wien, Paris, Catania und Neapel Jus und Politikwissenschaften studiert und ist heute Dozentin für Verfassungsrecht an der Sapienza in Rom. Ihr Beitrag wurde von den Herausgebern – obwohl anfänglich bestellt – aus dem Buch genommen.
Ebenso der Text von Wolfgang Mayr. Der ehemalige Chefredakteur von RAI Südtirol hat seine Kontroversen mit Luis Durnwalder durchaus respektvoll noch einmal nachgezeichnet. Hier dürfte ein Seitenhieb auf den amtieren RAI-Koordinator Markus Perwanger ausschlaggebend für die Zensur des Beitrages sein.
Wie unprofessionell und parteiisch die Herausgeber des Geburtstagsbuches allerdingt vorgehen, wird an der Streichung des Beitrages von Hanskarl Peterlini deutlich.
 

Unerwünschter Narzissmus

 
Hanskarl Peterlini, jahrzehntelang einer der Spitzenjournalisten Südtirols, inzwischen Professor am Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung, sowie Prodekan der Fakultät für Kulturwissenschaften an der Alpen-Adria-Universität in Klagenfurt hat in seinem Beitrag „Psychohistorie von Macht und Ohnmacht - Über gesunden und destruktiven Narzissmus als Fluch und Begabung politischer Führungspersönlichkeiten“ die beiden Südtiroler Politgrößen Luis Durnwalder und Silvius Magnago gegenübergestellt. Es ist ein Thema, das Peterlini sowohl in seiner Diplomarbeit als auch in einem Buch bereits behandelt hat.
 
 
Weil Hanskarl Peterlini die Südtiroler Befindlichkeiten bestens kennt, hat der Journalist bereits in der Entstehungsphase eine Rohfassung an Herausgeber Karl Mittermaier geschickt. Dessen Antwort: „Das geht sehr gut“. Auch als Peterlini schließlich die Endfassung übermittelt, scheint der Herausgeber begeistert. „Ein sehr guter und überlegter Beitrag, herzlichen Glückwunsch!“, schreibt Karl Mittermaier zurück.
Umso überraschter ist Hanskarl Peterlini als er vor zwei Wochen dann über Umwege hört, dass sein Beitrag aus dem Buch genommen wurde. Wie auch Ulrike Haider-Quercia und Wolfgang Mayr hat der Klagenfurter Uniprofessor bis heute keine offizielle Mitteilung des Verlages bekommen, dass und warum ihr Beitrag nicht erscheinen wird.
Hanskarl Peterlini macht daraufhin in einer Mail an Karl Mittermaier seinem berechtigten Ärger Luft und verlangt ein „Ausfallshonorar“ von 500 Euro. Vergangene Woche antwortet der Geschäftsführer des Suedmedia-Verlager Peter Aigner, dass eine solche Zahlung nicht vorgesehen sei.
Sie werden verstehen, dass wir uns nicht Anzeigen oder übles Nachreden einholen wollen
Gleichzeitig lässt Aigner in dem Schreiben aber die Katze aus dem Sack:
 
„Wir haben Ihren Beitrag gelesen und diskutiert und dabei beschlossen, ihn nicht zu publizieren. Sie werden verstehen, dass wir uns nicht Anzeigen oder übles Nachreden einholen wollen. Sie als Autor haften nicht für die Folgen, die den Verlag erwarten, wenn sich Menschen beleidigt oder angegriffen fühlen. Wenn Ihr Beitrag von uns veröffentlicht werden sollte, hätte er völlig umgeschrieben werden müssen.“
 
Es ist eine peinliche Antwort einer noch peinlicheren Affäre.
Luis Durnwalder hat sich Besseres zum 80. Geburtstag verdient.
 
PS: Salto.bz wird in den nächsten Wochen die zensurierten Beiträge veröffentlichen.